Jun 07 2014

Privilegiertes Bauen hat machtlose Gegner

Veröffentlicht von um 18:22 unter Pressespiegel

vom 06.06.2014

Technischer Ausschuss lehnt Aussiedlerhof ab – wohl vergebens

Ein lose befestigter Schotterweg führt, von der Jägerstraße weg, eine Anhöhe hoch zu einigen Scheuern. Dort, mitten in der freien Landschaft im Gewann Schafäcker, soll die schon überbaute Fläche durch weitere landwirtschaftliche Gebäude verdoppelt werden: Zwölf Pferdeboxen, eine Maschinen- und Lagerhalle, elf Stellplätze und als Krönung an der höchsten Stelle im Osten des Grundstücks ein zweigeschossiges Wohnhaus mit 180 Quadratmeter Wohnfläche sollen entstehen. ‚Ein erklecklich großes Anwesen‘, wie Kernens Beigeordneter Horst Schaal sagte. Der Technische Ausschuss lehnte den Wunsch in seiner Sitzung am Mittwochabend klar ab: Nicht ein einziger Gemeinderat wollte zustimmen.

Doch wie schon bei anderen Gelegenheiten scheint der Widerstand der gewählten Bürgervertreter aussichtslos: Nach Auffassung des Landwirtschaftsamts im Rems-Murr-Kreis ist der Antragsteller ein Landwirt, und die Erweiterung dient seinem Betrieb. Trotz örtlicher Zweifel daran ist der Antragsteller in diesem Fall privilegiert und darf im Außenbereich bauen.

Bauamtsleiter Horst Schaal muss sich widerstrebend dieser Vorgabe beugen. Er formulierte in der Vorlage an die Gemeinderäte: ‚Auch wenn mit dem beantragten Bauvorhaben wiederum ein mehr als unerfreulicher Beitrag zur zunehmenden Zersiedlung des Außenbereichs geleistet wird, erscheint – unter rein rechtlichen Gesichtspunkten betrachtet – eine mögliche Verweigerung des gemeindlichen Einvernehmens als nicht unproblematisch.‘ Im Klartext heißt das: Die Kernener müssen eigentlich zustimmen. Das Landratsamt als Baugenehmigungsbehörde kann sich über ihre Weigerung hinwegsetzen und das örtliche Einvernehmen notfalls ersetzen.

‚Ein jenseits Projekt, das haut mich schier um‘, sagte der UFW-Gemeinderat Dieter Binder und wunderte sich darüber, dass dieser Landverbrauch und Eingriff in die Natur anstatt in Kernen in Winterbach ökologisch ausgeglichen wird: ‚Es kommt der Tag, da wird in Afrika als ökologischer Ausgleich für hiesige Bauten ein Baum gepflanzt.‘

Nur der eingeschotterte Weg mit relativ engen Kurvenradien und ein schlichter Gras- und Erdweg stehen für den zu erwartenden Fahrverkehr von Pferdebesitzern zu ihren Lieblingen zur Verfügung. Kernens Bauamtsleiter Horst Schaal und die Gemeinderäte halten diese Erschließung zum geplanten Gebäudekomplex nicht für ausreichend. Er hat angekündigt, dass die Gemeindeverwaltung den Feldweg nicht ausbauen muss und dies auch nicht wird. Stattdessen will er vertraglich mit dem Bauherrn festlegen, wie die Zufahrt in Breite und Material auszusehen hat. Der Ausbau geht dann auf dessen Kosten.

Einwände kommen auch aus der Landwirtschaft. Sie richten sich unter anderem gegen die Retentionsmulde, in der das Regenwasser versickern soll. Ein Landwirt befürchtet, dass das Wasser auf seiner Fläche unterhalb davon wieder an die Oberfläche tritt. Zu befürchten seien auch einschränkende Auflagen für den Betrieb der Grundstücksnachbarn, wenn Spritzmittel angewendet werden sollen. ‚Wird durch das Vorhaben die Privilegierung anderer Landwirte eingeschränkt?‘, fragte Andreas Wersch (CDU) ziemlich spitz.

Auflagen hat auch das Landratsamt angekündigt. Der Bauherr dürfe keine Saisonarbeiter dort unterbringen und müsse seinen Gartenbaubetrieb strikt vom Pferdehof trennen. Er darf also auch kein Material mehr dort lagern. Mangels effektiver Kontrolle sei aber Missbrauch Tür und Tor geöffnet, befürchten Gemeinderäte. Der OGL-Fraktionsvorsitzende An¬dreas Stiene wies darauf hin, dass er nur wegen der geplanten Weide der Schafe auf Streuobstwiesen den ersten Bauten zugestimmt habe. Weiteres lehnte er ab, ‚weil ich das Gefühl habe, dass wir über den Tisch gezogen worden sind‘.

Quelle: FZ vom 06.06.2014 / Text: Hans-Dieter Wolz

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