Jul 03 2011

Claus Paals Energiewende

Veröffentlicht von um 13:48 unter Pressespiegel

vom 02.07.2011

Nach dem Atomausstieg: Während an der Basis manche noch hadern, keimt bei Vordenkern der CDU Aufbruchstimmung

Sie tragen Norwegerpullis, Parkas, Palästinenser-Halstücher, die Locken wallen ihnen über die Schultern, die Bärte zauseln ihnen auf die Brust, sie haben einander untergehakt, dicht an dicht kauern sie, manche haben die Augen inbrünstig geschlossen, aber die Münder stehen ihnen offen: Wahrscheinlich skandieren sie gerade eine Parole oder singen ein Protestlied.

Das historische Foto von Anti-AKW-Kämpfern bei der Sitzblockade prangte diese Woche in der „taz“. Die Überschrift dazu lautete: „So sehen Sieger aus!“
Die Energiewende der schwarz-gelben Regierung – für manche alten CDU-Parteigänger muss das eine identitätsverstörende Demütigung sein: Jahrzehntelang haben wir für die Atomkraft gestritten, haben „Recht hat er!“ gegrollt, wenn unser MdB Paul Laufs gegen diese Technikverweigerer wetterte, die unsere Industriegesellschaft zugrunde richten wollen – und jetzt sollen die Langhaarigen gewonnen haben?!

Hadern, zweifeln, grummeln: Es gibt diese Strömung in der CDU. Aber die Partei-Avantgarde ist längst woanders, sie weiß: Mit Nachkarterei lässt sich kein Rädchen Wurst vom Brot ziehen, die Vergangenheit ist vergangen, und in der Zukunft gibt es viel zu gewinnen, für das Land, die Umwelt, Industrie, Gewerbe, Handel, für uns, für mich. In diesem Entwicklungslabor zur energetischen Neuerfindung der Partei profiliert sich der Landtagsabgeordnete Claus Paal schon länger als wacher Kopf.

Selbst der Small Talk gerät energie-fachmännisch

Donnerstagabend, Paal hat ins Grunbacher Forum der Schnaithmann Maschinenbau GmbH eingeladen zu einem Info-Abend über Energie. Da steht er, schüttelt Hände – und kaum, dass man sich’s versieht, ist der Vorab-Small-Talk in enthusiastische Fachsimpelei umgeschlagen: Hochspannendes Thema, schwärmt Paal, regenerative Erzeugung, dezentrale Speicherung! Solarstrom lässt sich in einem innovativen Verfahren in Methan verwandeln, und das Gas kann man dann zu Hause im eigenen Tank lagern – „in zehn Jahren kopple ich mein Haus vom Stromnetz ab!“

Ist es richtig, bis 2022 alle AKW abzuschalten? „Da geh ich gar nicht weiter drauf ein“, sagt Paal in seiner Rede den 80 Gästen, der Beschluss ist „Fakt“, jetzt wartet „die Herausforderung. Wir wissen nicht, wo überall noch Probleme auf uns zukommen werden. Momentan . . . gehen wir doch einfach mal vorwärts!“

Es folgen vier faktensatte Vorträge. Ein Professor von der Hochschule Mannheim lässt durchklingen, dass er die Solarenergie nicht für die Mutter unseres Zukunftsglücks hält. „Nachts scheint die Sonne nicht.“ Und viele Solarzellen auf deutschen Dächern „kommen inzwischen aus China, und so bezahlen Sie die Förderung für die Chinesen mit, meine Damen und Herren!“ Da bleibt ein „Beigeschmack“; das „ei“ dehnt er genießerisch wie ein Diphtong-Gourmet. Andererseits: Die Energiewende ist eine „schöne Herausforderung, wir sind Technologieland, wir packen das!“

Ein Doktor von der Uni Stuttgart listet ebenfalls „Herausforderungen“ auf: Stromspeichertechnik? Steht erst am Anfang. Stromnetzausbau? Noch viel zu tun. Um den Stand der Dinge in einzelnen Problemfeldern zu veranschaulichen, blendet der Experte hinter den Stichworten Symbole ein. Am Ende ist die Leinwand voller Smileys mit traurig hängenden Mundwinkeln.

Aber da ist auch der Chef der Schweizer Firma Axpo Kompogas: „Wir tun was Sinnvolles, wir nutzen die Abfälle, die sowieso da sind“, zur Erzeugung von Strom und Wärme. Das Prinzip funktioniert wie der „Magen eines Menschen“: Grüngut und Speisereste rein ins Biomasse-Kraftwerk, vergären, und raus kommt „Biogas, wie beim Menschen auch.“

Und dann Panos Freris aus Buoch: Er will, was „bei uns auf den Äckern, Feldern, Wiesen, im Wald“ wächst, nutzen, um den ganzen Ort zu beheizen – ein eigenes Biogaskraftwerk, eine eigene Heizzentrale, ein eigenes Nahwärmenetz, und dann brauchen wir kein arabisches Öl mehr und kein russisches Erdgas, das Heizen wird zukunftssicher und obendrein billiger. „Biobuoch“!

Ja, er weiß, sagt Claus Paal nach der Veranstaltung, manche in der Partei haben derzeit noch „große Probleme“ zum Beispiel mit der Windkraft. Aber „ich bin da ganz unerschrocken“; wenn man in 20 Jahren eine bessere Stromquelle hat, kann man die Windräder doch einfach wieder abbauen.
Und ja, er weiß, das Biobuoch-Projekt ist „umstritten“, manche raunen misstrauisch, bei etwas, das sich so schlüssig anhört, müsse doch irgendwo ein Haken sein – „aber wir brauchen doch auch Visionäre!“

„Herausforderung“: Häufig wird dieser Tage das Wort bemüht in CDU-Kreisen; und entfaltet schillernden Bedeutungsreichtum. Bei manchen klingt es mürrisch schicksalsergeben, nach dem Motto: Probieren wir’s halt, der Weltuntergang wird schon nicht so schlimm werden. Bei manchen wirkte es, als wollten sie eigentlich „Irrsinn“ sagen, wenn das nicht so miesepetrig rüberkäme. „Herausforderung“: Aus dem Mund Claus Paals schmeckt das Wort nach Chancen, nach Lust, er hat den Ton eines Trainers, der sein Team fürs Finale einschwört. „Ich bin hoch motiviert!“
Vorhin, als Paal erzählt hat, wie er sein Haus energieautonom machen will, hat ein Parteifreund gewitzelt: „Und ich schenk dir Kerzen, wenn bei dir das Licht ausgeht.“ Paal hat geantwortet: „Ich habe bisher jedes Ziel erreicht, das ich mir gesetzt habe.“

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 02.07.2011 / Text: Peter Schwarz

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