Jul 14 2012

Bürgerhaus sprengt 8-Millionen-Limit

Veröffentlicht von um 11:30 unter Pressespiegel

vom 13.07.2012

Wünsche, Planungszwänge und konjunkturbedingte Preissteigerungen treiben die Kosten auf 8,6 Millionen Euro

Kernen-Rommelshausen. Darf das reiche Kernen großzügig über die schleichende Kostenexplosion bei seinem Bürgerhaus hinwegsehen? Anfangs war von 6,5 Millionen die Rede. Im Januar 2011 wurden die Bruttobaukosten auf 7,8 Millionen beziffert. Wünsche, etwa eine teurere Küche, und Planungszwänge trieben die Kosten mittlerweile auf über acht Millionen Euro. CDU-Gemeinderat Jochen Alber wird es so langsam schwindelig. Nicht nur er fordert jetzt einen Deckel.

Im September, also Wochen vor der Kirbe, sollen die Tiefbauarbeiten fürs Kernener Bürgerhaus starten. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte betrifft das Geld. Dabei ist für Jochen Alber, der im Gremium wiederholt vor einer unkontrollierten Kostenentwicklung gewarnt hatte, das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. „Wir sind jetzt beim Doppelten der ursprünglichen Bausumme angelangt“, sagte er erbost. „Wir müssen Luft rauslassen und die Sache einem Controlling unterziehen.“

Zwei Fehler prangerte der Jurist im Blick auf Bauplanung und Kostenfortschreibung an. Weder sei die Baukommission als Kontrollinstanz regelmäßig beteiligt gewesen, noch habe der Gemeinderat ein Kostenlimit beschlossen. Der Realschulneubau habe beispielhaft vorgeführt, wie man Kompromisse macht, gab er seinem Ratskollegen Hans-Peter Kirgis recht. „Die Kommission soll jetzt die Zahlen ansetzen und über den Deckel reden. Dann stimmen wir ab.“
Den Planungsschritten des Architekturbüros Auerbacher folgend, stiegen die Bruttobaukosten gegenüber Januar 2011 um 316 000 Euro auf rund 8,116 Millionen. Für etliche Gemeinderäte ist da eine rote Linie überschritten. Nicht enthalten in dieser Berechnung sind aber konjunkturbedingte Preissteigerungen, die das Statistische Bundesamt auf rund sechs Prozent (Kostenindex) seit Anfang 2011 beziffert.

Vergabe der Rohbaugewerke um 375 000 Euro teurer

Das entspricht weiteren Zusatzkosten von circa 487 000 Euro. Allein die europaweite Ausschreibung der Rohbaugewerke, für die wegen der konjunkturbedingt hohen Auslastung des Baugewerbes nur zwei Bieter Unterlagen einreichten, erbrachte eine Steigerung gegenüber dem Kostenansatz des Architekten um 375 000 Euro. Das entspricht 17,8 Prozent. Mit anderen Worten: Wenn aus der Planung qua Vergabe Fakten werden, kann der Preis das Dreifache des steigenden Kostenindex erreichen.

Zu den Kostentreibern, die sich dem fortgeschriebenen Bauprogramm verdanken, zählt die Küche, die sich auf Wunsch der örtlichen Gastronomen von einer Catering-Küche zu einer „Aufbereitungsküche“ (Horst Schaal) mauserte. Das Ausbauniveau nähert sich dem einer vollwertigen Kochküche und kostet den Steuerzahler 180 000 Euro. Volker Borck (CDU) fragte nach dem Nutzen. Schultes Altenberger verglich den Standard mit dem in der Glockenkelter, der zur Zufriedenheit der Gastronomie genutzt werde. „Die Gastronomie hat sich im Bürgerhaus Mühe gegeben, herunterzufahren, aber immer unter dem Aspekt: Wir sind nicht nur Caterer, sondern wir haben einen höheren Anspruch.“

So einfach wollen es sich die Gemeinderäte nicht machen. UFW-Fraktionschef Hans Dietzel reagierte erschrocken. Er beklagte, die Baukommission habe über ein Jahr nicht mehr getagt. OGL-Ratskollege Walter Rall hakte ein: „Seit der Besichtigungsfahrt mit der Baukommission war nichts mehr. Ich muss das bemängeln.“ SPD-Fraktionssprecher Hans-Peter Kirgis erinnerte an diese Ausfahrt nach Freiberg: „Damals waren wir für eine Catering-Küche, nicht für eine Vollküche.“ Ihn, Kirgis, grause vor Zahlen wie neun oder zehn Millionen. Bei der Realschule habe man gute Erfahrungen beim Abspecken gemacht nach dem Motto: „Machbares und nicht Luxus.“ Der SPD-Mann betonte, er wolle bei der Endabrechnung nicht mit 9,5 Millionen Euro dastehen, wenn man einmal bei 6,5 Millionen war. „Wir kommen am Baukostenindex und auch am Standard nicht vorbei. Aber bei 8,5 Millionen müssen wir aufhören.“ OGL-Fraktionschef Andreas Stiene legt strengere Maßstäbe an. „Am Anfang waren wir bei 6,5 Millionen, dann hatten wir eine 8-Millionen-Deckelung. Über acht Millionen ist einfach zu viel. Da müssen wir was finden, wie wir das einhalten.“ Zumal gar nicht sicher ist, ob die Zuschüsse aus dem Landesfördertopf eins zu eins ausgezahlt werden. „Wir führen die Kosten im Sanierungsprogramm nach“, sagte Schaal. „Das kann auch so weitergehen. Eine 100-prozentige Sicherheit haben wir nicht.“

Jedenfalls, so Schaal: „Sie werden nicht mehr als 200 000 bis 300 000 Euro herunterstreichen können. Und da geht’s an die Qualität. Bei 6,5 Millionen haben Sie sich etwas vorgemacht.“ Richtig sparen könne man nur bei der Kubatur, aber da sei „die Katz da Boom nuff“, so der Amtschef.

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung 13.07.2012 / Hans-Joachim Schechinger

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