Mai 22 2017

Gefeilsche um die Saalmiete

Veröffentlicht von um 20:43 unter Pressespiegel

Waiblinger Kreiszeitung vom 20.05.2017 / Text: Hans-Joachim Schechinger

Verwaltung, Fraktionen und Vereine fordern für Vereinsveranstaltungen im Kernener Bürgerhaus Sätze von 250 bis null Euro

Beim Thema Miete für Vereine im Kernener Bürgerhaus zieht sich ein Graben durch den Gemeinderat. Eine Art Schützengraben. PFB-Gemeinderat Ebbe Kögel schoss auf Bürgermeister Altenberger an der Front der Argumente. Seine Verwaltung führe mit ihrem Tarif „einen Kriegszug gegen die kulturtreibenden Vereine“. Worauf Altenberger empört zurückkeifte: „Unglaublich. Sind Sie noch ganz bacha?“ Die erregte Debatte endete mit einem Sieg des Verwaltungsantrags: künftig pauschal 250 Euro für die Nutzung des Bürgersaals.

Der Antrag der Kernener Gemeindeverwaltung und das interfraktionelle Gesuch von OGL und PFB zu verbesserten Mietkonditionen für örtliche Vereine im großen Bürgersaal standen nicht allein da. Im Hintergrund kreisten die Wünsche einzelner Kernener Vereine, unter denen der weitreichendste ein generöser Nulltarif fürs Bürgerhaus ist. Schon jetzt liegen die Mieten für Vereine hier aber unter denen privater oder gewerblicher Mitbewerber. Zu den 250 Euro Grundmiete für eine sechsstündige Veranstaltung im rund 500 Personen fassenden Bürgersaal 1 kommen bisher Gebühren für die Verstärkeranlage, für Flügel, zwei Mikrofone, Hausmeister und Müllentsorgung. Die vom Hauptamt vorgeschlagene und am Donnerstagabend mit breiter Ratsmehrheit beschlossene Variante der Gemeinde halbiert nun laut BM Altenberger diese Gesamtkosten auf pauschal 250 Euro und entspricht damit dem Preis, den Kernener Vereine schon jetzt in der Glockenkelter pauschal bezahlen. Die Alte Kelter in Rom gibt es noch günstiger. Hier liegt die Miete für einen Tag bei 150 Euro inklusive Nebenkostenpauschale.

Halbierung der Vereinsmiete

15 Millionen Euro habe die Gemeinde in die drei neu gebauten bzw. sanierten Locations investiert, so BM Altenberger. „Die Vereine können diese Veranstaltungsstätten zu besonders günstigen Konditionen buchen. Darauf hat der Gemeinderat immer großen Wert gelegt.“ Dass das Bürgerhaus, die Glockenkelter und die Alte Kelter schon nach kurzer Betriebszeit wegen der profitablen Mischnutzung durch gewerbliche Veranstalter, Firmen, Privatleute und Vereine gut ausgelastet seien und zudem wirtschaftlich arbeiteten, freue ihn, bekannte Altenberger. Die Gemeinde stehe nicht ohne Grund wirtschaftlich so gut da. „Und trotzdem schlägt sie – um den Vereinen entgegenzukommen – eine Halbierung der Vereinsmieten für das Bürgerhaus vor. Dabei sollten wir es aber auch belassen.“ Schließlich verlange auch die Kirche fürs evangelische Gemeindehaus 150 Euro Saalmiete.

OGL und PFB indes wollen die Vereine noch stärker entlasten. Ihr Vorschlag: Jeder Kernener Verein darf einmal im Jahr eine Veranstaltung in einem der gemeindeeigenen Räume zu einer besonders ermäßigten Miete einschließlich Technikkosten durchführen: für nur 100 Euro im großen Saal 1 des Bürgerhauses, zu 50 Euro in einer der anderen Veranstaltungsstätten.

OGL-Rat Michael Burger sagte, ganz offensichtlich reichten die 2016 beschlossenen Sonderkonditionen für Vereine nicht aus. Doch erst die Angebote der kulturtreibenden Vereine im Ort, so die Jazz-Reihe des KuKuK, sicherten dem Veranstaltungsort Kernen sein besonderes Gepräge. Pathetisch formuliert: Sie schafften Erlebnisse, die einen Ort zur Heimat machen. Der interfraktionelle OGL/PFB-Antrag ziele also nicht nur auf die finanzielle Entlastung der Vereine, er wolle auch die Vielfalt des Kernener Kulturlebens, das von jenen getragen werde, nachhaltig sichern helfen. „Es steht uns gut an, die Bedenken der Vereine ernst zu nehmen und sie nicht wegzuwischen“, so Burger. Altenberger reflexartig: „Deshalb haben wird die Miete um die Hälfte reduziert.“ Gemeinderat Burger gab fix zurück: „Das ist zu wenig.“

Wobei UFW-Fraktionschef Hans Dietzel gleich die Gegenrechnung aufmachte: Von Beginn an seien die Kernener Vereine wie auch die Bürger in die Planung des Bürgerhauses einbezogen worden Es sei klar gewesen, dass beide zur Finanzierung der Folgekosten herangezogen würden. Der reduzierte Mietzins für Vereine in Kernen sei Teil eines umfassenden Pakets der Vereinsförderung, weshalb er sich mit dem umliegender Großer Kreisstädte nicht vergleichen lasse. „100 Euro Miete entsprechen real 84 Euro. Da kostet schon der Hausmeister mehr, und das muss dann der Bürger bezahlen.“

Andreas Wersch bedauerte, dass die Unterscheidung zwischen sport- und kulturtreibenden Vereinen einen Keil zwischen sie treibe, zumal, wie Altenberger hinzufügte, Sportvereinsmitglieder für die Sanierungsinvestitionen ihrer Anlagen selber aufkommen müssten. Ebbe Kögel: „Wir sagen nicht, dass die sportreibenden Vereine bevorzugt werden, sondern dass die kulturtreibenden benachteiligt werden.“ Es gehe nicht darum, Sportvereine zur Finanzierung heranzuziehen, wobei ja aber auch die Sportstätten Geld aus Steuermitteln gekostet hätten. „Da ist ein eklatantes Missverhältnis in der Förderung von Sport- und kulturtreibenden Vereinen“, so Kögel. Gemessen an den 8000 bis 9000 Euro, die eine auf 100 Euro bzw. 50 Euro reduzierte Saalmiete die Gemeinde jährlich kostete, seien die beschlossenen Investitionen in Mr. Gartenschau und anderes ein Klacks.

Erfreuliche Bilanz

Das Kernener Bürgerhaus hat 2016 eine aus Sicht der Verwaltung erfreulich niedrige Deckungslücke in Höhe von 87 000 Euro erwirtschaftet. Erwartet worden war ein Defizit in der Größenordnung von 150 000 bis 200 000 Euro. In der Glockenkelter lag das Defizit bei 20 500 Euro. Die Alte Kelter in Rommelshausen erzielte gar einen Überschuss in Höhe von 4000 Euro.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen