Feb 19 2015

Gutachter drängen auf mehr Lärmschutz

Veröffentlicht von um 12:59 unter Pressespiegel

vom 19.02.2015

Der Entwurf des Lärmaktionsplans empfiehlt, in Rommelshausen in der Ortsdurchfahrt nur noch Tempo 30 zuzulassen. In der Nacht sind 51 ‚Römer‘ und ein Stettener stark belastet. Zu laut ist der Verkehr für 371 ‚Römer‘ und 151 Stettener

Entlang der Fellbacher, Waiblinger und Karlstraße in Rommelshausen fühlen sich viele Bürger durch andauernden Lärm gestört. Durch ein Gutachten für den Entwurf eines Lärmaktionsplans können sie sich jetzt bestätigt fühlen. Die ständige Geräuschkulisse ist so laut, dass dies über der Stressgrenze liegt. Gesundheitliche Beeinträchtigungen sind zu erwarten. Auch in Stetten besteht trotz Tempo 30 noch an einigen Stellen Handlungsbedarf.

An erster Stelle ihrer Vorschlagsliste steht für die Gutachter der BS Ingenieure aus Ludwigsburg, auch in Rommelshausen Tempo 30 in der gesamten Ortsdurchfahrt einzuführen. ‚Die Berechnungen kommen zu dem Ergebnis, dass die Belastungen durch sehr hohe Lärmpegel von mehr als 60 dB (A) in der Nacht auf diese Weise fast vollständig vermieden werden können‘, heißt es in dem Gutachten. Aus den 51 stark lärmgeplagten ‚Römern‘ werden nach Einführung von Tempo 30 voraussichtlich nur noch zwei übrig bleiben. Die Lärmquelle Autoverkehr vermindert sich bei Tempo 30 statt Tempo 50 um 2,5 dB (A). Das ist in dieser Skala fast eine Halbierung.

Laut dem Gutachten der BS Ingenieure Ludwigsburg lösen bereits Pegel von mehr als 65 dB (A) tagsüber Handlungsbedarf aus. Über diesem Auslösewert der Lärmaktionsplanung liegen in Rommelshausen 142 Einwohner, in Stetten 49. Pegel über 70 dB (A) kommen dagegen nicht vor. Für die Nacht zeigen die Berechnungen, dass in Rommelshausen 51 Bürger mit erhöhtem Lärm konfrontiert sind, in Stetten einer. Zu dieser Zeit besteht bereits bei Lautstärke über 60 dB (A) ein vordringlicher Handlungsbedarf, um die damit einhergehenden negativen gesundheitlichen Auswirkungen zu mindern. Nächtliche Pegel von 55 dB (A), die nach der Lärmaktionsplanung bereits Maßnahmen auslösen, sind in Rommelshausen 371 Menschen ausgesetzt, in Stetten 151.

‚Es ist unsere Pflicht, den Plan aufzustellen‘, sagte Bürgermeister Stefan Altenberger. Weil die Straßenverkehrsbehörde wegen des Fehlens echter Grenzwerte nicht daran gebunden ist und Verkehrseinschränkungen laut Gutachter Wolfgang Schröder oft ablehnen, sagt der Schultes nur: ‚Wir harren der Ergebnisse.‘ Dennoch hat die Gemeinderatsmehrheit beschlossen, den Lärmaktionsplan aufzustellen.

Einige Gemeinderäte zeigten sich aber in ihrer jüngsten Sitzung irritiert darüber, dass die Lärmwerte nicht gemessen, sondern berechnet werden: Nach der Erfahrung von Volker Borck (CDU) kommen diese Berechnungen zu Werten, ‚die gar nicht wirklich so sind.‘ Die Berechnungsweise mit einem dreidimensionalen Verkehrsmodell sei aber vorgeschrieben, betont Wolfgang Schröder. Die Mitglieder der CDU-Fraktion haben dennoch dem Beschluss, einen Lärmaktionsplan aufzustellen, ausnahmslos widersprochen.

