Jul 30 2010

Stellungnahme der CDU-Fraktion zum Discounter-Standort

Veröffentlicht von um 16:18 unter Aktuelles


Sitzung des Gemeinderates am 28. Juli 2010

„Die Würfel sind gefallen“. Das ist aber auch schon der einzige Bezug des „Alten Roms“ zum heutigen Rommelshausen. Früher wurde mit diesem legendären Satz über das Schicksal, über Leben und Tod ganzer Völker entscheiden. Heute geht es in diesem Gemeinderat nur darum, ob mit der Ansiedlung eines weiteren Discounters in den sogenannten „Spitzäckern“ in ein paar Jahren vielleicht auch noch der letzte Bäcker am Ort vor der Qualität und dem Preis eines ALDI-Backshops kapitulieren wird.

Kein Problem, sagen selbsternannte marktwirtschaftliche Experten hier im Gremium und in der Verwaltung: man müsse dem entgegen nur mit Qualität, mit Service, besonderer Freundlichkeit und mit Nischenprodukten den Markt besetzten. Weil es das alles im Discounter angeblich nicht gäbe…

So einfach stellt sich also „Lieschen Müller“ die große Welt der Marktwirtschaft, von Angebot und Nachfrage vor. Und verweist dazu gerne auf die Tankstelle in der Fellbacher Straße. Die hätte erst mit Umbau und Angebotserweiterung reagiert, als die neue, große Tankstelle am Ortseingang beschlossen war. Kenner der Materie haben sicherlich bemerkt, dass der Tankstellen-Konkurrent noch gar nicht da ist. Hoffen wir, dass es dauerhaft in Rommelshausen zwei Tankstellen geben wird. In Stetten, nur am Rande bemerkt, gibt es inzwischen keine Tankstelle mehr.

Wir alle können nicht in die Zukunft sehen, wir alle kennen nicht die Lottozahlen vom nächsten Wochenende, und auch in der CDU-Fraktion kann niemand über Wasser laufen. Eines aber befürchten wir: ein Discounter am Standort „Spitzäcker“ wird für den innerörtlichen Einzelhandel in Rommelshausen und auch für den Ortsteil Stetten mehr Nachteile als Vorteile haben.

Das haben uns zahlreiche Gutachten immer wieder bestätigt, und so hat man sich am Ende von dem ursprünglichen Ziel, dass nur ein Discounter in der Tulpenstraße, dem einzig verbliebenen Alternativstandort, den gewünschten und für das Überleben des innerörtlichen Einzelhandels notwendigen Synergieeffekt erzielen kann, inzwischen still und heimlich verabschiedet. Da wird dann eben der höher gelegene Ortsrand schnell noch zu „zentrumsnah“ und „fußläufig erreichbar“ ernannt.

Was haben wir in den letzten zehn Jahren alles aus sogenannten „Gutachten“ erfahren? Insbesondere, dass die Halbwertszeit von Gutachten sehr gering ist. Innerhalb weniger Jahre haben sich Gutachten eines und desselben Büros inhaltlich komplett gewandelt. Oder besser: angepasst. Auffallend angepasst nach dem Motto – „wess` Brot ich ess`, dess` Lied ich sing`“.

Besonders im Gedächtnis ist uns hier noch das Gutachten des legendären Professor Held von der IMMAKOM in Aalen. Der hatte sein Gutachten, vermutlich angefertigt von seinen Studenten, selbst gar nicht gelesen. Hielt er doch im Gemeinderat eine flammende Rede pro „Spitzäcker“ und vermerkte im Fazit des schriftlichen Gutachtens, dass eben dieser Standort „gerade noch akzeptabel“ sei. Das ist so, als hielte man eine glänzende Lobrede auf einen Schüler, dem man am Ende im Zeugnis eine „4“, ein „ausreichend“, bescheinigt. Nichts anderes sagt das Wort „akzeptabel“ aus. Setzten, Herr Professor – Klassenziel verfehlt!

Auch die neuesten Planer, die Sie, lieber Herr Schaal, ins Boot geholt haben, tun sich schwer, uns die Spitzäcker als „En Vogue“ zu verkaufen…

Vielleicht lohnt sich ein kurzer Blick in die Geschichte der Discounterdiskussion:

Vor rund zehn Jahren kam ihr Vorgänger, lieber Herr Altenberger, ins Gremium mit der Horrorvision, dass der bestehende „Treff-Markt“ in wenigen Monaten schließen werde. Man müsse also schleunigst eine Alternative an der Tulpenstraße bauen, mitsamt einem Getränkemarkt. Pläne wurden uns ebenfalls gleich vorgelegt. Wie es weiterging, wissen wir alle: den „Treff“ gibt es immer noch, und nach Aussagen der Betreibergesellschaft EDEKA soll er immer noch tiefschwarze Zahlen schreiben.

