Jul 19 2014

„Mister Handwerk“ sagt Ade

Veröffentlicht von um 21:28 unter Pressespiegel

vom 18.07.2014

Geschäftsführer Joachim Rapp ist in den Ruhestand verabschiedet worden: Jochen Alber ist der Nachfolger

Fast 33 Jahre lang ist Joachim Rapp an der Spitze der Kreishandwerkerschaft Rems-Murr gestanden. Gestern wurde der Geschäftsführer verabschiedet und sein Nachfolger Jochen Alber in sein neues Amt eingeführt worden.

In den Jahrzehnten als Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft mit ihren 17 Innungen, 5400 Betrieben und über 40000 Beschäftigten hat sich Joachim Rapp einen guten Namen gemacht, wie die Gästeliste im Welfensaal des Bürgerzentrums Waiblingen illustrierte: Abgeordnete und Kreisräte, Bürger- und Oberbürgermeister sowie die Meister, Ober-, Kreishandwerks- und zwei Ehrenkreishandwerksmeister applaudierten stehend dem scheidenden Geschäftsführer, nachdem er locker Ade gesagt hatte und keine Wehmut aufkommen lassen wollte. Den Titel „Mister Handwerk“ hat sich Rapp redlich verdient wie auch die Attribute Diplomat und Hansdampf des Handwerks, Motor und Schrittmacher, Netzwerker und Partner. Rapp hinterlässt große Fußstapfen, ahnt sein Nachfolger Jochen Alber, 39. Er werde erst gar nicht versuchen, in diese zu treten, sagte er. Die Gefahr zu stolpern sei zu groß.

Ehrenplakette der Kammer für den „Ehrengeschäftsführer“

Am 1. Januar 1982 hatte der Diplom-Volkswirt Joachim Rapp mit 31 Jahren als Geschäftsführer bei der Kreishandwerkerschaft angefangen. Gestern, am 17. Juli 2014, hat ihn die Kreishandwerkerschaft zum „Ehrengeschäftsführer“ ernannt und hat von der Handwerkskammer Region Stuttgart die Ehrenplakette überreicht bekommen. Kreishandwerksmeister Herbert Hofmaier wies in seiner Begrüßung auf einige Wegmarken der Ära Rapp hin: So seien 39 selbstständige Innungen aus Backnang und Waiblingen zu heute 19 Rems-Murr-Innungen zusammengeführt geworden. Ein Verdienst von Rapp, der hierbei das für diese Fusionen notwendige „hohes Maß an Behutsamkeit und Sensibilität“ an den Tag gelegt habe. So wie im Rems-Murr-Kreis sei dies in keinem anderen Kreis der Handwerkskammer Region Stuttgart so gut gelungen, sagte Claus Munkwitz, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer. Rapp habe moderiert, dass die fusionierten Innungen reibungslos funktionieren.

Weitere Wegmarken in der Ära Rapp waren der Neubau des „Hauses des Handwerks“, die Aus- und Weiterbildung und die Ausbildungsmesse Fokus Beruf, deren treibende Kraft Joachim Rapp gewesen sei. IHK-Bezirkskammerpräsident Claus Paal erinnerte sich an ein gemeinsam von den Spitzen der Kreishandwerkerschaft und der IHK angeschautes Fußballspiel während der Europameisterschaft 2012. Welches es war, daran erinnerte sich Paal zwar nicht, aber an das Ergebnis: Nämlich die gemeinsame Initiative zur Fachkräfteallianz im Rems-Murr-Kreis (Fair). Diese ausgeprägte Kultur der Zusammenarbeit über die Institutionen hinweg zeichne Rapp aus, betonte auch Landrat Fuchs. Mit Rapp teile er nicht nur „das Faible für überquellende Terminkalender“, sondern auch den gemeinsamen Spaß am Motorradfahren.

Die Feier im Bürgerzentrum wollte Rapp weder als eine Feier zu seinem Abschied noch zur Amtsführung seines Nachfolgers Jochen Alber verstanden wissen. Die große Gästeschar wertet er schlicht als eine „Wertschätzung für das Handwerk“. Rapp ließ seine fast 33 Jahre anhand von ein paar Zahlen Revue passieren. 65 Losprechungsfeiern hat er organisiert und fast 23000 Lehrlingen den Gesellenbrief übergeben. Einer der Lehrlinge war einst Herbert Hofmaier. Er hatte wie Tausende vor und nach ihm aus Rapps Händen die Urkunde erhalten. Ein Zeichen, wie die Karrieren im Handwerk verlaufen – vom Lehrling zum Gesellen und zum Meister.

