Okt 24 2015

Wie viel Öffentlichkeit darf es sein?

Veröffentlicht von um 10:38 unter Pressespiegel

vom 23.10.2015

Mitglieder des Gemeinderats kritisieren Verwaltung / Bürger sollen bei Plänen zur Gartenschau frühzeitig einbezogen werden

Die Planungen zu den Kernener Projekten bei der Interkommunalen Gartenschau nehmen Fahrt auf. Für die Remstalblicke Harthau, Y-Burg und Sieben Linden wurde der Gemeinde ein Zuschuss bewilligt, so dass es jetzt an die Ausführung geht. Dass dazu nur ein Teil öffentlich beraten wurde, ist einigen Gemeinderäten sauer aufgestoßen.

Was gehört in eine öffentliche und was in eine nichtöffentliche Sitzung des Gemeinderats? Eine Frage, die Mitglieder des Kernener Gremiums schon mehrfach gestellt haben. Und mehrfach haben dabei manche Gemeinderäte kritisiert, dass einige Themen dabei in den öffentlichen Teil gehört hätten und nicht, wie es die Verwaltung vorgesehen hatte, nichtöffentlich besprochen wurden. So war es auch bei der vergangenen Sitzung des Gemeinderats.

Auf der Tagesordnung des öffentlichen Teils war die Gestaltung des Aussichtspunktes Harthau vorgesehen – einer von drei sogenannten interkommunalen Remstalblicken. Bei den anderen beiden handelt es sich um den Aussichtspunkt Sieben Linden und die Y-Burg. Sieben Linden, wobei die Verwaltung vorschlägt, einen 18 Meter langen und zwei Meter breiten Sky-Walk in Form einer Stahlbrücke einzurichten, wurde nichtöffentlich beraten. Die Planungen zur Y-Burg standen jüngst nicht zur Debatte. Dafür hatte die Verwaltung für die nichtöffentliche Sitzung die Nutzung der Glockenkelter vorgesehen, was aber auf Anregung des Gemeinderats hin in eine öffentliche Sitzung verschoben worden ist, erklärte Hauptamtsleiter Bernhard Bühler auf unsere Nachfrage hin.

Die Pläne zum Projekt Sieben Linden wurden nichtöffentlich diskutiert

Wenn es nach einigen Gemeinderäten gegangen wäre, hätte auch die Diskussion zum Projekt Sieben Linden öffentlich erfolgen müssen – kritisiert haben das unter anderem Mitglieder der OGL, aber auch Ingrid Möhrle (SPD) oder Ebbe Kögel (PFB). „Es ist wichtig, dass ich die öffentliche Diskussion führen darf“, sagte OGL-Fraktionsvorsitzender Andreas Stiene später im Gespräch mit unserer Zeitung. Denn bei Dingen aus nichtöffentlicher Sitzung stehen Mitglieder des Gemeinderats unter Verschwiegenheitspflicht, sofern sie der Bürgermeister von ihrer Schweigepflicht nicht entbunden hat. Bevor der Gemeinderat eine Entscheidung trifft, sei ihm die öffentliche Diskussion wichtig, so Stiene. Immerhin wolle er als Gemeinderat Entscheidungen im Sinne der Bürger treffen, sagte er. Im Sinne der Gemeindeordnung sehe er keinen Grund, warum etwa der Punkt Sieben Linden nichtöffentlich besprochen worden sei.

„Die Verwaltung pickt sich Dinge raus, die unstrittig sind“, sagte Ingrid Möhrle. Auch aus Kostengründen sei es wichtig, die Projekte zur Interkommunalen Gartenschau gemeinsam zu betrachten. Denn der Anteil, den die Gemeinde noch zusteuern müsse, sei nicht unerheblich.

Im vergangenen Herbst hat die Verwaltung einen Zuschuss für die drei Projekte beantragt. Dieser wurde mit 150 000 Euro bewilligt. Die Kosten für die Ausführungen beim Aussichtspunkt Harthau werden auf 82 000 Euro geschätzt, wobei die Verwaltung davon ausgeht, dass das Projekt anteilig zu 50 Prozent gefördert werden kann, so dass Kernen demnach die Summe von 47 500 Euro aufbringen müsste. Geplant ist auf dem Aussichtspunkt Harthau ein „schlichtes, rechteckiges Plateau mit Feuerstelle“, das zum Tal hin einen Mauersockel beinhaltet sowie Sitz und Liegestufen, erklärte Architekt Professor Peter Cheret. Die Planungen um den ein Meter hohen und neun Meter langen Sockel habe er mit Mitgliedern des Deutschen Alpenvereins abgestimmt. Hintergrund dazu ist, dass die Gruppe dort die Sonnwendfeier veranstaltet. Die Reaktionen seien positiv gewesen, so Cheret. Vor allem, weil der Sockel einen zusätzlichen Brandschutz darstelle.

