Sep 22 2011

Glaspalast braucht feuerhemmendes Material

Veröffentlicht von um 00:42 unter Pressespiegel

vom 21.09.2011

Für 225 000 Euro werden die Haldenschule und das Rathaus im Brandschutz fit gemacht

Etwas mehr als 20 Jahre ist das Rathaus nun alt, modern anzusehen, ein einstiger Sieger eines Wettbewerbs, und von einem renommierten Architektenbüro sorgfältig geplant – sollte man meinen. Um mehr überrascht, dass das junge Rathausgebäude „brandschutztechnische Mängel“ aufweist. 225 000 Euro muss die Gemeinde Kernen für Umbauten und Einrichtungen des Brandschutzes in den nächsten drei Jahren im Rathaus und in der Haldenschule ausgeben, letzteres aber, ein Jahrzehnte älteres Gebäude, benötigt nur 40 000 Euro davon.

Ein Teil des Umbaubedarfs ist offenbar auf verschärfte Vorschriften zurück zu führen. Besonders bedenklich ist aber die Erkenntnis, dass im Glaspalast der Verwaltung offenbar schon in der Bauphase Auflagen zum Brandschutz, die in der Baugenehmigung verlangt waren, nicht ausgeführt worden sind. Jedenfalls sind Brandschotts zur Brandabschnittsbildung nicht realisiert worden. Und von der vorgeschriebenen Sicherheitsbeleuchtung ist im Rathaus nichts zu finden, „aus welchen Gründen auch immer“, wie es hilflos in einer schriftlichen Vorlage der Verwaltung an den Gemeinderat heißt.
Bekannt waren die Probleme offenbar seit 2007. Geschehen ist aber nichts, außer Auftragsvergaben an Gutachter. Als erstes Ergebnis hatten brandsachverständige Ingenieure sogar noch wesentlich weitergehender und teurere Umbauten verlangt als jetzt das zweite Gutachterbüro: Es ging damals um neue zu bauende Rettungswege und Treppenanlagen. Darauf unterblieben die Einbauten.

Jetzt hat die Verwaltung in Kernen dem Gemeinderat ein neues Gutachten vorgelegt, das vom Ingenieurbüro Backes (ZeBraS) in Uhingen stammt. Verfasst ist das kundige Werk allerdings von einem in „Rom“ gut bekannten Brandschutzsachverständigen, nämlich dem früheren Kommandanten der Abteilung Rommelshausen in der Freiwilligen Feuerwehr und noch aktiven Mitglied Christian Fischer. Seine Empfehlungen liegen vom Preis her deutlich unter den vorherigen Maximalforderungen und stützen sich neben der Forderung nach einer Schleuse in der Tiefgarage zum Haupttreppenraum und den Umbau aller Glastüren zum Treppenhaus als rauchdichte und selbstschließende Türen auf den Einbau eines rauchmelder-gesteuerten Rauch- und Wärmeabzugs einschließlich von Zuluftflächen. Auch der notwendige Treppenraum an der Südostseite ist zu den Geschossen bis zur Rohdecke mit feuerhemmenden und rauchdichten Türen abzutrennen. Ebenso müssen auch die Flure vom Foyer abgetrennt werden.

In Zukunft wird damit das Foyer im Fall eines Brandes automatisch entraucht. Durch die akustische Alarmierung mittels des Rauchmelders wird Besuchern und Mitarbeiter ermöglicht, das Gebäudes schnell zu verlassen. Die Menschen, die sich nicht im betroffenen Brand- und Rauchabschnitt aufhalten, sind so keiner direkten Gefahr ausgesetzt, schreibt Christian Fischer sinngemäß. Auch die Sicherheitsbeleuchtung wird nachgerüstet.

Der Beigeordnete Horst Schaal lobte die „kostengünstigeren und pfiffigeren Lösungen“, die Bürochef Christof Backes in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats vortrug. Dieser sagte: „Brandschutz muss auch bezahlbar sein. Maximale Sicherheit gibt es zu bezahlbaren Preisen nicht.“ Die Vorschläge sollen nach einem einstimmigen Beschluss des Gemeinderats nun schrittweise in den Jahren 2011 bis 2013 realisiert werden.

Der Bau des Bürgerhauses hilft dabei, die Brandschutzkosten in der Rathaus-Tiefgarage zu drücken: So kann der beanstandete Müllraum aus der Rathaus- in die Bürgerhaus-Tiefgarage verlegt werden. Die Querlüftung wird verbessert, weil die beiden Tiefgaragen verbunden sind. Dies erlaubt auch, Lichtschächte zu verschließen, die zuvor einen Brandüberschlag aus dem Keller in die Büros befürchten ließen. Trotzdem gibt es für die Gemeindeverwaltung für 185 000 Euro viel zu tun.

Für die Kernener Feuerwehr zeigte sich deren Kommandant, der CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas Wersch, mit den Aussagen des Gutachtens einverstanden und wies darauf hin, dass auch von der Kernener Feuerwehr beanstandete Mängel im Gutachten beachtet worden sind. Dass die Brandmeldeanlage direkt auf den Leitstand der Feuerwehr aufgeschaltet wird, fand er aber tagsüber für entbehrlich. „Das ist eine reine Stütze für die Feuerwehr“, sagte Christof Backes – offenkundig etwas verwundert – auf den Einwand. Dennoch hielt Wersch daran fest, dass die Kernener Feuerwehr damit klarkomme.

In der Haldenschule, so wurde ausdrücklich betont, ist der Betrieb nicht gefährdet. Allerdings fordert das Ingenieurbüro Backes, dass künftig das Treppenhaus frei von Brandlasten sein soll. Das bedeutet auch, wie OGL-Gemeinderätin verwundert feststellte, dass dort keine Bilder aus dem Unterricht mehr aufgehängt werden dürfen. „In dieser Situation eines einzigen Treppenhauses gibt es keine Kompromisse“, blieb Christof Backes hart.

Quelle: Stuttgarter Zeitung vom 21.09.2011 / Text: Hans-Dieter Wolz

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