Übrigens, nur am Rande: damals wurden Gemeinderat und Verwaltung vom örtlichen Gewerbeverein noch durch´s Dorf gejagt, weil man an die Ansiedlung eines neuen Discountmarktes dachte!

Im Ortsteil Rommelshausen gibt es heute zwei Vollsortimenter und einen Discounter. Das Argument, dass man mit der Neuansiedlung Kaufkraft binden bzw. zurück holen will, greift unseres Erachtens also nur bedingt. Ehrlicherwiese sollte man sagen, dass man mit dem hier am Ort vorherrschenden Angebot offenbar nicht gänzlich zufrieden ist und – getreu dem Motto: „Neue Besen kehren gut!“ – einen weiteren, größeren und zeitgemäßen Discountmarkt haben möchte. Der soll die bestehenden Geschäfte beflügeln, das eigene Angebot attraktiver zu gestalten. Dem örtlichen Einzelhandel und den Lebensmittelläden stellt man also derzeit offenbar kein gutes Zeugnis aus.

An einen Discounter als Segensbringer für das Ortszentrum glaubt ohnehin niemand mehr: weshalb sonst schiebt man mit der heutigen Beschlussvorlage noch schnell ein Marketingkonzept für den Einzelhandel in Rommelshausen und Stetten hinterher?

Immer wieder muss als Argument herhalten, dass ein neuer Discounter als „Frequenzbringer“ dienen soll. Das ist aber nur sehr bedingt der Fall, betrachtet man die am Ort bestehenden Lebensmittelgeschäfte. „ALDI“ beispielsweise bietet in seinem Sortiment zwischenzeitlich frisches Gemüse, einen nicht unattraktiven Back-Shop und Fleisch- und Wurstwaren von sehr guter Qualität und in einem interessanten Preissegment. Vom Mitbewerber „Lidl“ wird ohnehin offen berichtet, dass sein Angebot dem eines Vollsortimenters nahe kommt. „Lidl“ wolle man daher auf keinen Fall haben, sagen manche hinter verschlossenen Türen. Bleibt also ALDI übrig. Auch hier scheinen also die Würfel längst gefallen.

Und weshalb denkt man nicht über die von EDEKA selbst favorisierte Lösung nach: ein neuer und wirklich zeitgemäßer Vollsortimenter in die Tulpenstraße, in den bestehenden EDEKA-Markt könnte dann ein Discounter einziehen. Für den heutigen „Treff-Markt“ käme z.B. ein Drogeriemarkt als Nachnutzer in Betracht.

Auch deshalb gilt für die CDU-Fraktion:

Für die Ansiedlung eines Discounters kommt u.E. ausschließlich die Tulpenstraße in Frage. Nur an diesem zentrumsnahmen Standort sind die gewünschten und notwendigen Synergieeffekte für den innerörtlichen Einzelhandel zu erzielen. Die immer wieder ins Feld geführte Verkehrsproblematik ließe sich lösen, wenn man nur will. Zudem bietet sich hier die Chance, eine attraktive Ensemblelösung in Verbindung mit dem projektierten Neubau an der Karlstraße und als Fortführung der Stettener Straße zu gestalten.

Diese Möglichkeit bietet sich uns kein zweites Mal für die „Römer“ Ortsmitte: ein echtes Zentrum würde entstehen. Mit Vollsortimenter, Discounter, attraktiven Geschäften im Neubau an der Karlstraße, ein Drogeriemarkt im „Treff-Gebäude“ – ein attraktives Zentrum würde entstehen, weitere Peripheriegeschäfte wären gesichert. Das wäre nun wirklich eine zukunftsweisende Entscheidung des Gemeinderates gewesen und würde die Ortskernsanierung und das Bürgerhaus-Ensemble positiv ergänzen. Hier wird u.E. eine zukunftsweisende Chance vertan. Vielleicht, weil Teilen von uns der Mut fehlt?

