Mrz 14 2019
Hangweide? Nicht zu jedem Preis
Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 13.03.2019 / Sebastian Striebich
Fraktionen vor der Wahl: CDU befürchtet großes Risiko, weil das Neubaugebiet teurer wird als gedacht
Der Kaufpreis von zwölf bis 13 Millionen Euro für die Hangweide, der im Sommer 2018 öffentlich wurde, ist offenbar nicht mehr aktuell: Das Wohngebietsoll deutlich teurer werden. Im Fraktionsgespräch zur Kommunalwahl warnen die CDU-Räte AndreasWersch und Volker Borck vor zu hohem Risiko für die Gemeinde. In den kommenden Jahren müsse Kernen „zurück zu den Pflichtaufgaben“.
Die Verhandlungen zwischen Diakonie und Gemeinde um das Gebiet Hangweide im Osten von Rommelshausen sind auf der Zielgeraden. Demnächst wird der Gemeinderat über das Kaufangebot beraten – zunächst nichtöffentlich. Noch haben die Gemeinderäte nicht alle Informationen, doch die zwölf bis 13 Millionen Euro, die im Sommer kursierten, werden wohl nicht ausreichen. Im WKZ-Gespräch zur Kommunalwahl schlägt die CDU nun kritische Töne an.
„Wir sehen das Projekt inzwischen relativ skeptisch“, sagt Volker Borck. Der Preis vom Sommer sei dem Gemeinderat schließlich schon zu teuer gewesen: „Wir wollten, dass neu verhandelt wird.“ Dass der ursprüngliche Preis für das Neubaugebiet einem neuen Gutachten zufolge nicht zu halten sei, „erhöht jetzt unsere Motivation, der Sache zuzustimmen, nicht unbedingt“. Welche Summen nichtöffentlich im Raum stehen, dazu machen die Gemeinderäte keine Angaben. Allerdings warnen sie vor zu hohem Risiko: Anders als ihre Partner – die Kreisbaugesellschaft und die Kommunalentwicklung – sei die Gemeinde in einer „brenzligen Lage“, sagt Fraktionssprecher Andreas Wersch: „Die verdienen ja am Wohnungsbau mit.“ Borck nickt: „Die machen einen anderen Hub. Wir verkaufen ja nur die Grundstücke. Wir tragen das maximale Risiko.“
„Wir wollen nicht ausbluten und eine Rentnerstadt werden“
Zumal sich mancher eine 25-Prozent-Sozialquote im neuen Wohngebiet wünscht: „Wenn wir die Quote erfüllen müssen, kauft uns das Grundstück keiner ab“, sagt Andreas Wersch. Dabei habe sich Kernen den Druck selbst aufgebaut mit der Bürgerbeteiligung und einem Arbeitskreis, der viele tolle Ideen hervorbrachte – „Wunschvorstellungen, die der Steuerzahler finanzieren soll“. Gleichwohl lehnt die CDU die Hangweide nicht ab: „Es ist ja schon gewollt, dass dort junge Familien hinziehen. Wir wollen nicht ausbluten und eine Rentnerstadt werden“, sagt Wersch. Aber, so Borck: „Das wird wahrscheinlich das teuerste Baugebiet, das die Gemeinde jemals hatte. So hatten wir uns das nicht vorgestellt.“ Das Signal: Wir wollen die Hangweide entwickeln, aber nicht zu jedem Preis.
Überhaupt wünschen sich die beiden CDU-Männer für die Zukunft, dass die Gemeinde einen Gang zurückschaltet. Andreas Wersch hat als Gemeinderat auch schon weniger rosige Zeiten erlebt, in denen „nur der Mangel verwaltet“ worden sei. „Bei der ganzen Euphorie, die im Gemeinderat gerade herrscht, weil die Geldmittel vorhanden sind – wir haben das Bürgerhaus für zehn Millionen quasi aus der Portokasse finanziert –, da wird man leichtsinnig“, warnt Wersch. „Es ist schon unheimlich, dass diese sieben fetten Jahre so lange anhalten. Es wird wieder eine Zeit kommen, wo wir jeden Euro umdrehen müssen.“ Die Zeit der erfreulichen aber teuren Bauprojekte – Glockenkelter, Alte Kelter, Bürgerhaus, Stettener Ortsmitte, Schlosspark … – ist aus Werschs Sicht erst einmal vorüber: In den kommenden fünf Jahren müsse die Gemeinde schauen, dass sie ihre Finanzmittel für die kommenden Aufgaben zurückhalte: Investitionen ins Kanalnetz, in die Stromleitungen, in Straßen und in die Rahmenbedingungen für bezahlbaren Wohnraum – „zurück zu den Pflichtaufgaben“, sagt Wersch.
