Mrz 16 2024

Haushaltsrede der CDU Gemeinderatsfraktion

Veröffentlicht von um 10:12 unter Aktuelles

Sitzung des Gemeinderates am 14. März 2024 / Rede des Fraktionsvorsitzenden Andreas Wersch im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Planentwurf 2024

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Paulowitsch, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, sehr geehrte Amtsleiterinnen und Amtsleiter, sehr geehrter Herr Beigeordneter Mauch, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

wenn man wie ich 25 Jahre Mitglied des Gemeinderates ist, dann neigt man dazu, Vergleiche zu ziehen. Schnell redet man sich ein, dass „früher alles besser“ war. Es mag auch eine Art von Selbstschutz sein, denn im Gegenzug werden die Krisen von heute schnell zu den „guten alten Zeiten“ von morgen verklärt.

Krisen und Herausforderungen sind für uns zur neuen Normalität geworden. Ein Modus, geprägt von Unsicherheiten, Ängsten und ständigem Anpassungsdruck. Aktuell nach den spürbaren Auswirkungen der Coronapandemie nun der völkerrechtswidrige Angriffskrieg in der Ukraine mit noch ungeahnten Folgen auch bei uns im Westen, die Belastungen durch unkoordinierte Flüchtlingszuströme aus aller Welt, der Terrorangriff der Hamas in Israel und damit einhergehend eine neue Form von importiertem Antisemitismus – die Welt scheint aus den Fugen zu geraten und wir spüren die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen jeden Tag. Knapper werdende finanzielle Ressourcen zwingen uns als politisch Verantwortliche zum Umdenken, und zwar in allen Bereichen und auf allen Ebenen. Pragmatismus und nicht Ideologie muss deshalb unser Handeln bestimmen, bis herunter auf die kommunale Ebene.

„Die guten Jahre sind vorüber – lägen sie noch vor mir, wär‘ es mir lieber“. Wie so oft bringt es der für seine Aphorismen bekannte frühere Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart, Manfred Rommel, mit einfachen Worten auf den Punkt. Immerhin sieht unser Bürgermeister, nachzulesen in seiner Rede zur Einbringung des aktuellen Haushaltsentwurfs am 22. Februar 2024, die wirtschaftliche Lage unseres Landes verhalten optimistisch: anhand von Krokussen und Osterglocken, die unerwartet aus seinem im Umbau befindlichen und deshalb derzeit unwirtlichen Garten erwachsen. Das würde sogar unser Wirtschaftsminister Robert Habeck verstehen…

Fleiß und Ideenreichtum als Fundament unseres Wohlstands

Wir stehen ohne Zweifel in Deutschland und gerade auch in Baden-Württemberg vor einem großen Umbruch und es geht dabei um nicht mehr und nicht weniger als um unseren über Jahrzehnte hinweg hart erarbeiteten Wohlstand. Baden-Württemberg – das ist das Land der Handwerker, der Tüftler, der innovativen Unternehmerpersönlichkeiten, der Automobilindustrie und des Maschinenbaus und nicht zuletzt das Land der fleißigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die aus dieser Region ohne nennenswerte Bodenschätze, vor 150 Jahren noch das „Armenhaus“ Deutschlands, eine der exportstärksten Wirtschaftsstandorte in Europa gemacht haben. Ihr Fleiß und ihr Ideenreichtum sind das Fundament unseres heutigen Wohlstandes.

Um diesen Wohlstand zu erhalten, muss die Politik in Zukunft weit mehr leisten als bisher. Sie muss zweifelsohne auf die Herausforderungen des Klimawandels reagieren, aber nicht nur bei uns, die wir gerade einmal 2% des Weltklimas verantworten, sondern weltweit und dabei Ökonomie, Ökologie und Sozialwesen sinnvoll miteinander verbinden. Die Maxime unseres Handelns darf nicht lauten: „Autos bauen oder Umwelt schützen“, wie das bestimmte politische Kreise restriktiv fordern. Die Automobilindustrie und der Maschinenbau sind der Garant unseres Wohlstandes. Der Wunsch der Menschen nach Mobilität muss ressourcenschonend umgesetzt werden. Dafür muss die Politik den richtigen Rahmen setzen – nicht durch Verbote und unnötige Vorgaben, wie dies leider allzu oft geschieht, sondern durch Rahmenbedingungen, die eine umfassende Bildung, unternehmerische Freiheit und Innovation ermöglichen.

Auch die Herausforderungen für die Kommunen steigen

Die Einnahmen stagnieren, die Ausgaben steigen nahezu ungebremst, Subsidiaritätsprinzip und Konnexitätsprinzip werden dabei immer öfter außer Acht gelassen. Gleichzeitig werden die Anforderungen an unsere Städte und Gemeinden immer größer. Nicht nur der Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung sei hier genannt. Auch die nach wie vor unkoordinierten Flüchtlingszuströme mit all ihren Folgeproblemen stellen uns weiter vor große Herausforderungen, die Kommunen werden weitgehend im Stich gelassen. Baden-Württemberg hat z.B. mehr Flüchtende aus der Ukraine aufgenommen als ganz Frankreich zusammen.

