Apr 25 2015

Parkgebühr sollen Kosten abgelten

Veröffentlicht von um 20:59 unter Pressespiegel

vom 25.04.2015

Der Kernener Gemeinderat führt mit deutlicher Mehrheit eine Parkgebühr für den sündhaft teuren Parkplatz Talstraße ein

Die Gemeinde Kernen wälzt einen Teil der Kosten für den ohne Grunderwerb knapp 500 000 Euro teuren Parkplatz Talstraße auf die Nutzer ab. Eine deutliche Mehrheit von 14 Ja- zu acht Nein-Stimmen beschloss Parkgebühren von 30 Cent pro Stunde. Berufstätige Dauerparker zahlen einen Extra-Tarif: einen Euro pro Werktag von 8 bis 17 Uhr.

Die Entscheidung war nicht unumstritten. Doch eine große Mehrheit folgte der Marschrichtung, die sich schon in der Ratssitzung im März mit dem Kompromiss abzeichnete, das Projekt ohne Leuchten und Grunderwerb bei knapp 500 000 Euro zu deckeln. Damals regten Gemeinderäte an, die Kosten dieses „teuersten Parkplatzes, den es in Rommelshausen je gegeben hat“ (Beigeordneter Horst Schaal), zu Teilen auf die Nutzer umzulegen. Dazu wird nun aus steuerlichen Gründen der Parkplatz wie auch schon die kostenpflichtige Tiefgarage des Bürgerhauses als Betrieb gewerblicher Art geführt. Der Eigenbetrieb der Gemeindewerke firmiert künftig unter der Bezeichnung „Betriebszweig Parkierungsanlagen“. Er muss Einnahmen erzielen und ist laut Paragraf II des Umsatzsteuergesetzes bei derzeit angenommenen Bruttoanschaffungskosten von 530 000 Euro zu einem einmaligen Vorsteuerabzug in Höhe von 84 600 Euro berechtigt. Wie Gemeindekämmerin Melanie Teflexidis im Gremium ausführte, hat das Finanzamt schon zugestimmt.

Darlehen wird mit drei Prozent getilgt

Die Kämmerei rechnet mit jährlichen Gebühreneinnahmen von 5000 Euro, die das kommunale Unternehmen „Parkplatz Talstraße“ erzielen soll. Die Gemeinde wird dem Eigenbetrieb ein Darlehen in Höhe von 445 400 Euro gewähren, die jährlich in Raten von 22 300 Euro getilgt und mit drei Prozent verzinst werden. Vor allem die 84 000 Euro Vorsteuerabzug machen die Konstruktion Eigenbetrieb so attraktiv.

Der Gemeinderat beschloss am Donnerstagabend gegen den Widerstand der UFW und von Teilen der SPD-Fraktion eine Parkgebühr von 30 Cent je Stunde. Zum Vergleich: In der Tiefgarage Bürgerhaus werden 50 Cent fällig. Für Berufstätige ist ein Extra-Tarif geplant: Langzeitparker, die den Platz mit 67 befestigten Stellplätzen hinter Rossmann von 8 bis 17 Uhr nutzen, sind mit einem Euro dabei. Mit der Kaffeetaste parken Autofahrer wie in Waiblingen in den ersten 30 Minuten kostenlos.

Für die UFW eine gut gemeinte, aber kontraproduktive Lösung, wie Fraktionschef und Geschäftsmann Hans Dietzel kritisierte: Das alles klinge lukrativ, aber der Autofahrer werde nicht bereit sein, die Gebühr zu zahlen. Vielmehr bewirkten kostenpflichtige Stellplätze nur einen Parksuchverkehr in der unmittelbaren Nachbarschaft, bei Anwohnern, der Volksbank und Geschäftsleuten, wo eben kein Parkautomat steht: „Wir werden uns unbeliebt machen.“ Fraktionskollege Heinz Heß findet „die 5000 Euro relativ gering, da sollte mehr rauskommen. Es macht auch keinen Sinn, weil es zu wildem Parken führt. Und jeder, der vier Stunden parkt, holt sich dann ein Tagesticket.“ Fazit: „Wir müssen die Talstraße kostenlos machen.“ Fraktionssprecher Hans-Peter Kirgis (SPD) schloss sich Hans Dietzels Argumenten an. Auch er meinte, die Talstraße sei nicht zu vergleichen mit der Tiefgarage im Bürgerhaus. Doch seinem Plädoyer für kostenlose Stellplätze in der Talstraße mochten nicht alle fünf SPD-Gemeinderäte folgen.

Kögel (PFB): „Ist das ein Steuerhinterziehungsmodell?“

Andreas Wersch (CDU) ergriff Partei für einen Parkautomaten. „Der Parkplatz ist attraktiv, aber pro Stunde 30 Cent ist erträglich. Auch der Tarif für die Tagesparkierung ist akzeptabel. Vor allem aber die Verzinsung und der Vorsteuerabzug sind interessant.“ PFB-Gemeinderat Ebbe Kögel machte eine andere Rechnung auf. Er rechnete die Kosten des Grunderwerbs mit ein und kam so auf 160 Jahre, bis die Investition in den öffentlichen Parkraum durch Parkgebühren amortisiert sei. Der legale steuerrechtliche Dreh der Gemeinde, sich einen Vorsteuerabzug von über 80 000 Euro zu sichern, hat für Kögel das Gschmäckle eines „Steuerhinterziehungsmodells“. Er halte Gebühren aber für einen guten Einstieg in die Parkraumbewirtschaftung à la Stuttgarter Westen.

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 25.04.2015 / Text: Hans-Joachim Schechinger

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