Aug 01 2018

Die Kugelbahn kommt ins Rollen

Veröffentlicht von um 10:00 unter Pressespiegel

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 01.08.2018 / Hans-Joachim Schechinger

14 Ja-Stimmen zu vier Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen: Kritik im Kernener Gemeinderat entzündet sich an „herzoglich“

Die Kugelbahn zwischen Sängerheim und Klettergarten ist beschlossene Sache. Mit großer Mehrheit gab der Kernener Gemeinderat dem erlebnispädagogischen Parcours seinen Segen. Zusammen mit Wegeelementen wird die Holzbahn, die weit übers Gartenschaujahr hinaus eine Attraktion sein soll, 220 000 Euro kosten. 25 Stationen zählt sie. Kritik entzündete sich am Namen: „Herzogliche Kugelbahn“.

Die Murmelbahn nach dem Vorbild der Schwäbisch Gmünder Waldkugelbahn will Kinder, Jugendliche und Familien zum Spielen in freier Natur einladen. Doch sie ist mehr als Freizeitspaß. Sie erhebt mit ihren 25 Stationen zu den Themen Weinbau, Haus Württemberg und Forst einen erlebnispädagogischen Anspruch, der sich in den thematischen Spielelementen zeigt. Dazu gibt es Infotafeln. Beim Thema Weinlese wird zum Beispiel der Rebenschnitt mit Rebscheren auf der Lauffläche der Kugel versinnbildlicht. Die Scheren sind Hindernisse. Durch Zusammendrücken einer Schere öffnet sie sich, so dass die von ihr gestoppte Kugel weiterrollen kann. Die Kinder schicken die Holzmurmel an einer anderen Station hangabwärts über eine verbreiterte Lauffläche, eine Art Rebenslalom mit kurzen Rebpflöcken als Slalomtore, um die sich die Kugel winden muss. Später, im Wald, wo die Strecke teilweise ansteigt, muss die Murmel mit einem gefederten Buzzer wie im Flipperautomaten auf der wellenartig geformten Fläche hangaufwärts katapultiert werden. Spaß mit Lerneffekt, der auf Kinder zugeschnitten ist.

Der längste Streckenteil besteht aus Kanthölzern mit eingefräster Nut

Auf 600 Metern Länge verläuft die Kugelbahn in genuteten Kanthölzern. Für weitere 200 Meter sind natürlich gewachsene, halbierte Baumstämme mit eingefräster Nut geplant, die vor allem im südlichen Waldabschnitt verlegt werden. Diese Laufflächen seien sehr attraktiv, so das Planungsbüro Arbor aus Essingen in seiner Produktbeschreibung, koste aber auch das Doppelte der zugeschnittenen Kanthölzer.

Der Themenabschnitt Wein auf einer Wiese unterhalb des Sängerheims, die im Landschaftschutzgebiet liegt und deshalb einer baurechtlichen Befreiung bedarf, umfasst elf Spielstationen. Auf der Wiese dürfen nur mit Hackschnitzeln befestigte Pfade entlang der Bahn angelegt werden. Es folgen entlang des Stettener Rundwanderwegs südlich der Wiese zwei Stationen zum Hause Württemberg mit Schwerpunkt Brotwasserlegende und Brotwasserlage. Weil sich daran anschließend bis zum Waldtrauf ein Naturdenkmal erstreckt, muss die Bahn bis kurz vor der Trimmstation unterbrochen werden. Es gibt hier nur einen Spazierweg auf asphaltierter Fläche. Ab den Trimmgeräten verläuft die Bahn zum Thema Wald durch den Kammerforst bis vor zum Klettergarten des Deutschen Alpenvereins.

Andreas Wersch: „Wir halten das für eine tolle Idee“

Im Grundsatz begrüßt der Gemeinderat das Projekt, das über die Gartenschau hinaus Anziehungspunkt für Familien und Naherholungsuchende sein soll. „Wir halten das für eine tolle Idee, auch wenn wir beim Preis schlucken“, so CDU-Fraktionschef Andreas Wersch. Der strittige Name „Herzoglich Kegelbahn“ sei dem Kernener Gartenschauthema „Kernen und das Haus Württemberg“ geschuldet, sagte Wersch. Ihm sei gleichwohl wichtig, dass beim Thema Weinbau nicht nur das Kammergut bespielt werde. Hans-Peter Kirgis (SPD) legt Wert darauf, dass die Kugelbahn Eltern und Kinder vom Sängerheim über den Klettergarten hinunter bis zum neuen Spielplatz im Täle leitet.

Werschs Fraktionskollege Walter Zimmer hinterfragt das Etikett: „Der Titel sollte offen bleiben, wir sollten uns nicht auf herzoglich festlegen, nicht fixieren auf den Herzog. Das ist total überdimensioniert.“ Michael Burger (OGL) gibt ihm recht: „Wir waren eigentlich sehr begeistert von dem Thema Waldpädagogik. Aber diesen guten Ansatz kriegt man mit dem Thema Herzog gar nicht hin. Das Wappen kann uns nicht überzeugen. Und es gibt Informationen nur zur Produktion der württembergischen Hofkammer. Wie kommt das?“ Er, Burger, lehne das Thema Herzog ab.

Ins selbe Horn blies Ebbe Kögel (PFB): „Die Herzöge haben für mich keine Vorbildfunktion. Das waren Mörder, Verbrecher, Blutsauger, Ausbeuter, die auf Kosten des Volkes gelebt haben. Das ist der völlig falsche Name.“ Ihn störe auch, dass die im Exposé zitierten historischen Daten teilweise falsch seien. Was den Abschnitt Wein betrifft, ärgert Kögel, dass Weinkonsum und Alkoholmissbrauch, gerade für Kinder, mit keinem Wort thematisiert würden.

Altenberger: Auf die negativen Seiten in Vorträgen hinweisen

SPD-Frau Ingrid Möhrle fragt: Wer übernimmt die Pflege für dieses „Highlight? Ist beim Seniorenrat angefragt worden, wie Sie damals sagten?“ Schultes Altenberger versprach, „wir werden Paten für die Abschnitte suchen. Ich bin überzeugt, dass wir da jemanden finden werden.“ Was den Namen „herzoglich“ betreffe, fragte er zurück: „Was ist eigentlich so schlimm daran? Das zieht vielleicht auch Leute an. Wir haben eben in Stetten die Geschichte mit den Herzögen. Und wir werden auf die negativen Seiten in Vorträgen hinweisen. Bei den Kindern anfangen, das finde ich schwierig.“

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