Mai 01 2015

CDU diskutiert mit Chaos-Computer-Club

Veröffentlicht von um 01:22 unter Pressespiegel

vom 30.04.2015

Thema Datenspeicherung auf Vorrat / Ex-Landesjustizminister Prof. Ulrich Goll (FDP): Datenschutz ist nicht mehr möglich

Über Sinn, Nutzen und Gefahren der Vorratsdatenspeicherung wurde am Dienstagabend in der Stettener Glockenkelter diskutiert. Die Fronten waren schnell geklärt: Drei der vier Gesprächsteilnehmer sind für die Speicherung von Verkehrsdaten, einer ist dagegen. Geladen waren unter anderem Ulrich Goll und Stefan Leibfarth, Mitglied des Chaos-Computer-Clubs.

Ulrich Goll, der ehemalige Justizminister des Landes Baden-Württemberg, erklärte, dass Verbindungsdaten früher auch schon zu Abrechnungszwecken gespeichert und bei Bedarf für Ermittlungen eingesetzt wurden. „Der einzige Unterschied ist, dass die Daten oftmals einfach nicht vorhanden waren.“ Eine Verpflichtung zur Speicherung über einen einheitlich geregelten Zeitraum sei da nur die logische Konsequenz.

Thomas Blenke, Innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, stellte gleich klar: Es würden keine Kommunikationsinhalte gespeichert. „Vorratsdatenspeicherung“ sei lediglich ein Kampfbegriff. Außerdem erfolge die Speicherung nicht durch den Staat, sondern durch den Provider. Das beuge dem Missbrauch vor. Die Daten seien außerdem nötig, um dem Terrorismus die Stirn bieten zu können. Ermittlungsbehörden sollten sich immer auf Augenhöhe mit dem Gegenüber befinden, sonst seien sie stets einen Schritt hinterher.

Stefan Leibfarth vom Chaos-Computer- Club warnte hingegen davor, die Speicherung von Verbindungsdaten nicht zu unterschätzen. Der Inhalt von Kommunikationen werde zwar nicht gespeichert. Trotzdem seien die sogenannten Metadaten, also Informationen über den Standort des Nutzers, die Uhrzeit oder auch die Identität des Gesprächspartners, oftmals genug, um Rückschlüsse auf Gesprächsinhalte zu ziehen. „Wenn jemand nachts eine Telefonsexhotline anruft, dann muss der Inhalt des Gesprächs nicht vorliegen. Man weiß, um was es in dem Gespräch ging.“

Den Begriff als Kampfbegriff zu bezeichnen halte er außerdem für falsch. „Vorratsdatenspeicherung heißt zu Recht so. Die Daten werden ohne absehbaren Nutzen gespeichert. Auf Vorrat eben. Jeder hat ein Smartphone in der Tasche, das regelmäßig Standortdaten übermittelt. Dadurch ist theoretisch eine lückenlose Überwachung des Bürgers möglich.“

Achim Traichel, Kriminalhauptkommissar des LKA Baden-Württemberg, nannte hingegen einen weiteren Nutzen der Datenspeicherung: Die Bekämpfung von Sexualstraftaten im Internet. Jeder dritte Täter könne nicht ermittelt werden, weil die Provider den Nutzer der ermittelten IP-Adressen oftmals nicht nennen können. „Mir fehlt dafür jedes Verständnis. Es ist nicht nachvollziehbar.“

„Verfolgung von Kinderschändern wichtiger als Privatsphäre“

Bei diesem Punkt waren sich auch Ulrich Goll und Thomas Blenke einig. Die Problematik sei eine Frage des Maßes, keine Frage des Grundsatzes. „Zehn Mal wichtiger als meine Privatsphäre ist mir, dass Kinderschändern das Handwerk gelegt wird.“, sagte Blenke.

Stefan Leibfarth wirkte ob der schieren Übermacht der Gegenseite teilweise ein wenig in die Ecke gedrängt. Dennoch wusste er sich stets zu wehren. Er stimmte zu, dass es Richtern erlaubt sein müsse, Überwachungen anordnen zu dürfen. Falsch sei der Generalverdacht, der durch die grundsätzliche Speicherung der Daten erfolge. „Das ‚Spiel des Abwägens zwischen Sicherheit und Freiheit’ kann unendlich weit getrieben werden. Meine persönliche Grenze lautet: präventive Daten.“ Eine absolute Sicherheit könne es sowieso nie geben. Auf seine provokante Frage, ob es denn nicht eigentlich das Beste sei, private Haushalte rund um die Uhr zu filmen, entgegnete Goll: „Ein Weg, der sich zwischen den Absoluten befindet, ist der richtige. Es müssen Kompromisse gefunden werden, die beiden Seiten recht sind.“

Quelle: WKZ vom 30.04.2015 / Text: Manuel Müller

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