Jul 18 2010
Großer Schreck über teure Glockenkelter
vom 17.07.2010
Der Gemeinderat beklagt eine Kostensteigerung auf 2,3 Millionen Euro. Das hat bisher keine Folgen
Die Baugenehmigung für die Glockenkelter ist für nächste Woche endlich zu erwarten, glaubt Bürgermeister Altenberger. Die gute Nachricht ging in der Sitzung der Bürgervertreter am Donnerstag fast unter. Unter dem Eindruck der Kostenberechnung für den jetzt zur Ganzjahresnutzung herzurichtenden Saal forderten einige Redner im Gemeinderat Kernen am Donnerstag mehr Kostenbewusstsein. Die CDU wollte sogar die Kosten auf zwei Millionen Euro deckeln: „Es hat noch Luft drin. Ich traue der Gemeindeverwaltung das zu,“ sagte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Jochen Alber. „Wir müssen ein klares Signal setzen, damit es nicht weiter ins Uferlose geht.“ Auch als er die Grenze auf 2,1 Millionen Euro erhöhte, kam allerdings keine Mehrheit für den CDU-Antrag zustande.
Die große Mehrheit der Räte aus SPD, UFW und OGL will den Ausbau zur Versammlungsstätte weiter mittragen. Notwendige Mehrausgaben, etwa gegen Zugluft einen 20 000 Euro teuren Windfang, die zum Anwohnerschutz nötige Lärmdämmung oder eine Fußbodenheizung gegen kalte Füße, werden akzeptiert. Kompromisse, die hinterher zu Tadel durch die Bürger führen, soll es nicht geben: „Mit zwei Millionen werden wir schwerlich hinkommen“, sagte Bürgermeister Stefan Altenberger voraus. Selbst Bettina Futschik (OGL), die ursprünglich für eine reine Sommernutzung gestimmt hat, riet jetzt, nach beschlossener Ganzjahresnutzung, zu einem Kelterausbau, „wo nicht der Konflikt vorprogrammiert ist. Entweder wir entscheiden uns für eine Dreimonats- oder eine Ganzjahresnutzung, aber keine halben Sachen“.
Architekt Kugler würde auch gerne die gesamte Umgebung der Glockenkelter einschließlich dem Straßenraum Hindenburgstraße vor dem denkmalgeschützten Gebäude neu gestalten, wofür auch der Beigeordnete Horst Schaal plädiert, um das ortsbildprägende Gebäude noch besser zur Geltung kommen zu lassen. Dies bringt allerdings weitere Mehrkosten von 90 000 Euro mit sich. Die will Schaal allerdings bis auf 10 000 Euro, die an der Gemeinde hängen bleiben, aus Sanierungsmitteln bezahlen. Darüber hat der Gemeinderat noch nicht endgültig abgestimmt. Schaal will die Ausschreibungsergebnisse und Zuschusszusagen für den Sanierungstopf abwarten.
Den „schleichenden“ Schritt zur Ganzjahresnutzung kritisierte der OGL-Fraktionsvorsitzende Andreas Stiene, nachdem die Räte anfangs von einem Ausbau zur Sommernutzung für 1,2 Millionen Euro ausgegangen waren. Vor einem Jahr ist die Ratsmehrheit auf die eingeschränkte Winternutzung umgeschwenkt, damals mit 1,8 Millionen Euro beziffert. Bei 2,3 Millionen Euro werde jede der 40 Abendveranstaltungen jährlich – auf zehn Jahre gerechnet – die Gemeinde 3000 Euro kosten, kritisierte Hans Dietzel, der UFW-Fraktionsvorsitzende. Er und Stiene stimmten nicht gegen den Ausbau. Der UFW-Mann sagte: „Wir haben den Zeitpunkt versäumt, um Stopp zu sagen“. Für die Wärmedämmung, die Mehrkosten bei der Statik nach sich zieht, will Altenberger den Veranstaltern einen Energiekostenzuschuss aufbürden.
Die Mehrkosten belasten Kernen nur unmerklich. Der Bürgermeister hatte das Glück, dass der Ausbau ins Konjunkturprogramm der Bundesregierung aufgenommen wurde und mehr als 930 000 Euro als Zuschuss fließen werden.
Quelle: Fellbacher Zeitung vom 17.07.2010 / Text: Hans-Dieter Wolz