Mrz 20 2016

Breite Mehrheit für den Skywalk

Veröffentlicht von um 20:59 unter Pressespiegel

Kernener Gemeinderat beschließt den Bau der Aussichtsplattform, fordert aber eine Kostendeckelung bei 100 000 Euro


Die Aussichtsplattform Sieben Linden ist beschlossene Sache. Vor zahlreichen Zuhörern sagten nach eingehender Beratung 15 Gemeinderäte Ja zum Skywalk. Die OGL-Fraktion, SPD-Gemeinderätin Ingrid Möhrle und Ebbe Kögel (PFB) stimmten gegen das Projekt. Ratsmitglied Ernst Maile (UFW) enthielt sich der Stimme. Die breite Zustimmung zu Volker Borcks Antrag, die Kosten für den Steg bei 100 000 Euro zu deckeln, war die Vorentscheidung. 



Seit 2014 streiten die Kernener Gemeinderäte vor dem Hintergrund des interkommunalen Projekts Remstalblicke über den Skywalk. Die Sieben Linden, hoch über Stetten, besitzen doppelten Schutzstatus: als Naturdenkmal wie auch als flächenhaftes Biotop. Für die Aussichtsplattform bräuchte es also eine naturschutzrechtlich Genehmigung. Das Pro und Kontra der Gegner und Befürworter ist längst ausgetauscht, doch lieferte die Debatte am Donnerstagabend noch ein paar interessante Zusatzinformationen. Jürgen Stotz vom Schorndorfer Büro „Landschaftsökologie + Planung“ hatte auf Wunsch des Rathauses eine tabellarische Aufstellung der naturschutzrechtlichen Beeinträchtigungen vorbereitet, die im Ergebnis – mit Ausnahme des landschaftlichen Erscheinungsbildes – für die Schutzgüter Boden, Wasser, Klima/Luft, Pflanzen und Tiere nur gering bis unbedeutend ausfielen. Im Nahbereich beurteilt Stotz das filigrane Stahlbauwerk für das Landschaftsbild aber als eine „mittelstarke“ Verschlechterung. Biologe Peter Endl, der das Ergebnis seiner artenschutzrechtlichen Prüfung vorlegte, gab gleichfalls Entwarnung: „Wenn die Planung so verläuft wie vorgesehen, ist der Eingriff aus artenschutzrechtlicher Sicht nicht erheblich.“

Beigeordneter Horst Schaal betonte noch einmal den Unterschied der Blickbeziehungen, die ein Betrachter von den bestehenden zwei Bänken auf den Sieben Linden einerseits, von dem geplanten, über die steil abbrechende Hangkante auskragenden Steg andererseits hat. Letzterer erlaube, allerdings wegen des dichten Bewuchses nur im Winterhalbjahr, einen Panoramablick nach Norden auf die nachbarlichen Gemarkungen Korb und Weinstadt. „Es werden keine Bäume fallen“, beschwichtigte Planer Prof. Peter Cheret die Gemüter und versprach beim Blick von der Plattform „ein Naturerlebnis“. Cheret versicherte auch, das Projekt sei „nicht das Ergebnis einer sorglosen Dienstleistung. Wir wollen keinen Schaden anrichten. Es ist im Gegenteil ein Thema, das, wenn wir es realisieren, viele Kritiker für sich einnehmen wird.“

CDU-Gemeinderat Volker Borck teilt diese Ansicht. Er gab zu bedenken, „dass die Sieben Linden so naturbelassen nicht sind, wie viele Leute urteilen. Der Eingriff ist minimal.“ Sechs Unternehmer im Ort würden sich gerne einbringen, um die Kosten zu reduzieren, so dass Kernen den auf ursprünglich geschätzt 150 000 bis 200 000 Euro teuren Steg zum günstigeren Materialpreis bekäme. Borck beantragte, die Bausumme „auf 100 000 Euro zu deckeln, weil wir glauben, dass wir mit unserem Engagement mit diesem Preis hinkommen.“ Das Gesuch wurde angenommen. Christof Leibbrands (OGL) Antrag, das Vorhaben nach Paragraf 21 Gemeindeordnung per Bürgerentscheid den Kernenern vorzulegen, fiel indes bei 14 Nein-Stimmen durch.

Ingrid Möhrle: Sozialer Wohnungsbau ist wichtiger


Die Rommelshausener SPD-Gemeinderätin Ingrid Möhrle lehnt den Skywalk ab. In ihrem Statement kritisierte sie die Event-Mentalität, die als Idee des Orts- und Gartenschaumarketings hinter der Plattform am Remstalhöhenweg stehe. „Kernen kann hier natürlich nicht zurückstehen: größer, höher, weiter muss es sein.“ Zweifellos sei das technische Meisterwerk eine Attraktion. Aber „unserem schönen, idyllischen Ortsteil Stetten mit seinem charakteristischen Flair würde ich diesen Aussichtssteg und den zu erwartenden Ansturm gerne ersparen.“ Bereits jetzt klagten die Stettener über Spuren und Hinterlassenschaften nach einem Wochenende rund um die Y-Burg. Die Sozialdemokratin bekannte: „Angesichts der drängenden Kernaufgaben wie sozialer Wohnungsbau ist es mir unmöglich, diesem Projekt zuzustimmen.“ In ihrer eigenen Fraktion stand sie mit diesem Argument allein.



In dieselbe Kerbe hieb OGL-Fraktionssprecher Andreas Stiene. Immer sei die Rede von Besucherlenkung und gestalterischer Aufwertung. „Wir sehen es aber nicht so, dass es eine gestalterische Aufwertung braucht.“ In den 90er Jahren seien die Sieben Linden Naturdenkmal geworden. Ein Naturdenkmal benötige aber ebenso wenig einen Geschmacksverstärker wie Berge mit ihren Aussichtspunkten. „Jeder, der den Ort aufsucht, spürt das Besondere des Ortes.“ Möblierung bewerte er kritisch.

Besser als dieses, in der minimalistischen Tradition Jörg Schlaichs stehende, elegante technische Meisterwerk an der falschen Stelle fände Andreas Stiene, das Büro „Schlaich Bergermann Partner“ mit der Überdachung der Kalthalle des TV Stetten zu beauftragen und damit „ein innovatives Zeichen zu setzen.“ Denn schon zwei Mal habe Kernen Projekte des weltweit agierenden Ingenieurbüros „verbockt“: An Jörg Schlaichs Stettener Brückenbauwerk habe die Gemeinde das Finish verhindert. Die Überdachung der Zuschauerränge im St. Rambert-Stadion sei vom Gemeinderat abgelehnt worden wegen der Kosten von 200 000 Euro. „Das wären beides Projekte gewesen, die ich sinnvoll gefunden hätte.“

Minimale Eingriffe


Die beschlossene Stahlkonstruktion wird laut Rathaus die unvermeidlichen Eingriffe auf ein Minimum reduzieren. Lediglich leichtes Baugerät käme zu Einsatz. Einzig das Buschwerk müsste zurückgenommen werden. Der Steg soll etwa 18 Meter lang werden.

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 19.03.2016 / Text: Hans-Joachim Schechinger

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