Der Standort in den Spitzäckern ist zu weit weg vom Ortskern. Das sah bislang auch die Region so. Das Argument unseres Bürgermeisters, die Spitzäcker lägen lediglich „100 Meter weiter vom Zentrum entfernt“, unterschlägt die Topographie. Ein nicht unerheblicher Höhenunterschied ist, zumindest fußläufig, zu bewältigen. Außerdem sind es nicht 100 Meter, sondern deutlich mehr. Aber auch um die einst so wichtige fußläufige Erreichbarkeit geht es inzwischen nicht mehr. Plötzlich will man den Ortskern von der Verkehrsbelastung freihalten, heißt es. So viel wieder einmal zum Thema „Halbwertszeiten“ von Aussagen und von Gutachten.

Gemeinderat und Verwaltungsführung sollten in einem weiteren Punkt zumindest gegenüber den Stettener Bürgern ehrlich sein: mit dem Standort „Spitzäcker“ sollen auch bewusst Kunden des Stettener Vollsortimenters abgezogen werden. Ein Discounter auf den „Spitzäckern“ wird also auch nachhaltige Auswirkungen auf den Ortsteil Stetten haben.

Sollten die Maßnahmen zur Stützung des innerörtlichen Einzelhandels nicht greifen, worüber hinter mancher verschlossenen Tür bereits spekuliert wird, sieht man mit einer zeitlichen Verzögerung die zusätzliche Ansiedlung eines Vollsortimenters neben den dann bestehenden Discounter als weiteren Lösungsweg an. Entsprechende Pläne wurden hier bereits vorgestellt. Diese Ehrlichkeit ehrt die Verwaltung, keine Frage. Auch deshalb nimmt man heute Abend in die Abstimmung den Zusatz auf, eben diesen weiteren Vollsortimenter direkt neben dem Discountmarkt vorerst auszuschließen. Suggeriert man damit aber nicht automatisch, dass ein Vollsortimenter dem Discounter folgen wird? Was passiert spätestens dann mit dem heutigen EDEKA?

Damit würde der innerörtliche Einzelhandel und schlussendlich der Ortskern in Rommelshausen endgültig aufgegeben, Stetten wird zeitversetzt folgen. Das inzwischen auch öffentlich bekannte Angebot eines potentiellen Betreibers, in Stetten dann – gewissermaßen als „großzügige Geste“ – parallel einen kleinen Discounter zu betreiben, wenn der Lebensmittelmarkt schließen müsste, darf als Bestätigung dieser Vision gesehen werden.

Auch das Argument mit dem „Kaufkraftabfluss“ greift nicht, da hier nicht die Ausgaben der privaten Haushalte für Lebensmittel und einfache Gebrauchsgüter erfasst sind, sondern alle Ausgaben eines Familienhaushaltes – also auch der Kauf von Großelektrogeräten und – man staune – Personenkraftwagen. Da es aber in Kernen im Gegensatz zu allen anderen Nachbarkommunen weder einen Elektrofachmarkt á la Media-Markt noch Autohäuser gibt, werden wir auch mit zehn Discountern in Kernen das Schlusslicht beim Kaufkraftabfluss bleiben…

Wir wissen, dass wir heute Abend vergeblich an den Gemeinderat und den Bürgermeister appellieren, den Standort „Spitzäcker“ aufzugeben und dafür die zentrumsnahe Tulpenstraße zu favorisieren. Für die in der Tat dort problematische Verkehrsführung müssten vernünftige Planungen auf den Tisch. Zu spät! Auch hier wurden in früheren Jahren und gerade auch in jüngster Zeit bei Grundstücksverhandlungen wertvolle Chancen vertan, weil man sich ausschließlich auf die „Spitzäcker“ und die wechselnden Mehrheiten im Gemeinderat konzentriert hat.

Wie eingangs gesagt: Die Würfel sind gefallen, das kleine „Einmaleins“ reicht heute Abend aus, um die Mehrheiten für einen Discounter in den „Spitzäckern“ zu erkennen. Sie haben sicherlich Verständnis dafür, wenn wir uns heute Abend dennoch nicht dem Populismus oder dem Opportunismus opfern, sondern zu unserer Meinung der letzten zehn Jahre stehen. Das Ergebnis nehmen wir sportlich. Der Bäcker, der Metzger, der Gemüsehändler in unserer Gemeinde hoffentlich auch…

Andreas Wersch

Fraktionsvorsitzender;

für die CDU-Gemeinderatsfraktion

Anmerkung für die Presse: es gilt das gesprochene Wort!

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