Jul 29 2017

Besucher sollen zu rollenden Kugeln strömen

Veröffentlicht von um 12:02 unter Pressespiegel

Fellbacher Zeitung v. 28.07.2017 / Text: Hans-Dieter Wolz 

Remstal-Gartenschau Kernens Gemeinderat gibt eine Bahn mit Waldpädagogik und royalem Flair in Auftrag

Noch immer zaubert Bürgermeister Stefan Altenberger neue Gartenschau-Attraktionen aus dem Hut. 800 Meter lang soll die „Herzogliche Kugelbahn“ werden, auf der die Besucher rollende Holzkugeln vom Sängerheim in Stetten bis zum Klettergarten begleiten können. Dazu gibt es Wissen über den Wein und die örtliche Geschichte: Die besondere Beziehung Kernens zum Haus Württemberg soll veranschaulicht werden. „Herzog Michael ist begeistert“, sagt der Bürgermeister.

Ein bisschen vom Glanz der einstigen Königsdynastie, die bis heute in Stetten Reben anbaut und Grundbesitz hält, soll wohl mit der „Herzoglichen Kugelbahn“ auf Kernen abstrahlen. Die Attraktion nach einem Vorbild aus Schwäbisch Gmünd wird aber auch ohne dies Jung und Alt anzuziehen. Überzeugt vom Erfolg ist der Mr. Gartenschau in Kernen, Wolf Grünenwald: „Sie werden sich in den Armen liegen vor lauter Glück“, sagt er zu den Gemeinderäten. Die gaben in ihrer jüngsten Sitzung trotz Kosten von bis zu 200 000 Euro und einigen Bedenken bei einer Gegenstimme grünes Licht.

Der Event-Manager war schon am Gelingen vieler Gartenschauen beteiligt und weiß, wie er Menschen vor Ort einbezieht. Er stellt sich die Herstellung der Bahn als große ehrenamtliche Aktion handwerklich begabter Bürger aus Kernen vor. Die Kugeln von 30 Millimeter Durchmesser sollen als Geschenkle oder „Giveaway“ in Läden ausgegeben werden oder aus frisch gefüllten Kaugummi-Automaten kullern.

„Das wird über viele Jahre ein Besuchermagnet“, versprechen der Sonderpädagoge Wolfgang Naak und der Förster Wolf Noack, die die Strecke und die Mitmachstationen konzipieren. Zum Thema Wald wird etwa die Frage gestellt: Welchen Baum wählt der Förster zum Fällen aus? Nur wenn die Kugel durch das richtige Loch geschoben wird, rollt sie weiter. Zum Thema Weinproduktion fällt die Groß-Murmel in die Butte, in die Weinpresse, in das Fass, in die Flasche und schließlich ins Glas. Ihre Methode habe „hohen Aufforderungscharakter“, sagt Wolfgang Haak. Die Kinder begreifen die Themen, indem sie wirklich zugreifen. Haak und Noack sind überzeugt, mit diesem „Klassiker aus dem Kinderzimmer in XXL“ eine „unglaubliche Faszination“ zu erzeugen, sodass die Kleinen kaum mehr weg wollen. Auf 800 Metern soll es acht pädagogische Themenstationen und 16 Spiel- und Wegelemente geben. Der Gemeinderätin Caren Lederer (UFW), einer Erzieherin, leuchtet das pädagogische Konzept durchaus ein.

Vor Vandalismus fürchten sich der Bürgermeister, aber auch CDU-Gemeinderat Walter Zimmer nicht. Letzterer sagt: „Was man schön gestaltet, wird nicht verwüstet.“ Eberhard Kögel (PFB) zeigt sich „einerseits fasziniert“, andererseits gefällt ihm die royalistische Anmutung eines Hauptthemas nicht: „Problematisiert ihr auch die Verbrecher auf dem Thron Württembergs?“ Altenberger entgegnet: „Das soll doch was für Kinder werden.“

Dass der Gemeinderat erneut Aufträge vergibt, ohne dass die Verwaltung ihr Gesamtkonzept und die voraussichtlichen Gesamtkosten für die Remstal-Gartenschau vorlegt, stört die SPD, bei der vor allem Ingrid Möhrle protestiert. Kritik kommt aber auch von Kögel: „Scheibchenweise immer mehr, immer teurer.“

Wolf Grünenwald hat es aber eilig: Bereits im nächsten Herbst will er einen Probelauf auf der neuen Bahn starten, damit die Rundlinge 2019 wie geplant rollen. „Wo sie nicht einwandfrei runterhurgeln, wird die Bahn korrigiert.“ Ein bisschen Politik schwingt auch dabei mit: „Wir wollten als erste aufschlagen.“ Klingt wie: Bevor andere Städte und Gemeinden ebenfalls weitere Kugelbahn-Ideen entwickeln. Parkplätze außer den bestehenden am Sängerheim werden übrigens keine gebaut. „Unsere Gartenschau ist zu erwandern. Wir haben nicht vor, Parkplätze einzurichten“, sagt Bürgermeister Stefan Altenberger. Über einen Buspendelverkehr, wie ihn Gemeinderat Heinz Heß (UFW) fordert, will er noch nachdenken. Im Ortskern Stetten soll eine kurze Strecke Kugelbahn Appetit machen, aufs Sängerheim zu wandern.

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