Dez 17 2014

Der Bauausschuss brüllt vergebens

Veröffentlicht von um 07:25 unter Pressespiegel

vom 12.12.2014

Kernener Gemeinderäte lassen Ralf Gönnenweins Bauantrag erneut durchfallen, Horst Schaal hebt den Beschluss aber auf

Dem „unerfreulichen Beitrag zur Zersiedelung“, wie das Bauamt Ralf Gönnenweins Gesuch für einen Aussiedlerhof im Juni noch apostrophiert hatte, musste Beigeordneter Horst Schaal jetzt gegen den Willen des Bauausschusses stattgeben. Rechtlich ist es nicht zu beanstanden, auch wenn eine Mehrheit es weiterhin ablehnt. Schaals Widerspruch hob das Nein wieder auf.

Widerstand zwecklos, ließe sich der aktuelle Stand der Debatte im Technischen Ausschuss überschreiben. Offenbar sitzt Landschaftsgärtner Ralf Gönnenwein, dem die Waiblinger Baurechtsbehörde für sein Gesuch in den Rommelshausener Schafäckern ein rechtlich unbedenkliches Vorgehen bescheinigt, am längeren Hebel. In der Sache hat sich seit Juni, als der TA seinen Antrag erstmals zurückwies, nichts geändert: Gönnenwein will seinen Schafstall um acht Pferdeboxen, eine Lagerhalle und ein Wohnhaus erweitern. Beigeordneter Schaal hat aber am Mittwoch die Notbremse gezogen. Sein Widerspruch gegen das Veto des Technischen Ausschusses könnte vom Gemeinderat mit Mehrheit wieder aufgehoben und das gemeindliche Einvernehmen erneut versagt werden. Gönnenweins Baugesuch steht in der Sitzung am 18. Dezember vielleicht schon auf der Tagesordnung.

Nachdem Waiblingen auch die im Juni im Bauausschuss noch ungeklärten Fragen zu Verkehrserschließung, Dunglege und dem Abstand zu Erwerbsobstanlagen allesamt als baurechtlich unbedenklich eingestuft hat, empfahl Beigeordneter Horst Schaal im TA zähneknirschend, Gönnenweins ungeliebten Antrag aus rechtlichen Gründen zuzustimmen. „Insgesamt ist das Vorhaben genehmigungsfähig“, sagte er. „Wenn wir das gemeindliche Einvernehmen nicht erteilen, wird das Landratsamt es ersetzen.“ Sprich: Die Kreisbehörde könnte und würde die Kernener Ablehnung kassieren.

Und sollte Kernen Gönnenweins Bauantrag ein zweites Mal ablehnen, käme die „Haftungsfrage“ ins Spiel. Das Haftungsrisiko bliebe an Kernen hängen, weil der Bauherr wegen der erheblichen Zeitverzögerung seit Einreichen seines Baugesuchs Mehrkosten geltend machen könnte.

Ralf Gönnenwein könnte den Preisindex heranziehen

Stichwort: Fortschreiben des Preisindex. Der Schaden dürfte sich bei der nicht exorbitanten Bausumme zwar in Grenzen halten. Bauamtschef Schaal redete aber gleich zu Beginn der Beratung den Ratsherren ins Gewissen: Auch wenn Gönnenweins Bauvorhaben unerwünscht sei, müsse er wegen des Restrisikos gegen ein mögliches Nein des Technischen Ausschusses Widerspruch einlegen. Nachdem er das tat, war gestern im Rathaus die Frage zu klären, ob der Beigeordnete oder nicht doch der Bürgermeister kraft Amtes ein Widerspruchsrecht im Gremium hat. Und da ist noch ein Problem: Sollte der Gemeinderat den Widerspruch der Verwaltungsspitze wieder aufheben, verlagerte sich das Haftungsrisiko auf die Schultern der Räte. „Die haften mit dem Geldbeutel“, sagt Schaal.

Der Bauausschuss ließ sich am Mittwochabend gleichwohl weder den Mund verbieten noch knickte er bei der Abstimmung ein. Rainer Müller (CDU) sagte: „Wir haben das Einvernehmen, weil es uns nicht passt, damals nicht erteilt. Das wird heute nicht anders sein. Die Briefe des Rechtsanwaltes ändern mein Bild der Sache nicht.“ Andreas Pfänder (SPD) fühlte sich „in eine Ecke naigedrängt, Rechtsanwalt hin oder her. Wo hocken wir eigentlich in diesem Gremium? Ich komme mir verschaukelt vor“.

Horst Schaal bekannte sich ehrlich zu den zwei Herzen in seiner Brust: „Die Zersiedelung der Landschaft gefällt mir auch nicht, aber wir müssen uns auf rechtlichem Grund bewegen. Wir als Verwaltung haben das Einvernehmen empfohlen, weil es ein rechtmäßiger Antrag ist.“

Die Privilegierung seines landwirtschaftlichen Betriebs wirkt für Landschaftsgärtner Gönnenwein wie ein Sesam-öffne-dich. Nicht nur die Zersiedlung des Außenbereichs durch zusätzliche acht Pferdeboxen, eine Halle und ein zweigeschossiges Haus missfällt den Gemeinderäten. Sie fühlen sich schlichtweg verschaukelt. OGL-Fraktionschef Andreas Stiene monierte, „die Privilegierung ist für die Schafhaltung, nicht für Pferdehaltung erteilt worden. Damals ging es um die Beweidung der Flächen auf unserer Gemarkung.“ Auch Ernst Maile (UFW) schüttelt den Kopf, was die Zufahrt auf der verlängerten Jägerstraße betrifft, die hinter der Ehmann-Scheuer im spitzen Winkel zum Reitstall abknickt: „Da kommt kein Lkw, kein Pferdeanhänger durch. Ich verstehe das Landratsamt nicht, dass man so etwas genehmigen kann.“

Christoph Schönleber: Nicht die beleidigte Leberwurst spielen

Nur Christoph Schönleber (SPD) beugte sich dem Diktat. Er stimmte mit Ja. Die rechtliche Situation sei eindeutig, außer, so Schönleber, man könnte „dem Landratsamt eins auf den Deckel geben“. Die Frage, die ihn beschäftige, sei, „ob die anderen bereit sind, auch den zweiten Schritt zu gehen und zu klagen, statt die beleidigte Leberwurst zu spielen. Das wäre konsequent“. Und es wäre auch möglich. Vier Räte enthielten sich der Stimme, sechs lehnten den Antrag erneut ab. Der Beschluss ist bis auf weiteres per Widerspruch aufgehoben.

Quelle: WKZ vom 12.12.2014 / Text: Hans-Joachim Schechinger

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