Nov 15 2014

Rathausbrunnen kehrt nicht zurück

Veröffentlicht von um 22:18 unter Pressespiegel

vom 14.11.2014

Technischer Ausschuss stimmt gegen Altin-Brunnen / Künstler ist enttäuscht

1990 hat der Künstler Hüseyin Altin fürs Kernener Rathaus einen Brunnen geschaffen. 2012 wurde das sprudelnde Kunstwerk abgebaut, weil es dem neuen Bürgerhaus in die Quere kam. Eigentlich hat der Gemeinderat beschlossen, es 2015 wieder aufzustellen. Doch der Technische Ausschuss hat sich nun dagegen entschieden.

Noch im Frühjahr 2014 sah alles danach aus, als würde der Rathausbrunnen Hüseyin Altins nach Jahren im Verborgenen an seinen Bestimmungsort am Rathaus in Rommelshausen zurückkehren. Immerhin hat es zu Zeiten des Bürgermeisters Günter Haußmann insgesamt rund 200 000 Mark gekostet, die weiße Marmorsäule auf dem Vorplatz anzubringen, mitsamt der unsichtbaren Technik, die so ein Brunnen erfordert und die nun im Rathausgebäude untergebracht ist. Von 1990 an plätscherte der Brunnen vor sich hin, von allen Seiten durchschaubar (siehe Bild). Der Künstler Altin wollte die Herren und Damen im Rathaus damit an ein wichtiges Demokratieprinzip erinnern: Transparenz.

Ende Januar 2014 entschied der Gemeinderat, zunächst nichtöffentlich: Der Brunnen wird Teil der Rathausplatzgestaltung, wenn das Bürgerhaus Ende des Jahres in seine finale Bauphase geht. Nun ist es so weit – und der Technische Ausschuss der Gemeinde hat entschieden, dass der Brunnen nicht wieder aufgestellt wird (bei vier Stimmen pro Brunnen, sieben Stimmen contra Brunnen und einer Enthaltung). Lieber soll die Verwaltung auf dem Rathausvorplatz Bäume pflanzen lassen und eventuell noch Sprudler oder andersartigen Wasserfluss installieren. Bauamtschef Horst Schaal wurde von den Räten beauftragt, kurzfristig einen Plan zu erstellen.

Bürgermeister Stefan Altenberger hatte ebenfalls gegen den Vorschlag gestimmt, den Schaal dem Ausschuss zuvor präsentiert hatte. Also gegen den Plan, der ein Wiederaufstellen des Altin-Brunnens vorgesehen hatte. Es handelte sich um einen Kompromissvorschlag, den Schaal zuvor mit dem Künstler selbst besprochen hatte. Das schwarze Marmormäuerchen ringsum wäre nicht mehr aufgebaut, der Brunnen stattdessen im Platzniveau errichtet worden, mit Abflussschlitzen fürs Wasser.

Altenberger: Sprudler zeitgemäß

Dazu wird es nicht kommen: Bürgermeister Altenberger würde stattdessen Wassersprudler bevorzugen, also kleine Düsen im Boden des Vorplatzes. „Das finde ich zeitgemäß.“ Vor seinem geistigen Auge sieht er dort Kinder spielen, zwischen den Sprudlern herumhüpfen – für die Kleinen sei diese Variante viel interessanter als das Altin-Kunstwerk. Seiner Ansicht nach passt der Brunnen nicht mehr zu dem Rathaus, für das er ursprünglich gestaltet wurde: „Er würde bezugslos im Raum stehen.“ Durch den Bau des Bürgerhauses sei eine ganz neue Situation entstanden. Mehr kosten würde die Installation der Sprudler nicht, als den bei der Gemeinde eingelagerten Brunnen von Hüseyin Altin wieder aufzubauen. Die Verwaltung kalkuliert beides mit rund 40 000 Euro. Zeit für lange Überlegungen bleibt nun allerdings nicht mehr. Ihm säßen die Bauarbeiter im Nacken, sagte Bauamtschef Schaal. Mit den Arbeiten am Platz solle alsbald begonnen werden.

Wenigstens an einer anderen Stelle solle das Kunstwerk in Kernen wieder errichtet werden, regten einige Räte an. Wenn nicht als funktionsfähiger Brunnen, dann eben als alleinstehende Stele, schlug etwa Sprudler-Befürworter Andreas Wersch (CDU) vor. Horst Schaal jedoch hat seine Zweifel daran, ob der Künstler diese Entscheidung mittragen würde, hat er das Werk doch seinerzeit extra fürs Rathaus geschaffen, mitsamt seiner symbolischen Bedeutung. Das sehen auch die Grünen (OGL) im Ausschuss so: Andreas Stiene, der genug von der „Modeerscheinung“ Bodensprudler hat, und Matthias Kramer, der sagte: „Wenn der Brunnen weg ist, wird er nicht wieder kommen – da brauchen wir uns nicht in die eigene Tasche zu lügen.“

Und was sagt der Künstler selbst? Hüseyin Altin zeigte sich gestern enttäuscht über die Entscheidung. Ende der 1980er Jahre habe der Gemeinderat bei einem Wettbewerb einstimmig für seinen Brunnen gestimmt, erinnert er sich. Gerne wüsste er, wie sich die Mehrheit der Kernener Bürger entscheiden würden. Kunstwerke seien wie Visitenkarten für Ortschaften, findet Altin, „und Sprudler hat heute jede Gemeinde“.

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 14.11.2014 / Text: Sebastian Striebich

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