Jul 28 2017

Eine Bowl als Traum der Skater

Veröffentlicht von um 11:56 unter Pressespiegel

Fellbacher Zeitung v. 27.07.2017 / Text: Hans-Dieter Wolz

Gemeinderat setzt für die Sportanlage auf der Hangweide südlich des Sportvereinszentrums einen Kostendeckel von 200 000 Euro

Das gibt’s in der näheren Gegend noch nicht – und erst in Stuttgart wieder: Eine Bowl kriegen Kernens jugendliche Skater im nächsten Jahr. Das englische Wort bezeichnet eigentlich eine Schüssel und nimmt Bezug auf die Form dieses Skateparks. Geizig sind die Gemeindeväter nicht: Auf 200 000 Euro lautet die Kostenschätzung. Der Gemeinderat billigte den ungewöhnlichen Entwurf in seiner jüngsten Sitzung am Dienstag.

Seinen Ursprung hat diese Form des Skatens in den USA: Dort fuhren die ersten Skater in den 50-er und 60-er Jahren in entleerten Schwimmbecken. Solche amerikanischen Pools haben keine rechteckigen Grundrisse wie europäische, sondern weisen bei runden oder nierenförmigen Grundrissen oft abgerundete Übergänge von Beckenwand zu Beckenboden auf. Oder sie sind in Form einer Schüssel. Nach zwei Workshops mit jungen Leuten aus Kernen stand fest: „Sie wollen alle eine Bowl haben. Etwas Besonderes, das man man nicht überall findet“, sagt der Beigeordnete Horst Schaal. Weil sie ein kontinuierliches Fahrerlebnis ohne Unterbrechungen mit vielen Tricks ermöglicht, unterscheidet sich die Bowl von den Anlagen in der Umgebung. Sie wird auch für Skater und BMX-Fahrer aus der Region attraktiv.

Man wird auch nicht überall einen Gemeinderat finden, der in einer 15 000-Seelen-Gemeinde seinen Jugendlichen etwas Derartiges zu diesem Preis hinstellt, auch wenn diese seit Jahren einen Ersatz für die frühere Halfpipe wünschen. Bürgermeister Stefan Altenberger zeigte sich überschwänglich: „Es hat lange gedauert, der Traum wird endlich wahr.“ Die Anlage soll im „Sport- und Fitnesspark Hangweide“, südlich des Sportvereinszentrums beim Hallenbad, entstehen, weil der Freibereich beim Jugendhaus in der Kelterstraße dafür zu klein ist. Sie ist hauptsächlich ein nicht kaputt zu kriegendes Stück handmodellierten Betons, aber der Traum eines Skaters: „Ohne anzuschucken kann ein geübter Skater etwa fünf Minuten darin fahren“, erläutert Peter Rottach vom Büro Elke Ukas Landschaftsarchitekten in Karlsruhe. Er verfügt über die notwendige praktische Erfahrung. Details, Rundungen, Rollabstände hat er mit den Jugendlichen skizziert und geprüft sowie mit Herstellern von Skatebahnen abgestimmt: „Das funktioniert wie gezeichnet.“

Stürze verlaufen meist harmlos, sagt der Fachmann: „Es entstehen relativ wenige gefährliche Verletzungen.“ Empfohlen wird den jungen Leuten allerdings, eine Schutzkleidung zu tragen. Und das Betreten ist auf eigene Gefahr. Die Anlage wird weit genug vom Haus Edelberg entfernt sein, um Lärmbelästigungen für die Senioren ausschließen zu können. Weil im Haushaltsplan bisher nur 150 000 Euro bereitgestellt waren, gab es im Gemeinderat zwar keinen Widerstand, aber doch kritische Nachfragen. Der Bürgermeister gestand: „Wir hatten eigentlich gehofft, es wird etwas billiger.“ Der CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas Wersch zeigte sich skeptisch, weil der Trend zum Skaten schon am Abklingen sein könnte. Dem widersprach Peter Rottach: „Der Trend hat sich etabliert.“ Nachwuchsprobleme gebe es dort, wo eine Skateranlage lockt, nicht: „Es kommt immer einer nach.“

10 bis 15 aktive Skater aus Kernen nannte ein Sprecher der jungen Leute. Die sind allerdings aus seiner Altersgruppe. „Wir haben wenig Kontakt zu Jüngeren. Da hat es aber auch einige mit Cityrollern, die können die Bahn auch nutzen“, sagte der junge Mann. Das gilt auch für BMX-Fahrer, deren Bahn noch in diesem Jahr dem Bau des Sportvereinszentrums weichen muss. Für sie entsteht weiter südlich im Gewann Pfühläcker eine neue BMX-Anlage.

Dem dringenden Wunsch des Gemeinderats nach Kosteneinsparungen gab Rottach eine Absage: „Wenn ich minimiere, funktioniert der Skatepark nicht mehr. Wenn wir bei den Angleichungsarbeiten sparen, geht er Spaßfaktor verloren.“ SPD-Gemeinderat Andreas Pfänder forderte daraufhin, einen Kostendeckel auf 200 000 Euro zu setzen. Unter der Maßgabe, diese Zahl nicht zu überschreiten, stimmte der Gemeinderat fast einstimmig zu.

Der Skatepark ist zwar nicht aus Anlass der Remstal-Gartenschau geplant worden. Er hat aber das Zeug zu einer Attraktion für Gäste aus nah und fern. Die für eine Gartenschau in Mühläcker vom selben Büro entworfene Anlage hat ebenfalls viele Skater und BMX-Fahrer von außerhalb angezogen. Der Gemeinderat gab in der gleichen Sitzung auch eine „Herzogliche Kugelbahn“ für Jung und Alt nach einem Vorbild aus Schwäbisch Gmünd zum Preis von 175 000 Euro in Auftrag und plant speziell für junge Leute eine Boulderwand zum Klettern beim Spielplatz im Tal.

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