Als verantwortungsbewusste Gemeinschaft auch mit der wertvollen Unterstützung vieler Ehrenamtlichen stoßen wir mehr und mehr an die Grenzen unserer räumlichen und finanziellen Belastbarkeit. Die dringend notwendige Lösung auf Bundes- und Europaebene bleibt bislang aus.

Anstehende Aufgaben und Herausforderungen für unsere Gemeinde

Unsere Gemeinde war lange Jahre als eine der wenigen Kommunen im Land schuldenfrei. Das haben wir u.a. dem Erlös aus dem Verkauf unserer Anteile am Neckar-Elektrizitätsverband (NEV) zu verdanken, nicht zuletzt den Einnahmen aus der Gewerbesteuer, aber auch dem umsichtigen und bewussten Handeln von Gemeinderat und Verwaltung über viele Jahre hinweg.  Das wird sich nun spürbar ändern, das Finanzpolster ist abgeschmolzen und Schulden im zweistelligen Millionenbereich werden entstehen. Aber uns ist klar, dass wir hier v.a. in die Zukunft künftiger Generationen investieren.

Exemplarisch nennen wir hier als größte Ausgabenpositionen das IBA-Bauprojekt Hangweide und die Neukonzeption unserer Abwasserreinigung mit der Zusammenlegung der drei Kläranlagen. Das dritte Großprojekt, der „Bildungscampus Haldenschule“, wird alleine 22,5 Mio. Euro kosten.

Mit Einführung der Doppik, die die Kameralistik im kommunalen Haushaltsrecht ablöste, müssen nunmehr bei Investitionen ab einer bestimmten Größe die Abschreibungen erwirtschaftet werden. Das führt u.a. dazu, dass die Erträge geschmälert werden und die Handlungsfähigkeit der Gemeinde eingeschränkt wird. Die CDU-Fraktion hat deshalb bereits im Jahr 2019 beantragt, dass die Verwaltung bei den anstehenden Bauprojekten und Investitionen in den Gemeinderatsvorlagen auch die Höhe der jährlichen Abschreibungen ausweist. Dies ist u.E. unabdingbar, um dem Gemeinderat eine verantwortungsbewusste Entscheidungsfindung zu ermöglichen.

Ein Blick auf die aktuellen Haushaltsberatungen

Werfen wir einen kurzen Blick auf die Anfragen und Anträge der CDU Gemeinderatsfraktion zum Haushaltsentwurf für das Jahr 2024. Hier gilt unser Dank zunächst dem Leiter unserer Finanzverwaltung, Bernd Hoppe, der unter großem Zeitdruck und personellen Engpässen dem Gemeinderat den aktuellen Haushaltsplan vorgelegt hat. Das geschieht in diesem Jahr zwar so spät wie selten in der Geschichte unserer Gemeinde, trotzdem waren und sind wir zu jeder Zeit handlungsfähig gewesen.

Sie, sehr geehrter Herr Bürgermeister, haben bei der Einbringung der Haushaltsanträge in der letzten Sitzung des Gemeinderates angemerkt, dass die Ihres Erachtens hohe Anzahl der Anfragen und Anträge durch die Fraktionen und Gruppen wohl dem anstehenden Kommunalwahlkampf geschuldet sei. Dem ist nachweislich nicht so, wie der einfache Blick in die Haushaltsberatungen der letzten Jahre und Jahrzehnte verdeutlicht. Dem Gemeinderat ist es wichtig, die Entwicklung unserer Gemeinde verantwortungsbewusst zu gestalten mit durchaus kritischer Sympathie für die Verwaltung. Seien Sie also froh, dass Sie einen aktiven Gemeinderat haben, der seine in der Süddeutschen Ratsverfassung festgelegten Aufgaben bei den Haushaltsberatungen sehr ernst nimmt und nicht agiert wie Friedrich Schiller, der seinen Wallenstein gegenüber der Obrigkeit sagen lässt: „Ich hab‘ hier bloß ein Amt – und keine Meinung!“

Unsere Fraktion hat diesmal 18 Anträge und Anfragen zum Haushaltsentwurf gestellt, nachzulesen im Wortlaut und mit der entsprechenden Begründung auf unserer Homepage www.cdu-kernen.de. Wir freuen uns und fühlen uns in unserer Arbeit bestätigt, dass elf der zwölf Anträge die Zustimmung des Gremiums fanden. Lediglich unser Vorschlag, zum Erhalt unserer Kulturlandschaft, zu der Weinbau, Landwirtschaft und die Pflege von Streuobstwiesen gehören, eine Sondergebietsfläche für landwirtschaftliche Geräteschuppen auszuweisen, fand keine Mehrheit. Die Verwaltung sieht das Zersiedeln des Außenbereichs wie wir ebenfalls kritisch, sieht in einer Bündelung von Geräteschuppen aber nur dann einen Sinn, wenn dadurch der Bau von sogen. „privilegierten Bauten“ rechtssicher verhindert werden könne.

