Nov 17 2011

Verschwundene Wahlplakate

Veröffentlicht von um 23:40 unter Pressespiegel

vom 11.11.2011

Bürgermeister Altenberger entschuldigt sich für eine Bauhof-Aktion, aber die verwundert weiterhin

Es sind die Tage vor dem 27. November, dem Datum der Volksabstimmung über das Bahnprojekt Stuttgart 21. In diesen Tagen hängen in Städten und Dörfern Baden-Württembergs Befürworter und Gegner des Ausstiegsgesetzes ihre Plakate auf, auch in der Gemeinde Kernen. Aber in Kernen reißen ausgerechnet Bedienstete der Gemeindeverwaltung die Druckwerke mit dem „Nein“ zum Kündigungsgesetz – was bedeutet, den unterirdischen neuen Bahnhof zu befürworten, das Projekt Stuttgart 21 – gleich wieder ab. Solch ein Fauxpas, eine Art Benachteiligung im Vorfeld einer Wahl durch eine Behörde, kommt natürlich nur aus Versehen vor. Aber sie geschieht in Kernen.

So entwickelt sich eine Provinzposse: Die nimmt ihren Ursprung bei einer ungewöhnlichen bürgerlich-sozialen Großkoalition der Jugendorganisationen. Mitglieder der Jungen Union (JU), der Jugendorganisation der CDU, die Jungen Liberalen (Juli), für die FDP und die Jungsozialisten (Juso), der sozialdemokratische Nachwuchs, machen sich gemeinsam auf, für ein Ja zu Stuttgart 21 zu streiten: „Nein zum Kündigungsgesetz“ heißt es darauf folgerichtig. Ihr Denkfehler ist aber: Zwei der 20 bis 25 Plakate hängen sie in die Baumreihe auf der Mittelinsel zwischen den beiden Kreisverkehren am östlichen Rand „Roms“. Aus Gründen der Verkehrssicherheit hat der Gemeinderat in einer Plakatierungsrichtlinie Werbetafeln dort verboten. Der Bürgermeister greift ein: Stefan Altenberger schickt den Gemeindebauhof, um die beiden Wahlbotschaften zu entfernen.

Der beauftragte Bauhof-Mitarbeiter denkt weiter als sein Chef, aber verkehrt. Er sieht viele solcher gedruckter Aufforderungen zum „Nein“ ohne den in der Plakatierungsrichtlinie vorgeschriebenen Erlaubnis-Punkt aus dem Rathaus und nimmt diese deswegen ebenso von Straßenlaternen und Bäumen ab. Angeblich weiß er nicht, dass die Beamten im Rathaus aus Vereinfachungsgründen für die Volksabstimmung auf den Punkt verzichtet haben.

Nun protestieren die örtlichen Parteigrößen beim Bürgermeister. Altenberger bittet für seinen Bauhof um Entschuldigung und weist diesen an, die „Nein-Plakate“ wieder aufzuhängen. Auf eine Anfrage unserer Zeitung hin meldet der Bürgermeister am Mittwochabend nach Rückfrage beim Bauhofleiter Vollzug: Die Werbung um „Nein“-Stimmen ist wieder angebracht, bis auf die zwei von der Baumreihe.

Am Abend des Mittwochs sind aber die Hauptstraßen voller „Ja“-Plakate der Befürworter des Ausstiegs aus Stuttgart 21. Fast 40 zählt unsere Zeitung auf einer Fahrt durch Kernen. Viele sind nahe der Stellen, die zuvor Stuttgart-21-Befürworter besetzt hatten, klagen CDU, FDP und SPD. Deren „Nein“-Wahlvorschlag bleibt unscheinbar, ist nur sechsmal am Straßenrand zu finden. Fragt sich, wo der Rest von deren Plakate eigentlich geblieben sind.

Quelle: Fellbacher Zeitung vom 11.11.2011 / Text: Hans-Dieter Wolz

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