Sep 27 2015

Wurde Felix Leyde ausgetrickst?

Veröffentlicht von um 19:25 unter Pressespiegel

vom 26.09.2015

Schultes Altenberger hatte ein Gelände an der Tulpenstraße, das der Biolandwirt bewirtschaft, Ralf Gönnenwein übertragen

Biolandwirt Leyde wirft Bürgermeister Altenberger „Beihilfe zu Subventionsbetrug“ vor. Worum geht’s? Altenberger hatte mit Ralf Gönnenwein mündlich eine Pflegevereinbarung fürs Umlegungsgebiet Tulpenstraße geschlossen, obwohl Leyde genau diese Äcker im Benehmen mit den Eigentümern, wie er sagt, bewirtschaftet. Nur einer erhält dafür aber Zuschüsse. Altenberger wiederrief nun den Deal.

Eine Doppelbuchung durch zwei Bewirtschafter für eine identische landwirtschaftliche Nutzfläche ist rechtlich unzulässig. Daran entzündete sich der Streit zwischen Leyde und Altenberger. Biobauer Leyde bewirtschaftet die privaten Flurstücke im Umlegungsgebiet Tulpenstraße, verbrieft durch Pachtverträge, seit nunmehr 15 Jahren. Nach wie vor wächst entlang der Straße die von Leyde ausgesäte Luzerne, Futter für seine zehn Kühe. Wegen der absehbaren Wohnbebauung des Gebiets sind ihm zwar die Verträge für die Flurstücke hier gekündigt worden, aber er habe die Zusage der Eigentümer, sie weiterhin bis zum Beginn der Erschließungsarbeiten zu bewirtschaften, sagte der Landwirt gestern. Schon dreimal in diesem Jahr mähte er das Grünland. Eine vierte Mahd steht an. Das Rathaus müsse doch mitbekommen haben, das hier weiterhin gepflegt wird, sagt Leyde. Kein Eigentümer habe sich jedenfalls beschwert, zumal sie so keinen Beitrag an die Berufsgenossenschaft leisten müssen.

Bisher 600 Euro Zuschuss pro Jahr

Von den zwei Hektar Bewirtschaftungsfläche, die er beim Landwirtschaftsamt angemeldet hat, entfällt rund ein halber auf das künftige Baugebiet Tulpenstraße, für die die Pachtverträge gekündigt sind. Das große Restgebiet in Richtung Kinderspielplatz steht Leyde, vertraglich gesichert, weiterhin zu. Auch dort sät und mäht der Bio-Bauer Luzerne, teilweise Getreide. Für die zwei Hektar Nutzfläche erhielt der Landwirt jedes Jahr 600 Euro Fördermittel.

Dieses Jahr ist es anders. Bürgermeister Stefan Altenberger schloss wohl im Frühjahr mit Landschaftsgärtner Ralf Gönnenwein, mit dem er freundschaftlich verbunden sein soll und der im Gewann Schafäcker den umstrittenen Aussiedlerhof plant, eine mündliche Pflegevereinbarung für diese Fläche. Über den Kopf der Grundstückseigentümer hinweg, schimpft Leyde. Unter anderem besitzt Leydes Familie mitten im künftigen Baugebiet ein 5 Ar großes Flurstück. Weil das Landwirtschaftsamt eine Doppelbuchung landwirtschaftlicher Flächen nicht akzeptiert, sieht er dieses Jahr keinen Cent Zuschuss. Aber auch Gönnenwein guckt in die Röhre. Leyde sagte gestern: „Die Grundstücksbesitzer haben mir die Pflege hier überlassen. Als Altenberger mit Gönnenwein die Pflegevereinbarung schloss, hat er Beihilfe zum Subventionsbetrug begangen. Denn die Doppelbuchung ist rechtlich nicht in Ordnung.“ Er selber, der das Gelände seit Jahren umtreibe, komme in den Verdacht einer Straftat. Er verliere nicht nur den Förderzuschuss, ihm drohe auch Strafe.

