Jun 21 2011
Politischer Stammtisch findet wenig Resonanz
vom 20.06.2010
Die Kernener CDU veranstaltet einen geselligen Meinungsaustausch mit breiter Themenpalette
Passender hätte Wolfgang Kohl den Freitag kaum verbringen können. Zusammen mit seinen Studenten von der Fachhochschule Mannheim besuchte der promovierte Physiker unter anderem einen Windpark und eine Biogasanlage. Am Abend dann, beim politischen Stammtisch des Kernener CDU-Vorsitzenden, stand auch das Thema Energie zunächst im Mittelpunkt der Diskussion.
Zehn politisch Interessierte, darunter etwa die Hälfte parteilose Bürger, nutzten zunächst die professionelle und professorale Fachkompetenz des Gemeindeverbandsvorsitzenden, und das Frage-und-Antwort-Spiel nahm leichte Züge eines Seminars an. Auch wenn Wolfgang Kohl früher selbst als Projektleiter konventionelle Großkraftwerke geplant hat, gehört den regenerativen Energien seiner Ansicht nach die Zukunft: „Innerhalb der nächsten zehn Jahre werden die erneuerbaren Energien ein Erfolg werden.“
Für die Energieversorgung der Zukunft sind seiner Ansicht nach aber auch andere Aspekte wie die Gebäudedämmung und die Speicherung von Energie wichtig. Gleichzeitig sei die Radioaktivität allgegenwärtig. Jedes Betongebäude setze das radioaktive Gas Radon frei, und „ein Kohlekraftwerk emittiert mehr radioaktive Strahlung als ein Kernkraftwerk.“
Großen Gesprächsbedarf bei der mehr als dreistündigen Runde gab es beim Thema Stuttgart 21, ein für Rainer M. Nachbauer „schlecht geplantes Projekt“, bei dem er zudem geologische Probleme befürchtet. Der Rommelshausener, der Jahrzehnte seines Lebens in den verschiedensten außereuropäischen Ländern verbracht hat, berichtete vom japanischen Bahnsystem. Alle drei bis vier Minuten rasten dort Züge mit 5000 Fahrgästen zwischen den Städten hin und her. Das Ergebnis sei unter anderem eine profitable Bahn.
„Für mich ist Stuttgart 21 natürlich auch ein ganz ganz wichtiges Thema“, sagte der Vorsitzende der Kernener Jungen Union, Benjamin Treiber. Es ist aber auch ein umstrittenes Thema, zu dessen Gunsten der Abiturient verstärkte Werbung anmahnte und sich wie Wolfgang Kohl eine gesonderte Veranstaltung in Kernen mit dem Impulsreferat eines Fachmanns vorstellen könnte.
Dagegen ist für den seit 1. Mai amtierenden neuen Kreisgeschäftsführer der CDU, David Müller, die Sachdebatte zu Stuttgart 21 längst passé. „Warum sollten wir großartig was tun? Das Volk hat die Landesregierung auch aufgrund von Stuttgart 21 gewählt“, sagte der 38-jährige Winnender Christdemokrat. „Für mich ist die Frage, wie wir Gesellschaftsmeinungen abbilden. Kann nur der lauteste Schreier immer recht haben?“
Das schlechte Abschneiden der CDU bei der vergangenen Landtagswahl ist für Wolfgang Kohl auch eine Chance zur Erneuerung: „So wie es bisher war, kann es nicht mehr weitergehen. Die CDU wird eine andere sein.“ In Kernen jedenfalls will der Gemeindeverbandsvorsitzende vermehrt die Möglichkeiten der Bürgerinformation nutzen und Diskussionsrunden zu verschiedenen Themen anbieten.
Quelle: Fellbacher Zeitung vom 20.06.2011 / Text: Michael Käfer