Jun 04 2014

Über den Umgang mit neuer Partei

Veröffentlicht von um 16:36 unter Pressespiegel

vom 03.06.2014

Örtliche Sprecher der Parteien wollen sich mit der AfD künftig auseinandersetzen. Ignorieren reicht nicht aus

Das Ergebnis der Europawahl in Kernen mit einem Stimmenanteil von 8,9 Prozent für die AfD, die Alternative für Deutschland, lässt vermuten, dass die Euro-Skeptiker auch in den hiesigen Gemeinderat eingezogen wären, wenn sie denn dafür kandidiert hätten. Das überraschend starke Abschneiden ohne Wahlkampf vor Ort lässt die Frage an die örtlichen Parteivorsitzenden aufkommen, wie sie künftig mit der erstarkten AfD umgehen wollen: Etwa sie meiden und ignorieren, wie dies der Fraktionschef der CDU im Bundestag, Volker Kauder, vorhat?

„Es ist zu einfach, dies auszusitzen“, sagt Andreas Wersch, der CDU-Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat. „Wir müssen das Ergebnis ernst nehmen. Den etablierten Parteien ist es nicht gelungen, verständlich zu machen, warum wir als Exportnation Europa brauchen. Eine gewisse Verärgerung der Bürger ist da. Es gibt fundierte Ängste.“ Wersch ruft dazu auf, sich über Parteigrenzen hinweg mit der AfD auseinanderzusetzen. „Ich habe mich daran gestört, dass versucht wird, sie in die rechte Ecke zu drängen.“ Zunächst sei es an der Zeit, das Gespräch zu suchen.

Udo Rauhut, der Vorsitzende im Ortsverbund Fellbach/Kernen der Linken, äußert sich ähnlich: „Die Entwicklung ist gefährlich, aber kein Rechtsruck. Die demokratischen Parteien müssen jetzt etwas unternehmen. Ignorieren kann man die AfD nicht mehr.“ Auch Rauhut sagt: „Die sind nicht alle rechts.“ Er kennt sogar einen ehemaligen lokalen Vorstandssprecher der Linken, der jetzt für die AfD Stimmen sammelt. „Ich hoffe, dass das eine Luftblase ist.“ Als Protestpartei habe die AfD ehemalige FDP-Stimmen eingesammelt, glaubt er.

Für eine Analyse des AfD-Ergebnisses ist es noch zu früh, meinen dagegen der Kernener FDP-Ortsvereinsvorsitzende Julian Lutz und der prominenteste Kernener FDP-Politiker, der Landtagsabgeordnete Jochen Haußmann, in einer gemeinsamen Stellungnahme. „Die AfD hat insbesondere mit zwei Themen gepunktet: die Kritik am Euro und das Thema Zuwanderung. Es wird die Zeit zeigen, ob die AfD Wähler auf Dauer binden kann und sie wirklich eine Alternative ist. Dazu gehören Programme und Personen, die nicht nur wir, sondern auch die Medien kritisch verfolgen“. Die FDP, die stark verlor, aber in Kernen deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt liegt, sei dagegen weiterhin kommunalpolitisch gut verankert, „eine gute Basis für die Landtagswahl 2016“, heißt es in der Stellungnahme.

Martin Silber, der Ortsvereinsvorsitzende der Grünen, kann sich über die guten Ergebnisse der eigenen beiden Kreistagskandidaten freuen. Auch er vermutet – bei aller Vorsicht, ob kurz nach Bekanntgabe der Ergebnisse eine fundierte Wahlanalyse möglich ist – als Ursachen für das überraschend gute Abschneiden der AfD, dass es Wählergruppen gibt, die mit den herkömmlichen Parteien unzufrieden sind: „Dies gilt nach meiner Einschätzung insbesondere für traditionelle Wähler der FDP. Parteien werden gegründet, und andere verschwinden wieder. Ich denke, wir sollten gelassen abwarten, wie die Kreisräte und Regionalpolitiker der AfD ihre für den Kreis/die Region relevanten Themen bearbeiten wollen.“ Dabei sei es wichtig, diese neuen Kreisräte einzubeziehen, in einen Dialog mit ihnen zu treten und sie an der Umsetzung ihres Kreistagsprogrammes zu messen.

Klar ist für Silber, dass der Kurs dieser Partei in der Frage der Gestaltung Europas nicht vereinbar ist mit den Zielen von Bündnis 90/Die Grünen. „Zurück zur DM – so lassen sich die wirtschaftlichen Probleme in Teilen Europas nicht lösen.“

FZ vom 03.06.2014, Hans-Dieter Wolz 

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