Ein schlichtes Projekt mit einer schlichten Diskussion im Gemeinderat. Was sich bei der Diskussion um den Sky-Walk zugetragen hat, bleibt für die Öffentlichkeit vorerst im Verborgenen. Fakt ist aber, dass in der Sitzung Ebbe Kögel den Antrag gestellt hatte, diesen Punkt ebenfalls im öffentlichen Teil zu besprechen, was von der Verwaltung aber als nicht sinnvoll bezeichnet und damit abgelehnt worden war. „Hier geht es um Interna“, sagte Beigeordneter Horst Schaal. „Außerdem müssten wir jetzt nichtöffentlich darüber abstimmen, ob der Tagesordnungspunkt öffentlich beraten werden darf“, sagte Bürgermeister Stefan Altenberger, was seiner Meinung nach nicht einfach realisierbar gewesen wäre.

„Eine richtige Entscheidung“, sagte UFW-Fraktionschef Hans Dietzel im Nachhinein. Generell befürworte er nichtöffentliche Beratungen, wenn es um interne Zahlen ginge. Oft seien die Zusammenhänge komplex, weshalb eine nichtöffentliche Vorberatung wichtig sei, um alle Möglichkeiten abzutasten. Ähnlich sieht es auch CDU-Fraktionschef Andreas Wersch. „Es ist gut, wenn man hinter verschlossener Tür seine Meinung sagen kann.“ Die Diskussion sei eine andere. Das trage zur Qualität von Entscheidungen bei. Dennoch wolle die Verwaltung überdenken, wie sie künftig vorgehen wird, erklärte Hauptamtsleiter Bernhard Bühler. Dazu wollen sie mit dem Gemeinderat eine Strategie abstimmen und „bei jedem Punkt noch kritischer hinterfragen, ob er öffentlich oder nichtöffentlich diskutiert werden soll“.

Im Zuge der Interkommunalen Gartenschau soll beim Aussichtspunkt Harthau ein Plateau gebaut werden. Der Alpenverein, der dort regelmäßig die Sonnwendfeier veranstaltet, blickt dem Vorhaben positiv entgegen. Denn das Plateau stellt einen zusätzlichen Sicherheitsaspekt dar.

Im Zuge der Interkommunalen Gartenschau soll beim Aussichtspunkt Harthau ein Plateau gebaut werden. Der Alpenverein, der dort regelmäßig die Sonnwendfeier veranstaltet, blickt dem Vorhaben positiv entgegen. Denn das Plateau stellt einen zusätzlichen Sicherheitsaspekt dar.

Am Ende doch noch einsichtig – ein Kommentar von Diana Nägele

Manchmal gibt es komische Zufälle. Man sitzt in der Redaktion, schreibt einen Artikel über die Frage, was in einer Gemeinde alles öffentlich besprochen werden sollte, und dann klingelt das Telefon. Am anderen Ende das Rathaus Kernen, das zu einem Pressegespräch am kommenden Freitag, 23. Oktober, um 8 Uhr morgens einlädt. Das Thema: die Pläne zum Projekt Sieben Linden, einer 18 Meter langen Stahlbrücke. Es drängt sich die Frage auf, ob das die Art der Verwaltung ist, einen Fehler zuzugeben. Das Projekt hätte schon in der vergangenen Gemeinderatssitzung vorgestellt werden müssen. Irgendwann hätte der Gemeinderat abgestimmt. Damit wäre an die Umsetzung des Sky-Walks ein Knopf drangemacht – und das Thema wäre vom Tisch. Nun soll aber endlich die Öffentlichkeit eingebunden werden, wie es in der Gemeindeordnung vorgeschrieben ist, und wie es sich für eine Demokratie gehört. Gut, dass dies nun auch der Verwaltung aufgefallen ist.

Wenigstens wurde die Diskussion um die Nutzung der Glockenkelter in eine öffentliche Sitzung verschoben. Denn da lassen sich wirklich keine Interna ablesen. Vermischt mit der Tatsache, dass häufig Sitzungen des Verwaltungsausschusses in Gemeinderatssitzungen umgewandelt werden, eine Vorberatung im kleinen Gremium so nicht stattfindet, drängt sich die Frage auf, ob die Verwaltung ihre Wünsche einfach durchpeitschen möchte, auch wenn sie dies auf Nachfrage verneint und damit begründet, dass zurzeit Entscheidungen anstehen, die das gesamte Gremium betreffen.

Quelle: WKZ vom 22.10.2015 / Text: Diana Nägele

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