Im Landwirtschaftsamt will Leyde erfahren haben, dass Ralf Gönnenwein von Altenberger die fast identische Fläche, sprich obige zwei Hektar, zur Pflege überlassen bekam. Eine Auskunft dazu gab es gestern im Landratsamt nicht. Leyde schilt diese rechtswidrige Doppelbuchung „Frechheit“, weil sie auch seine Pachtflächen mitumfasst, die nicht gekündigt sind.

Das Rathaus nimmt die Vereinbarung zurück

Unter Druck hat das Rathaus nun Rolf Gönnenwein aufgefordert, die mündlich vereinbarte Pflegevereinbarung aufzuheben. Druck, weil das Rathaus zur Umlegung des Baugebiets Tulpenstraße das Flurstück von Leydes Familie an der Tulpenstraße dringend benötigt. In einem Schriftsatz, der dem Landschaftsgärtner in Beinstein Ende Juli mit der Bitte um eine Unterschrift zuging, steht: „Herr Gönnenwein verpflichtet sich, alle in diesem Zusammenhang gegenüber dem Landwirtschaftsamt in Backnang, Herr Dr. Weiler, gemachten Angaben wieder zurückzunehmen.“ Gönnenwein weigerte sich aber, zu unterschreiben. Er bestand auf dem Recht, das Gelände zu bewirtschaften. Dabei hatte er es bis dato nicht einmal gemäht. Das Bauamt musste also nachlegen.

In einem Schreiben des Beigeordneten Horst Schaal ans Landwirtschaftsamt vom 3. August teilte das Rathaus mit, dass Kernen die Vereinbarung einseitig aufgehoben habe. „Nachdem es Herr Gönnenwein ablehnt, die Erklärung über die Aufhebung der – in Unkenntnis der genauen Sachlage (die Flächen im Umlegungsgebiet wurden bereits von einem anderen Landwirt gemäht) – zustande gekommenen Vereinbarung zu unterschreiben, hat sich die Gemeinde Kernen entschlossen, die lediglich mündliche Vereinbarung mit Herrn Gönnenwein einseitig aufzuheben.“

Wie kam es zu diesem dubiosen Deal zwischen Rathaus und Gönnenwein? Stefan Altenberger sagte gestern, es sei „üblich, wenn die Pachtverhältnisse gekündigt sind und das Umlegungsverfahren noch nicht so weit ist, dass wir die Pflege sicherstellen, damit das anständig aussieht“. Es handele sich um einen Mähauftrag an Gönnenwein. Er hätte das Areal bewirtschaftet, um seine Tiere zu füttern. „Wie soll ich wissen, dass Felix Leyde den Auftrag hat, das abzumähen? Ich stehe in der Verantwortung, dass die Grundstücke gepflegt sind.“ Er überweise Leyde gern den Förderzuschuss.

Letzterer legte gestern noch eins drauf. Leyde behauptete, Stefan Altenberger habe Gönnenwein die zwei Hektar zugestanden, weil der sie für die Privilegierung in den Schafäckern benötige. Altenberger widerspricht. Das gehe zeitlich gar nicht. „Über die Privilegierung ist früher entschieden worden.“ Zudem würden nur Pachtflächen für die nötigen acht Hektar angerechnet. „Stimmt nicht“, so Leyde. „Die Landwirtschaftsbehörde hat mir mitgeteilt, dass es reicht, das bewirtschaftete Gelände mit Flurstücknummer anzugeben.“

Kommentar von Hans-Joachim Schechinger

Aufklären!

Der Streit zwischen Leyde und Altenberger spielt an zwei Fronten. Da geht es um die Umlegung der Tulpenstraße, die Leydes Familie mit einem Flurstück, das mitten im Plangebiet liegt, nach wie vor blockiert. Es liegen die Nerven blank. Der Zeitplan ist fast Makulatur. Dann: Ralf Gönnenwein. Leydes unbewiesene Behauptung, mit der Pflegevereinbarung in der Tulpenstraße habe Altenberger dem Bauherrn zur nötigen Privilegierungsfläche verhelfen wollen, macht ein explosives Fass auf. Auch im Gemeinderat herrschen längst Zweifel, wie Gönnenwein seine acht Hektar zusammenbekam. Es wird Zeit, dass das Gremium diese Gretchenfrage klärt.

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 26.09.2015 / Text: Hans-Joachim Schechinger

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