Mai 09 2015

Stiftertafel geplant – am Gemeinderat vorbei

Veröffentlicht von um 22:23 unter Pressespiegel

vom 08.05.2015

Im Bürgerhaus will die Bürgerstiftung Kernen Spender über 200 Euro auf einer Glastafel verewigen – das Objekt wurde ohne Beratung ausgeschrieben

Das Kernener Bauamt hat im feinen Glasdesign des künftigen Leitsystems fürs Bürgerhaus eine Stiftertafel ausgeschrieben, auf der die Namen aller Geldgeber der Kernener Bürgerstiftung stehen, die über 200 Euro spendeten. Die Tafel soll neben dem Büro des Bürgernetzes montiert werden. Die Kosten trägt die Gemeinde, aber der Gemeinderat hat darüber nie beraten.

Wer hat da wem was versprochen? Für die Köpfe der Bürgerstiftung Kernen steht dank „alter Versprechungen“, wie Vorstandsmitglied und CDU-Gemeinderat Volker Borck jetzt im Technischen Ausschuss sagte, seit langem fest, „dass sie ihre Tafel aufstellen darf. Sie soll 2,50 auf einen Meter groß sein. Da kommen die Namen drauf von allen Stiftern, die mehr als 200 Euro eingebracht haben“. Auch für Bauamtschef Horst Schaal war, wie er anmerkte, „schon immer klar, dass die Tafel reinkommt“. 1000 bis 1500 Euro soll die Plexiglasscheibe kosten. Das Bauamt hat sie als integralen Bestandteil des Leitsystems im Bürgerhaus öffentlich ausgeschrieben. Voraussichtlich erhält das Rommelshausener Unternehmen Activ Werbung den Zuschlag.

„Bürgerhaus und Bürgerstiftung haben nichts miteinander zu tun“

SPD-Gemeinderat Christoph Schönleber runzelt ungläubig die Stirn. Die Stiftertafel, die neben dem Büro des Bürgernetzes im Erdgeschoss des Gebäudes montiert werden soll, ist, wie auch UFW-Fraktionschef Hans Dietzel gestern bestätigte, im Gemeinderat nie beraten worden. Der Gemeinderat ist aber im Namen der Gemeinde Bauherr. „Eigentlich bestimmt der Eigentümer, was da hinkommt“, sagt Schönleber, „es ist dem Gemeinderat vorbehalten, die Entscheidung zu treffen.“ Für ihn habe es ein gehöriges Gschmäckle, wenn am Hauptorgan der Gemeinde vorbei die Verwaltung Versprechungen mache. Beigeordneter Horst Schaal wurde vom TA beauftragt, zu prüfen, wann diese Zusage der Bürgerstiftung von welcher Stelle im Rathaus erteilt worden ist. Vorstand Wolfgang Riethmüller, der Licht hätte ins Dunkel bringen können, war gestern nicht erreichbar.

Für Christoph Schönleber ist es nicht nur eine Frage der Transparenz. Es geht ihm ums Grundsätzliche. „Das Bürgerhaus hat ja eigentlich mit der Bürgerstiftung gar nichts zu tun.“ Und mit der Tafel entstehe in einem öffentlichen Gebäude, das den Kernener Steuerzahler zehn Millionen Euro kostet, der fatale Eindruck, es gebe hier „Bürger erster Klasse und den Rest“. Dass die Stiftertafel auch noch der Steuerzahler bezahlt, finde er grenzwertig.

Überhaupt: Auch der Kapitalstock der Bürgerstiftung Kernen speise sich neben privat gestiftetem Vermögen aus Komplementärmitteln der Gemeinde, mit anderen Worten: aus Steuermitteln. Nur die Namen der privaten Geldgeber im neuen Bürgerhaus plakativ auszustellen, hält der Sozialdemokrat für diskussionswürdig. Auch deshalb müsse der Gemeinderat das letzte Wort haben.

Beigeordneter Horst Schaal sagte gestern, „ich bin schon seit Jahren davon ausgegangen, dass man das im Bürgerhaus aufstellt.“ Dass die Bauverwaltung die Tafel ausschreibt und die Gemeinde bezahlt, finde er konsequent: „Wenn die Stifter ihre Tafel bezahlen müssen, habe ich ein Problem.“ Dass der Gemeinderat nicht eingeweiht sei, wundere ihn, „saß doch Dr. Borck bei den Beratungen immer dabei“. Was die Gestaltung der Plexiglasscheibe betrifft, hält Horst Schaal das von der Bürgerstiftung vorgeschlagene Format für zu groß. Eine kleinere Tafel bzw. die Aufteilung in zwei beschriftete Glasteile ziehe er aus optischen Gründen vor. Tatsächlich ist nämlich mit der Entscheidung, alle Stifter aufzunehmen, die mehr als 200 Euro beitrugen, das strittige Objekt größer geworden. Nach Schaals Eindruck ist das Objekt für die Gemeinderäte „kein ästhetisches Problem, sondern ein politisches“.

Quelle: WKZ vom 08.05.2015 / Text: Hans-Joachim Schechinger

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