Apr 09 2015

Ist die Vereinsförderung ungerecht?

Veröffentlicht von um 20:56 unter Pressespiegel

vom 08.04.2014

Säle kosten Miete, Sport in Hallen ist ohne Benutzungsgebühren möglich

Die Sport- und Turnhallen der Gemeinde Kernen verschlingen in jedem Jahr hohe Beträge an Geld der Steuerzahler. Trotzdem verlangt die Gemeindeverwaltung von den Sportvereinen keine Benutzungsgebühren – von den Kulturvereinen in der Glockenkelter, der Alten Kelter, künftig im Bürgerzentrum, aber schon. PFB-Gemeinderat Eberhard Kögel findet das ungerecht. Auch ihnen, so hatte er im Gemeinderat ohne Erfolg beantragt, sollten die Nutzungsgebühren erlassen werden. Auch ein OGL-Antrag, den Kulturvereinen einen Zuschuss zu zahlen, damit sie sich die Raummiete leichter leisten können, fand im Gemeinderat kürzlich keine Mehrheit. Der Bürgermeister verteidigt die geltenden Regelungen. ‚Eine kostenlose Raummiete – das wird so nicht funktionieren‘, sagt Stefan Altenberger.

Er weist darauf hin, dass den Kulturvereinen in den jüngeren Versammlungsstätten viel Aufwand erspart bleibt, weil die Gemeinde kräftig investierte: ‚Vergleichen Sie das mit der Stettener Schulaula: Man musste alle Geräte mitbringen. In der Glockenkelter stellen wir alles. So gesehen sind 200 oder 250 Euro doch ein geringer Satz.‘ Unter 30 Benutzerordnungen, die die Gemeindeverwaltung bei Städten und Gemeinden in der Umgebung geprüft hat, liege Kernen im unteren Mittelfeld. ‚Die Kosten an Strom, Gas, Wasser, Hausmeister sollten wieder hereinkommen‘, begründet Altenberger die Gebühren.

Allein für die Karl-Mauch-Sporthalle gibt die Verwaltung laut dem Haushaltsplan für 2015 dagegen etwa 350 000 Euro jedes Jahr aus. Das Geld wird gebraucht für die Gebäudeunterhaltung, den Strom und so weiter. Allein fast 72 000 Euro kostet die Reinigung. Abschreibungen in Höhe von 83 000 Euro werden in diesem Jahr fällig. Das Anlagekapital wird mit fast 160 000 Euro verzinst, damit wirklich alle Kosten in der Buchhaltung aufgeführt sind, auch wenn tatsächlich kein Geld fließt. Die übrigen Sport- und Turnhallen, bei denen keine Abschreibung und keine Verzinsung berechnet wird, verschlingen 180 000 Euro jährlich.

Dass den Sportlern an möglichen Benutzungsgebühren ein stattlicher Betrag erlassen wird, lässt sich im Punkt ‚Innere Verrechnungen‘ im Haushaltsplan der Gemeinde Kernen ablesen. Er führt für die Karl-Mauch-Halle fast 61 000 Euro an Raumkosten auf, die den Vereinen nicht abverlangt, sondern als ‚Sachleistungen‘ gewährt werden. Mehr als 87 000 Euro bleiben den Vereinen in den übrigen Sporthallen erspart und werden stattdessen als Sachleistungen gewährt.

‚Der Vergleich mit den Sportvereinen hinkt‘, sagt Hauptamtsleiter Bernhard Bühler, weil die Hallen und Sportplätze nicht in erster Linie für die Vereine errichtet wurden. ‚Diese Einrichtungen sind für den Schulbetrieb zwingend erforderlich.‘ Der ist für die Gemeinde eine Pflichtaufgabe, die sie nicht abweisen kann. Durch die Nutzung der Vereine außerhalb der Schulzeiten würden die Räume lediglich besser ausgelastet. Die örtlichen Sportvereine betreiben auch zusätzlich eigene Anlagen, deren Unterhaltung sehr kostenintensiv ist. ‚Gleichbehandlung‘, so warnt der Beamte, ‚könnte in diesem Zusammenhang auch bedeuten, dass die Sportvereine für die Nutzung von gemeindeeigenen Hallen und Anlagen gleichfalls Miete bezahlen müssen.‘ Das würde vermutlich die Mitgliedbeiträge kräftig nach oben drücken. Die Folgen für die Vereine wären nicht absehbar.

Auch Kulturvereinen auf der anderen Seite einen Zuschuss zu Saalmieten zu geben, führt nach Meinung der Verwaltung zu nichts: ‚Über die reduzierten Gebührensätze findet bereits eine Förderung der Vereine statt. Ein Zuschuss an die Vereine für die Bezahlung der Miete von Räumlichkeiten würde lediglich den Verwaltungsaufwand für die innere Verrechnung erhöhen‘, sagt Bühler.

PFB-Gemeinderat Eberhard Kögel macht eine andere Rechnung auf vor dem Hintergrund dessen, dass in Stetten eigentlich nur noch die Glockenkelter als Versammlungsstätte in Frage kommt, wenn eine größere Besuchergruppe eingeplant ist. ‚Bei einem erwarteten Besuch von 100 Leuten und Kosten in Höhe von 250 oder 300 Euro pro Abend müssten wir eigentlich einen Zuschlag von drei Euro erheben, damit allein die Glockenkelter finanziert ist‘, sagt Kögel. Dazu kommen dann noch Kosten für den Referenten und für Werbung: ‚Das ist eine sehr schwierige Geschichte.‘

Andererseits kann die Gemeindeverwaltung ausgerechnet für ein auswärtiges Künstlerpaar recht großzügig sein: Das beliebte und hochwertige Theaterfestival auf der Y-Burg von Birgit Nolte-Michel und Oliver Nolte wird laut Kögel mit 5000 Euro aus der Gemeindekasse bezuschusst: ‚Und für Einheimische will man nichts zahlen. Das sehe ich als Missverhältnis an.‘

Wenn Kulturvereine ebenso wie Sportvereine in der gemeindeeigenen Halle nichts bezahlen müssten, wäre es leichter ‚auch mal Veranstaltungen, die nicht im Mainstream liegen, in einem größeren Maßstab zu wagen“, glaubt Kögel. Der OGL-Fraktionsvorsitzende Andreas Stiene erinnert daran: ‚In der Summe lebt die Gemeinde auch durch die Veranstaltungen der Vereine.‘

Quelle: FZ vom 08.04.2015, Hans-Dieter Wolz

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