Jun 07 2014
Räte lehnen Aussiedlerhof erneut ab
vom 06.06.2014
Für den Kernener Bauausschuss hat das Gesuch von Landschaftsgärtner Gönnenwein noch immer ein „Gschmäckle“
Obwohl das Landratsamt Ralf Gönnenweins Baugesuch genehmigen wird, verweigern die Kernener Gemeinderäte dem geplanten Aussiedlerhof im Gewann Schafäcker das gemeindliche Einvernehmen. Gönnenwein will seinen Schafstall um acht Pferdeboxen, eine Lagerhalle und ein Wohnhaus ergänzen. „Ein unerfreulicher Beitrag zur Zersiedelung“, kritisiert das Bauamt.
Auch bei Landschaftsgärtner Ralf Gönnenweins zweitem Anlauf, den bestehenden Schafstall mit Scheune im Gewann Schafäcker zu einem veritablen Aussiedlerhof mit zwölf Pferdeboxen auszubauen, stehen aus Sicht der Gemeinderäte noch ungeklärte Fragen im Raum. Es beginnt mit der verkehrlichen Erschließung über einen Grasweg bzw. einen eingeschotterten Feldweg mit relativ engen Kurvenradien. Ob diese Zufahrt in Verlängerung der Römer Jägerstraße dem vorhersehbar zunehmenden Verkehr an Pkw und Anhängergespannen zum neuen Reitstall gewachsen sein wird, bezweifelt nicht nur das Kernener Bauamt. Bereits heute sei die extreme Belastung des beanspruchten Feldwegenetzes „unschwer an dessen schlechtem Zustand ablesbar“, argumentiert das Rathaus. Insgesamt muss der Bauherr elf Stellplätze ausweisen. Beigeordneter Horst Schaal pochte im Technischen Ausschuss erneut darauf, dass die verkehrliche Erschließung der Hofstelle gesichert sein müsse: „Ja, der Pkw-Verkehr, das sind die noch offenen Punkte bei diesem Gesuch. Man muss sich zusammensetzen. Dann geht’s in die Details.“
Der Ausschuss hatte schon im September 2012 sein Einvernehmen verweigert, unter anderem, weil Gönnenwein nicht nachweisen konnte, dass Gebäude und Freiflächen nicht auch durch seinen Garten- und Landschaftsbaubetrieb mitgenutzt würden. Die Gemeinderäte zweifelten auch an Gönnenweins Privilegierung als landwirtschaftlichem Betrieb. In beiden Punkten herrscht jetzt Klarheit. Nach Auffassung des Landwirtschaftsamtes liege eine Privilegierung unzweifelhaft vor, bestätigt nun das Bauamt. Zudem schreibe das Landratsamt Gönnenwein vor, dass er auf der Hofstelle nur landwirtschaftliche Maschinen und keine für den Gartenbau unterstellt.
Neu im Bauantrag ist die Kleinkläranlage
Im aktuellen Baugesuch hat sich gegenüber dem alten Antrag neben der Anzahl der untergebrachten Pferde im Wesentlichen nur das Thema Abwasserentsorgung verändert. In einem Retentionsteich soll das Oberflächenwasser gesammelt werden. Nördlich des Wohnhauses platziert Gönnenwein neben drei Stellplätzen eine Kleinkläranlage mit Versickerungsbeet. Dafür stellt ihm das Landratsamt eine bis 2023 befristete wasserrechtliche Erlaubnis in Aussicht. Gemeinderat Walter Zimmers (CDU) Skepsis gegenüber der Qualität der Klärleistung hielt Horst Schaal im TA entgegen: „Wir müssen davon ausgehen, dass das funktioniert.“ Und sollte es funktionieren, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass der Antragsteller auch nach 2023 um einen Anschluss an den öffentlichen Entwässerungskanal herumkommt.
Für Dieter Binder ein Unding: Der Öko-Ausgleich in Winterbach
Sollte die Methode Schule machen, mit der Ralf Gönnenwein seinen externen ökologischen Ausgleich auf legale Weise vornimmt, braucht Kernen bald nicht mehr in teure Trockenmauern vor Ort zu investieren: Der Bauherr gleicht seinen Eingriff mit der Entfernung baulicher Anlagen und der Rodung einer verwilderten Obstwiese in Winterbach aus. „Das ist ein Jenseits-Projekt, das haut mich schier um“, merkte Dieter Binder (UFW) im TA an. „Am meisten umgehauen haben mich aber die Ausgleichsmaßnahmen in Winterbach. Das kann nicht sein.“
CDU-Fraktionschef Andreas Wersch bemerkte ironisch: „Das ist Globalisierung!“ Für Bauamtschef Horst Schaal liegt diese Finte im Trend. „Da im Großraum Stuttgart kaum mehr was geht, wird das kommen, dass man gegen Geld auf fremder Gemarkung ausgleichen kann.“ OGL-Sprecher Andreas Stiene runzelte ungläubig die Stirn. „Ich habe damals zugestimmt wegen der Beweidung der Schafe, jetzt hat sich das völlig verändert. Ich habe das Gefühl, dass man über den Tisch gezogen wurde.“
Wer kontrolliert, ob der Bauherr die Auflagen dauerhaft erfüllt?
Aus leidvoller Erfahrung meinte Andreas Wersch resigniert: „Das Landratsamt ja hat immer recht.“ Dabei werde der Erwerbsobstbau links und rechts durch die neuen Anlagen in seiner Privilegierung eingeschränkt. „Die Privilegierung des Antragstellers stellen wir nicht infrage, aber das ist ein Gesamtpaket. Ich bitte die Verwaltung, noch einmal nachzufassen.“ Das wird nicht geschehen. Walter Rall (OGL) enthielt sich der Stimme, da Gönnenwein baurechtlich wohl auf der sicheren Seite sei. Auf einem andern Blatt steht indes, wer die Umsetzung dieser baurechtlichen Vorschriften später kontrolliert. Neun Gemeinderäte sehen das kritisch. Sie legten ihr Veto ein.
Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 06.06.2014 / Text: Hans-Joachim Schechinger