Abgesehen von vorgeschlagenen Tempolimits für die Fellbacher und Karlstraße sowie die Waiblinger Straße vom Bahnhof bis zum Adlerkreisel erinnern die Gutachter daran, dass die Lärmentwicklung durch fahrende Autos wesentlich davon abhängt, wie die Oberfläche der Fahrbahn beschaffen ist. Sie empfehlen, bei anstehenden Sanierungen den zu diesem Zeitpunkt schalltechnisch günstigsten, geeigneten Fahrbahnbelag zu verbauen. Lärmmindernd wirken sich auch Umgestaltungen aus, wenn die Fahrbahn von Gebäuden abgerückt wird oder sie die Fahrgeschwindigkeit drosselt. Sie raten jedoch davon ab, den Verkehrsfluss zu behindern. Unstetiges Fahren hat steigenden Lärm zur Folge. Verstärkte Geschwindigkeitskontrolle und weitere Anzeigetafeln der Geschwindigkeit dienen dazu, die besonders lauten mit hoher Geschwindigkeit fahrenden Autos zu bremsen. Vor gesundheitlichem Lärm schützen auch besonders gedämmte Fenster. Gutachter Wolfgang Schröder erinnert daran, dass der Einbau von Schallschutzfenstern durch Förderprogramme der Landesregierung unterstützt wird.

Daneben raten die Gutachter dazu, kommunale oder regionale Konzepte einzuführen, um den öffentlichen Nahverkehr zu fördern und zum Radfahren oder Laufen anzuregen. Auch eine Parkraumbewirtschaftung könne dazu beitragen, dass umweltfreundliche Verkehrsmittel benutzt werden. ‚Grundsätzlich sollten hohe Lärmbelastungen in stärkerem Maße als bisher als Umweltproblem bekannt gemacht werden‘, empfiehlt BS-Projektleiter Wolfgang Schröder. Bei Planungen der Gemeinde selbst sollten die Themen Lärmbelastung und Lärmminderung einen hohen Stellenwert einnehmen.

Lärmschutz für Anwohner durch Lärmaktionsplan

Verfahren: Einen Lärmaktionsplan aufzustellen ist eine kommunale Pflichtaufgabe, die sich aus der EU-Richtlinie Umgebungslärm und dem Bundesimmissionsschutzgesetz ergibt. Er wird fällig, wenn eine Straße durch mehr als 8200 Autos in 24 Stunden belastet ist, bei besonderen örtlichen Verhältnissen auch schon früher. Das Landes-Verkehrsministerium empfiehlt, einen Lärmaktionsplan analog zur Aufstellung eines Bebauungsplans zu erarbeiten. Der erste Schritt ist ein Aufstellungsbeschluss, der einen Entwurf enthält. Danach wird die Öffentlichkeit frühzeitig, das heißt, bevor der Entwurf feststeht, beteiligt: Die Unterlagen werden ausgelegt, und die Bürger können Einwände vorbringen sowie Anregungen geben.

Entwurf für Kernen

Gestützt auf vom Ingenieurbüro W. u. W. Bauphysik, Leutenbach, ermittelte Daten der Lärmverteilung hat das Büro BS Ingenieure, Ludwigsburg, Vorschläge für Lärmminderung in Kernen entwickelt. Die Lärmwerte werden grundsätzlich berechnet, nicht durch Messungen ermittelt. Dezibel abgekürzt dB (A) Um den Lärmpegel anzugeben, wird bei der technischen Messvorrichtung ein Filter (A) vorgeschaltet, der die anatomischen Eigenschaften des menschlichen Ohres nachempfinden soll. Der so in praxisgerechter Entfernung gemessene und bewertete Wert wird mit der logarithmischen Einheit dB(A), dB ist ein Abkürzung für Dezibel, wiedergegeben. Berechnete Werte verwenden dasselbe Maß. Eine Erhöhung des Schalldruckpegels um 10 dB wird subjektiv als Verdoppelung der Lautstärke wahrgenommen. Die Verdoppelung einer Lärmquelle, etwa von 20 auf 40 Autos, verursacht hingegen eine Zunahme des Pegels um 3 dB(A).
Landratsamt redet mit

Wenn ein Lärmaktionsplan wie in Kernen vorrangig straßenverkehrsrechtliche Anordnungen wie ein Tempolimit enthält, kann die Gemeinde nicht allein entscheiden. Die Straßenverkehrsbehörde beim Landratsamt stellt fest, ob die Voraussetzungen vorliegen und hat einen Ermessensspielraum. Liegen Pegel von 70 dB (A) tags oder 60 dB (A) nachts vor, muss die Behörde praktisch einschreiten. Letzteres ist in Kernen der Fall.

Quelle: FZ vom 19.02.2015 / Text: Hans-Dieter Wolz

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