Feb 17 2011

Die Göttliche

Veröffentlicht von um 19:57 unter Pressespiegel

vom 14.02.2011

Kultusministerin Marion Schick bei der Wahlkampfauftaktveranstaltung von Claus Paal im Stettener Feuerwehrgerätehaus

Sie im Kultusministerium sei verantwortlich für alles, was nicht klappt, erklärte Prof. Dr. Marion Schick, derzeit – und wenn die CDU nach der Wahl an der Regierung bleibt, auch die kommende – Kultusministerin von Baden-Württemberg, die am vergangenen Freitag den Auftakt machte in Claus Paals Wahlkampfveranstaltungsreihe.

Nur her mit den Beschwerden, sagte Kultusministerin Marion Schick und hatte gleich noch einen Stapel solcher mitgebracht, in denen es um Unterrichtsausfall an Schulen ging. Sie im Kultusministerium sei verantwortlich für alles, was nicht klappt. Wenn’s klappe bei der Bildung, dann sei’s der liebe Gott oder sonst irgendwer, aber wenn’s nicht klappe, dann sei’s immer sie. Und dann zählte Marion Schick im Stettener Feuerwehrgerätehaus, in das sie der hoffnungsvolle CDU-Landtagskandidat Claus Paal, Ex-Unternehmer aus Remshalden und Präsident der IHK Rems-Murr, eingeladen hatte, mal so auf, was alles klappe in der Bildungspolitik von Baden-Württemberg. Zum Beispiel die 8,7 Milliarden, die ganz neu in die Bildung investiert würden. Oder der Höchststand an Lehrern – seit Beginn der Aufzeichnungen im Kultusministerium vor 35 Jahren seien’s nie so viele gewesen, und es seien im Augenblick nicht die kinderreichsten Jahrgänge in den Schulen. Und die Quote der Verbeamtung der Lehrer, die 90 Prozent betrage und gegen die die Gewerkschaft Bildung und Erziehung protestiere, weil eben zehn Prozent nicht verbeamtet seien.

Kultusministerin als höchste Instanz

Und weil Marion Schick genau weiß, und auch genau wusste, dass ihre Zuhörer das wussten, dass für diese schönen Botschaften ja eben doch das Kultusministerium verantwortlich ist, machte sie ihr Ministerium also kurzerhand an diesem denkwürdigen Abend zur höchsten Instanz und sich selbst zur – Göttlichen.

„Wissen Sie eigentlich, dass wir die glücklichsten Schüler in Deutschland haben?“, fragte sie. Denn die Schüler fühlten sich in ihren Schulen wohl und sie fühlten sich auch aufs Leben danach gut vorbereitet. Und mit 2,7 Prozent Jugendarbeitslosigkeit hätten wir auch die niedrigste Quote in ganz Europa. Ja, ja, in Spanien seien’s 40 Prozent, in Frankreich 20 Prozent und in Finnland, „da, wo alles besser ist“, seien’s auch 20 Prozent. „Ein Bildungssystem kann nicht perfekt sein, wenn hinterher nichts kommt“, sagte sie.

Und in Südkorea, einem der Pisa-Sieger des letzten Jahres, herrsche unter den Schülern die höchste Selbstmordrate weltweit. Und wer es in Shanghai nicht auf die Elite-Uni schaffe, aus dem werde niemals mehr irgendwas. „Ist das bei uns auch so?“ Nein, natürlich nicht. Zum Glück nicht. Wer in der Grundschulempfehlung eben nicht das Gymnasium vermerkt habe, dem stünden noch so viele Wege offen, dass sie die in einer Stunde nicht aufzählen könne. „Dann wird’s bei uns erst so richtig lustig. Wir haben so viele Bildungswege, dass kein Mensch sie mehr überblickt.“ Und es gebe kein Bundesland, dass die berufliche Bildung so ausgebaut habe wie Baden-Württemberg. „Von jedem Euro gehen 40 Cent gleich in die Bildung“, sagte sie und fragte: „Aber wer verdient denn das Geld?“ Der Wohlstand des Landes hänge davon ab, dass es genügend Fachkräfte gibt und man brauche alle zusammen, vom guten Hauptschüler bis zum Gymnasiasten. „Jeder aufs Gymnasium? Mit der CDU wird es so was nicht geben.“

Als Nächste kommen die Realschulen dran

Und deshalb kriegten auch in der nächsten Legislaturperiode die Realschulen ein besonderes Programm, mit Hausaufgabenbetreuung und individueller Förderung. Und wenn andere Parteien – welche, deren Namen sie lieber gar nicht nennen wollte – die Menschen im Wahlkampf mit Versprechungen versuchten, wie zum Beispiel mit 600 neuen Lehrern, und Klassen, die nur noch 20 Schüler hätten, dann wär’ das – auch wenn sie das so nicht sagte – teuflisch, denn die Versprechen seien unmöglich zu halten. Zum einen gäb’s die Lehrer gar nicht und zum anderen könnte das alles keiner bezahlen.
Und wenn’s wer doch zu bezahlen versuchte, dann produzierte das Schulden, die verfassungswidrig seien – Nordrhein-Westfalen hab’s vorgemacht – und schüfe außerdem den Generationen von morgen ein Schuldenpäckchen auf den Rücken, das die dann ihr Leben lang abbezahlen müssten. Was ja nun auch überhaupt nicht himmlisch klingt.

Und drum, so sagte Kultusministerin Marion Schick, sage sie zwar nicht, dass alles Gold sei im Bildungsland Baden-Württemberg, und manches verlange noch nach Nachbesserung, aber letztlich solle eben doch alles so bleiben, wie’s ist, im „erfolgreichsten Bildungssystem in Deutschland“, quasi im Olymp der Schulstätten, in dem sie, zumindest an diesem Abend, die Göttliche war.

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 14.02.2011 / Text: Pia Eckstein

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