Apr 06 2013

Anwälte verdienen gut an Kernen

Veröffentlicht von um 21:18 unter Pressespiegel

vom 05.04.2013

Anwaltshonorare wegen der Rechtshändel ums Bauprojekt Bürgerhaus im Jahr 2012: 20 000 Euro

Bei Rechtsstreitigkeiten mit Bürgern ist die Gemeinde Kernen verstärkt auch finanziell gefordert. Von 35 000 Euro, die sie 2012 für anwaltliche Beratung in Bausachen ausgab, entfielen 20 000 Euro aufs Bürgerhaus. Ausgestanden ist der Streit noch nicht. Und auch die Glockenkelter wird 2013 noch vor dem Verwaltungsgerichtshof verhandelt.

Ein Fachanwalt berechnet pro Stunde 200 Euro. In den mindestens 23 000 Euro, die Kernen im Jahr 2013 für Anwaltshonorare veranschlagt, sind auch Geldbatzen für Bürgerhaus und Glockenkelter enthalten. In beiden Fällen waren Anwohner wegen befürchteter Lärmbelästigungen vors Verwaltungsgericht gezogen. Juristen verdienen derzeit gut in Kernen, und zwar nicht nur als Anwälte der Gemeindeverwaltung vor Gericht. Von den 35 000 Euro, die Kernen 2012 an Rechtsbeistände zahlte, flossen 15 000 in die fachliche Beratung bei neuen Bebauungsplänen, acht an der Zahl. „Das sind ganz normale Planungen“, sagt Beigeordneter Horst Schaal, „die Rappenäcker, Tulpenstraße, die Allmandländer und so weiter, auch die Hangweide“. Wobei auch hier in einem Fall ein Streitfall mit einer Privatperson auszufechten sei.

Horst Schaal will die hohen Anwaltskosten relativieren und dem Eindruck begegnen, die Kommune sei ein Streithansel. Das Gegenteil sei wahr. In der Streitsache Bürgerhaus wolle er sich mit dem Kläger noch einmal zusammensetzen, bevor der Fall nächstinstanzlich vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim landen könnte. „Da sind wir planerisch weit entgegengekommen“, sagte Schaal gestern. So sei das Lärmproblem durch Fahrverkehr aus der Rathaustiefgarage mit dem Ausfahrtstreifen an der Ostseite des Bürgerhauses gelöst worden. Auch die Betriebszeiten fürs Straßencafé am Rathausplatz mit Schließzeiten um 22 Uhr halte er für verträglich.

Schaal: „Ich hab die Hoffnung, dass wir zusammenkommen“

Die Fälle Glockenkelter und Bürgerhaus sind durchaus vergleichbar. Doch während Erstere in einigen Monaten vor dem Verwaltungsgerichtshof Mannheim verhandelt wird, hofft der Kernener Bauamtschef das Streitthema Bürgerhaus noch „friedlich hinzukriegen. Ich habe die Hoffnung, dass wir zusammenkommen.“ Wie es mit dem Widerspruch eines Anliegers gegen den Kirbelärm in den Römer Kirchgärten weitergeht, war gestern nicht ganz klar. Schaal geht davon aus, dass hier die Kuh vom Eis ist. Die 15 000 Euro Beratungskosten, die 2012 bei der Erstellung der acht Kernener Bebauungspläne anfielen, seien weder Streit mit Bürgern geschuldet noch ungewöhnlich hoch, betont er.

Die 20 000 Euro an Anwaltshonoraren waren 2012 aber nur ein Kostenfaktor im Gefolge der Klagen gegen kommunale Bauprojekte. Zu Buche schlugen bei Bürgerhaus und Glockenkelter auch Zusatzkosten durch Bauverzögerung und gerichtliche Auflagen, wobei Letztere, nämlich die teure Schalldämmung der Glockenkelter, das Gebäude substanziell verbessert hat. Ohne echten baulichen Nutzen ins Geld lief der gerichtlich erwirkte Baustopp am Bürgerhaus. Laut Horst Schaal fordert das Bauunternehmen für den Baustillstand je Monat nachträglich 24 000 Euro, in der Summe rund 50 000 Euro. Bisher kostete die Klage gegen das Bürgerhaus die Gemeinde demnach rund 70 000 Euro. Wofür der Einsprecher nichts kann: Verzögerungen auf der Baustelle durch den harten Winter.

Kirgis: Auch Interessen des Gemeinwohls berücksichtigen

In seiner Haushaltsrede kam SPD-Fraktionschef Hans-Peter Kirgis auf die Einsprüche und Klagen besorgter Anwohner öffentlicher Einrichtungen zu sprechen, Bürger also, die ihre Rechte durch die Gemeinde beeinträchtigt sehen. „Bei allem Verständnis für die Belange unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger“, so Kirgis, „hat der Gemeinderat bei allen seinen Entscheidungen neben den Rechten Einzelner die Interessen des Gemeinwohls zu berücksichtigen“. Der Sozialdemokrat beklagte, „nicht selten haben in den letzten Jahren Bauverzögerungen durch Klagen von Anwohnern vor dem Verwaltungsgericht und dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zu erheblichen Mehrkosten geführt“. Horst Schaal teilt diese Einschätzung, auch wenn er das demokratische Recht des Bürgers hochhält, sich auf dem Rechtsweg gegen Entscheidungen von Behörden und Gemeindeparlamenten zu wehren. Es gebe da eine „emotionale Seite“, sagt Schaal. „Es tut einem weh, wenn die Gegenseite nicht zur Kenntnis nimmt, da hat man noch mal korrigiert und verbessert. Es wäre schön, wenn man das anerkennen würde.“

Quelle: WKZ vom 05.04.2013 / Text: Hans-Joachim Schechinger

Anmerkung
Die CDU-Fraktion hat in den Etatberatungen zum Haushalt 2013 die folgende schriftliche Anfrage gestellt, die Anlass zur Diskussion im Gremium und schlussendlich auch für den unten stehenden Folgeantrag war:

„Seit einigen Jahren ist es immer wieder erforderlich, Sachverhalte z.B. bei Bauvorhaben oder Grundstücksverkäufen juristisch prüfen zu lassen. Zudem nehmen die Einsprüche von Bürgerseite spürbar zu, oftmals leider auch unbegründet. In allen Fällen ist jedoch eine juristische Beratung erforderlich. Wie hoch beziffert die Verwaltung die Kosten für anwaltliche Beratungen im Jahr 2012? Welche Mittel sind im Planentwurf für das Jahr 2013 angesetzt?“

In der Folge der weiteren Etatberatungen wurde gemeinsam mit den Fraktionen von UFW, SPD und OGL der folgende Antrag formuliert:

„Gemeindeverwaltung und Gemeinderat werden zunehmend in nahezu allen Baumaßnahmen und Planungen von einer stattlichen Anzahl von externen Planern, Beratern und Architekten sowie von Rechtsanwälten beraten und betreut. Die dabei entstehenden Beratungskosten dürften zwischenzeitlich eine Höhe erreicht haben, die dem Gemeinderat im Detail nicht bekannt ist. Wir beantragen deshalb, dem Gemeinderat zeitnah eine Liste mit sämtlichen Beratungskosten, getrennt nach Kosten für Planungen, Gutachten und Anwaltsgebühren über alle Unterabschnitte des Verwaltungs- und Vermögenshaushalts zu erstellen“.

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