Feb 09 2013
Wir werden für dieses Bauwerk geprügelt
vom 09.02.2013
Im Gemeinderat entflammt Diskussion um das Hochwasserrückhaltebecken Krebenweg.
Stefan Altenberger war der Unmut deutlich anzumerken. Der Kernener Bürgermeister verstand nicht, warum im Gemeinderat erneut eine Grundsatzdiskussion um das Hochwasserrückhaltebecken (HRB) Krebenweg in Stetten entflammte. Vor allem, aber nicht nur, Mitglieder der CDU kritisierten die Auswirkungen auf Landschaft und Kleinklima im Stettener Tal sowie die Kosten.
Das Thema sei mehrmals vorberaten worden, und er habe nie den Eindruck gehabt, dass das HRB nicht gewünscht sei, sagte Altenberger. ‚Falls der Gemeinderat einen negativen Beschluss fällt, müsste ich fast widersprechen, um Schaden von Stetten abzuwenden.‘ Am Ende war dieser Schritt nicht nötig. Nach einstündiger Diskussion stimmten neun Räte zu, die Variante 3K als Grundlage für die weitere Planung anzuerkennen und einen Antrag auf Fördermittel von bis zu 70 Prozent der Investitionssumme, also rund 2 Millionen Euro, beim Regierungspräsidium zu stellen. Zwei Gemeinderäte lehnten den Beschluss ab, sieben enthielten sich.
Die vom beauftragten Ingenieurbüro in Absprache mit den zuständigen Behörden und Naturschutzverbänden favorisierte Variante 3K kostet brutto rund 3,725 Millionen Euro. Dafür bekommt die Gemeinde ein offenes Auslassbauwerk mit einer lichten Breite von zehn Metern, einer fünf Meter breiten Krone und einen sieben Meter hohen Damm, von der Bachsohle aus gerechnet. Zur Tälesstraße leicht überhöht wird ein Notüberlauf ausgebildet. Der Bach fließt frei und offen durch das Becken, das 120 000 Kubikmeter Wasser fasst.
Das neue Hochwasserrückhaltebecken werde die Landschaft verändern, sagte Andreas Wersch, der Fraktionsvorsitzende der CDU: ‚Wir werden für dieses Bauwerk geprügelt werden.‘ Bauamtsleiter Horst Schaal kann die Sorgen verstehen. Er würde den Damm gerne ‚ein ‚bissle naturnah reinmodellieren‘. Den Einwurf von CDU-Rat Jochen Alber, dass Kernen etwas schaffe, was der Nachbargemeinde zugute komme, die aber nichts dazu gebe, wollte Schaal nicht gelten lassen. Der Damm schütze primär Stetten, sein Einfluss auf Weinstadt sei marginal. Das Kleinklima werde durch das Bauwerk kaum gestört, weil die Kaltluft über den Damm hinweg streiche.
Eine gesetzliche Verpflichtung, sich auf ein Hochwasser, wie es alle hundert Jahre vorkommt (HQ100), einzustellen, gibt es nicht. ‚Es wird empfohlen, aber es ist kein Muss‘, sagte Horst Schaal. Auf diese Diskussion wollte sich der Bürgermeister aber gar nicht einlassen, für ihn ist das HRB alternativlos. ‚So wie es jetzt ist, haben wir keinen ausreichenden Schutz.‘ Zu sagen, in den vergangenen zehn Jahren ist nichts passiert, also wird auch in den nächsten zehn Jahren nichts passieren, gehe nicht. ‚Ich möchte meinen Kopf nicht hinhalten müssen.‘ Zumal sich ein HRB, ausgelegt auf HQ50, also ein Hochwasser, wie es alle 50 Jahre vorkommt, in der Höhe des Dammes gerade mal mit 75 Zentimetern weniger auswirke.
Eine solch teure freiwillige Investition sei nur machbar, wenn man es sich leisten kann, argumentierte Andreas Wersch. Zudem sei der Preis angestiegen, die Fördermittel noch nicht sicher. Tatsächlich seien zu Beginn 2 Millionen Euro im Raum gestanden, nun habe sich die Summe fast verdoppelt, sagte Schaal. Der Fördertopf des Landes sei seines Wissens nach voll, aber sicher könne man nicht sein, solange der Antrag nicht positiv beschieden sei. Was den künftigen Anblick anbelangt, so könnte sich auch Altenberger vorstellen, das HRB ‚vom Landschaftlichen her einzupflegen‘.
Unauffällig ist der bisherige, zu niedrige Damm des Rückhaltebeckens Krebenweg in die Landschaft eingepasst.
Fellbacher Zeitung vom 09.02.2013, Eva Herschmann
Foto: Hans-Dieter Wolz