Warten wir also noch ein paar Jahre ab, vielleicht war der Antrag einfach noch nicht reif genug. Ähnlich wie unser im Jahr 2019 erfolglos gestellter Antrag, einen „Friedweinberg“ einzurichten, der von den Kollegen der UfW in diesem Jahr erneut aufgegriffen wurde und nun immerhin die Mehrheit für einen Prüfauftrag fand.

Das „Projekt Hangweide“ als Chance für Kernener Bürgerinnen und Bürger

Es ist unbestritten: die Hangweide bietet uns die große Chance, ein attraktives Wohngebiet im Rahmen der Internationalen Bauausstellung zu entwickeln. Es freut uns, dass die Bürgerinnen und Bürger am gesamten Prozess bislang beteiligt waren.

Die CDU Gemeinderatsfraktion hat in der Diskussion um den Erwerb des Hangweide-Areals frühzeitig auch vor dem finanziellen Risiko gewarnt, das bei dem sehr hohen Kaufpreis, der Unberechenbarkeit der Immobilienbranche und der unklaren Zinsentwicklung entsteht. Uns ist besonders wichtig, dass in erster Linie junge Familien aus Kernen i.R. von den auf der Hangweide entstehenden Immobilien profitieren können. Der Wohnraummangel ist aktuell eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen unseres Landes, weshalb, wie es der Bürgermeister bei der Haushaltseinbringung zu Recht sagte, von der öffentlichen Hand antizyklisch gesteuert werden muss. Auf unsere Gemeinde trifft dies auf Grund ihrer Lage und Attraktivität in besonderem Maße zu. Das führt dazu, dass zahlreiche Kernener Bürgerinnen und Bürger, insbesondere auch junge Familien, trotz einer starken Verbindung zu ihrer Heimatgemeinde vor Ort keine passenden oder bezahlbaren Immobilien finden können und wegziehen müssen.

Durch diese Entwicklung verliert die Gemeinde oftmals Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich in besonderem Maße mit der Gemeinde identifizieren und sich häufig auch in unseren Vereinen und Organisationen ehrenamtlich engagieren. Mit der Hangweide haben wir nun die einmalige Chance, zahlreichen Menschen aus Rommelshausen und Stetten zu einer Wohnung im Ort zu verhelfen – insbesondere auch Menschen, die es auf Grund ihrer finanziellen Situation auf dem Immobilienmarkt eher schwer haben.

Zusammenarbeit sichert den Erfolg

Der Erfolg unserer Gemeinde Kernen i.R. ist nur im Zusammenspiel von Gemeinderat, Bürgermeister und Gemeindeverwaltung möglich. Es ist uns deshalb wichtig, uns bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Verwaltung zu bedanken, die in diesen außergewöhnlichen Zeiten Außergewöhn-liches leisten. Dazu gehören auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den gemeindlichen Kindergärten und Betreuungseinrichtungen, der Sozialstation, dem Bau- und Betriebshof und den anderen gemeindeeigenen Bereichen.

Dieser Dank gilt in besonderem Maße den Amtsleiterinnen und Amtsleitern und unserem Beigeordneten Peter Mauch, die ihre Aufgaben mit großer Sachkenntnis und hohem Engagement wahrnehmen. Ihnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister Paulowitsch, danken wir darüber hinaus für die konstruktive, offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Danken möchten wir auch den Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates für die Zusammenarbeit. Trotz mancher Unterschiede ist es uns auch im zurückliegenden Jahr wieder gelungen, über Fraktionsgrenzen hinweg tragfähige und weitsichtige Entscheidungen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger in unserer Gemeinde zu treffen.

Unser besonderer Dank gilt nicht zuletzt all den Menschen in unserer Gemeinde, die sich in vielfältiger Weise ehrenamtlich für Ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger einsetzen, sei es bei der Betreuung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen, in der Alten- und Krankenpflege, der Unterstützung von Flüchtenden, in den sport- und kulturtreibenden Vereinen, bei der Feuerwehr oder dem Deutschen Roten Kreuz. Sie alle sorgen mit Ihrem Engagement dafür, dass unsere schöne Gemeinde Kernen im Remstal auch weiterhin lebenswert bleibt.

Andreas Wersch
-Fraktionsvorsitzender-
für die CDU-Gemeinderatsfraktion

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