„Es wird immer schwieriger, geeignete Bewerber zu finden“

„Es wird immer schwieriger, geeignete Bewerber fürs Handwerk zu finden“, stellte Jochen Alber fest, Rapps Nachfolger als Geschäftsführer. Er nannte drei Baustellen, die ihn im Haus des Handwerks erwarten. Außer der Sicherung des Fachkräftenachwuchses seien dies die Betriebsnachfolge im Handwerk und das Ehrenamt im Handwerk, das Alber erhalten wissen und fördern will. In vielen Innungen sei der Generationswechsel während der Ära Rapp schon vollzogen worden, so Alber.

Der gelernte Rechtsanwalt formulierte darüber hinaus vier Forderungen: Das gegliederte Schulsystem müsse erhalten und insbesondere die Realschulen gestärkt werden. Die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Handwerk seien zu wenig bekannt. Klar wandte sich Alber gegen die von der grün-roten Landesregierung geplante Reform des Gemeindewirtschaftsgesetzes, die das Handwerk zu benachteiligen drohe. Und keine Überraschung war Albers Forderung, den deutschen Meisterbrief zu erhalten. „Der Meister darf nicht dem Diktat der EU-Bürokratie zum Opfer fallen.“

Jochen Alber

Jochen Alber, 39, geboren in Waiblingen, aufgewachsen und wohnhaft in Kernen-Rommelshausen, hat laut einer Mitteilung der Kreishandwerkerschaft nach dem Abitur am Fellbacher Friedrich-Schiller-Gymnasium in Tübingen Jura studiert. Seine Ausbildung schloss er im Frühjahr 2003 mit dem Zweiten Staatsexamen ab. Seither ist er in Schorndorf und Stuttgart als Rechtsanwalt tätig. Seit 2009 verfügt er zudem über die Qualifikation als Fachanwalt für Verkehrsrecht. Von seiner Tätigkeit als Geschäftsführer im „Rathaus des Handwerks“ verspricht sich Jochen Alber eine wohl einmalige Verbindung seiner beruflichen Qualifikation mit seinem mannigfaltigen Schatz an kommunalpolitischer Gremienerfahrung. Alber ist von 1999 bis gestern CDU-Gemeinderat in Kernen und von 2004 bis 2009 Kreisrat.

Joachim Rapp

Joachim Rapp, 63, geboren in Schorndorf, aufgewachsen in Waiblingen und wohnhaft in Weissach im Tal, studierte nach seinem Abitur am Staufer-Gymnasium Waiblingen Wirtschaftswissenschaften in Stuttgart und Tübingen (mit Rechtswissenschaften), wo er auch sein Examen als Diplom-Volkswirt ablegte. Nach den ersten Berufsjahren bei einer bundesweit tätigen Unternehmensberatungsfirma wurde er durch die Obermeisterinnen und Obermeister der Kreishandwerkerschaft Rems-Murr zum 1. Januar 1982 zu deren Geschäftsführer gewählt, wobei auch insgesamt 39 Innungen zu betreuen waren. Heute sind es 17. Rapp war neben den ehrenamtlichen Kreishandwerksmeistern – Otto Frey, Gerhard Schäfer, Roland Wöhr und Herbert Hofmaier – das Gesicht des Handwerks im Kreis.

Zitate

„Wir waren Papst, wir sind Fußballweltmeister, und wir haben jetzt den Wechsel in der Geschäftsführung der Kreishandwerkerschaft Rems-Murr“ (Joachim Rapp nannte die drei markanten Eckpunkte des neuen Jahrhunderts)
„Im Gegeneinander funktioniert überhaupt nichts. Das Credo des Netzwerkers“
„Der Ruhestand hat so viel mit Ruhe zu tun wie Verstand mit stehen“. Sprichwort, zitiert von Landrat Johannes Fuchs
„Es war mir keine Stunde in den vergangenen zweiunddreißigeinhalb Jahren langweilig“ (Joachim Rapp)
„Nimm das Heft in die Hand!“ (Rapp zu seinem Nachfolger Jochen Alber)
„Was gut ist, soll gut bleiben. Es soll aber nicht alles so bleiben, wie es ist. Denn das würde Stillstand bedeuten“ (Jochen Alber)

Quelle: WKZ vom 18.07.2014, Martin Winterling

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