Nov 30 2018

Kritik an Breitbandausbau durch die Telekom

Veröffentlicht von um 16:10 unter Pressespiegel

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 29.11.2018 / Text: Sebastian Striebich

PFB-Fraktion spricht von einer „Jahrhundertentscheidung“ / Thema an diesem Donnerstagabend im Gemeinderat

Der Rems-Murr-Kreis und die Region setzen beim Ausbau des schnellen Internets auf eine Kooperation mit der Telekom. An diesem Donnerstag soll im Gemeinderat entschieden werden, ob auch Kernen dem Zweckverband „Breitbandausbau Rems-Murr“ beitritt. Die PFB-Fraktion fordert, dass der Ausbau in öffentlicher Hand bleibt: „Man setzt uns die Pistole auf die Brust.“

Eine „Jahrhundertentscheidung“ fällt an diesem Donnerstagabend im Gemeinderat (Beginn: 19 Uhr) – so sehen das zumindest Bettina Futschik und Ebbe Kögel, die im Kernener Gremium die Fraktion des Parteifreien Bündnisses (PFB) bilden. Konkret wird in der Glockenkelter darüber entschieden, ob die Gemeinde Kernen dem Zweckverband „Breitbandausbau Rems-Murr“ beitritt. Einige Remstal-Kommunen haben ihre Zustimmung bereits signalisiert (wir berichteten), zuletzt haben die Winterbacher Gemeinderäte am Dienstagabend ohne große Diskussion ihr OK gegeben.

Der Zweckverband soll die Rems-Murr-Gemeinden in der „Regionale Breitband Kompetenz-Center GmbH“ vertreten. Darin werden neben der Landeshauptstadt und der Region Stuttgart auch die Verbände der Landkreise (Esslingen, Böblingen, Göppingen und Ludwigsburg) organisiert. Diese GmbH soll noch im Dezember einen Vertrag mit der Telekom über flächendeckenden Breitbandausbau abschließen.

Die Telekom plant, 180 Millionen Euro in den Rems-Murr-Kreis zu investieren. Weitere 90 Millionen Euro sollen die Kommunen beisteuern, im Wesentlichen über die Schaffung der passenden Infrastruktur. Eine entsprechende Absichtserklärung wurde bereits im Juli verfasst. Der Kreistag will Mitte Dezember endgültig über diese Kooperation entscheiden – bis dahin sollen die Kommunen grünes Licht geben.

„Man setzt uns die Pistole auf die Brust“, sagen die PFB-Gemeinderäte Futschik und Kögel. Sie trauen dem Riesenkonzern Telekom nicht: „Über dieses Netz laufen in Zukunft alle unsere Datenübermittlungen: private E-Mails, Korrespondenz der Bürger mit Behörden, Patientendaten, Zahlungsverkehr, geschäftliche Unterlagen …“ schreiben sie in einer Pressemitteilung. „Wer dieses Netz hat, hat die Zukunft – und uns praktisch komplett in der Hand.“

Das Ziel des Breitbandausbaus in Kooperation mit der Telekom ist unter anderem die Anbindung von 90 Prozent aller Privathaushalte mit Glasfaser bis Ende 2030. Industrie und Gewerbe sowie Schulen sollen allerdings vorrangig ans schnelle Netz gehen. Dieses Netz soll, so das Versprechen, auch offen für andere Wettbewerber sein.

PFB-Mitteilung: „Glattweg gelogen“

Die ambitionierten Ziele scheinen die beiden PFB-Gemeinderäte nicht zu beeindrucken: „In den rosigsten Farben“ werde von der Gemeinde die zukünftige Zusammenarbeit mit der Telekom geschildert, schreibt Ebbe Kögel, der die Pläne für unrealistisch hält. Und weiter: „Wer schon mal mit der Telekom zu tun hatte, weiß, dass dies glattweg gelogen ist.“ Das Netz dürfe „auf keinen Fall in den Händen eines privaten, profitorientierten Konzerns landen, sondern muss in kommunaler bzw. staatlicher Hand bleiben“. Die Breitbandverkabelung gehöre zur Daseinsvorsorge wie Wasser, Strom und Gas. Konkret fordern Kögel und Futschik, vor der Entscheidung Alternativen zu prüfen.

Wie sehen das die anderen Fraktionen? Auf breite Zustimmung dürfen Kögel und Futschik nicht hoffen: UFW-Sprecher Hans Dietzel sagt, der Breitbandausbau sei „drei Nummern zu groß“ für die Kommune, „wir brauchen einen starken Partner“. In Detailfragen gelte es in der Sitzung nachzuhaken. Ähnlich äußert sich OGL-Sprecher Matthias Kramer. Seine Fraktion wollte sich – wie auch die SPD-Fraktion – am Mittwochabend erst noch zu dem Thema beraten. Kramer selbst sieht zwar vereinzelt Klärungsbedarf, etwa bei den vermutlich hohen Anschlusspreisen, wüsste aber keine Alternative zum Vorschlag der Gemeinde. In der CDU-Fraktion ist man laut Sprecher Andreas Wersch der Meinung, die Gemeinde sei beim Marktführer Telekom – bei aller mitunter berechtigten Kritik – gut aufgehoben. Und auch Wersch stellt die Frage: „Was für eine Alternative haben wir?“

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