Wobei die CDU-Männer beim Blick zurück schon zufrieden damit sind, was geleistet wurde. Volker Borck sagt: „Dass die Alte Kelter den Ausbaustandard hat, den sie jetzt hat, da sind wir schon stolz drauf. Andere wollten da eine Kalthalle mit Minimalausstattung.“ Oder bei der Sanierung der Glockenkelter, erinnert sich Wersch, „da sind wir geprügelt worden. Jetzt, wo sie so ein Schmuckstück ist, klopfen sich alle selber auf die Schultern.“
Die Zusammenarbeit im Gemeinderat funktioniere allerdings viel besser als in vergangenen Zeiten. „Um die Sache kann man schon auch mal hart streiten. Aber es geht nicht um den politischen Proporz“, sagt Volker Borck. Wobei genau das „von einer kleinen Seite im Rat propagiert“ werde, sagt Wersch, „dass wir Befehlsempfänger sind“ – was natürlich „völliger Blödsinn“ sei. Wersch meint PFB-Rat Ebbe Kögel, der gerne Spitzen in Richtung CDU-Fraktion sendet. Kögel wird bis zur Wahl am 26. Mai einen regen Wahlkampf führen. Haben die CDU-Männer Angst, Stimmen an den Querdenker und seine Mannschaft zu verlieren? Angst natürlich nicht, sagen sie, aber sie gehen davon aus, dass das PFB dazugewinnt: „Die stille sachbezogene Arbeit ist ja nicht so akzeptiert. Man nimmt schon gern die Polterer wahr“, sagt Wersch. Kögel wirft er vor, bewusst auch mit falschen Zahlen zu operieren. „Er schafft sich Gegner, indem er alle als Idioten darstellt, die seine Meinung nicht teilen.“ Volker Borck sagt: „Der Wähler mag gern Stimmung, Unterhaltung, Spiel und Spaß, deswegen wird das natürlich auch gepflegt.“
Mit der Verwaltung arbeite der Gemeinderat gut zusammen, auch wenn Bürgermeister Stefan Altenberger mitunter „zu begeisterungsfähig“ sei. Dann verstehe sich die CDU als Korrektiv, das unnötige Investitionen verhindere. Auf der anderen Seite seien im Rathaus auch einige Anträge liegengeblieben: die Verschönerung des Rathausvorplatzes, das Ackerrandstreifenprogramm, die Digitalisierung der Gemeinderatsarbeit … Wersch über Altenberger: „Bei Dingen, die andere wollen, die er nicht will, da unterstelle ich der Verwaltung ganz bewusst, dass die nicht mit der notwendigen Intensität verfolgt werden.“
Natur und Verkehr
Der Natur- und Umweltschutz ist laut Wersch und Borck eines der CDU-Hauptthemen der vergangenen Jahre gewesen – und soll dies auch in Zukunft sein: „Der Erhalt der Kulturlandschaft ist uns wichtig.“ Ein weiteres wichtiges Thema: Verkehr. Wersch sagt: „Der Durchgangsverkehr in der Waiblinger und Fellbacher Straße ist immens, die Leute, die da wohnen, die drehen ja durch. Aus unserer Sicht wäre es besser gewesen, das Gewerbegebiet von der Fellbacher Straße zu erschließen.“ Auch wenn der CDU-Wunsch nach einer Straße übers Schmidener Feld erst einmal auf Eis liegt.
Zur Wahl am 26. Mai werden bis auf Walter Zimmer alle aktuellen CDU-Gemeinderäte wieder antreten. Die 22-köpfige Liste sei „ein sehr guter Querschnitt aus erfahrenen Gemeinderäten und Bürgern mit vielfältigen Kompetenzen, die sich für das Gemeinwohl engagieren möchten“, heißt es bei der CDU.