CDU Kernen im Remstal

vom 12.06.2010

Nach nahezu 20 Jahren Diskussion und einem Ansiedlungsbeschluss aus dem Jahr 2006 läuft jetzt alles auf den Standort Spitzäcker für den Lebensmittel-Billigmarkt hinaus.

Dass immer mehr Bürger ihre Waren auswärts einkaufen, bekümmert den Gemeinderat Kernen. Kernen weist den höchsten Kaufkraftabfluss in der gesamten Region Stuttgart auf. Bürgermeister Stefan Altenberger hat sich nach der Vorlage des Standortgutachtens in der Sitzung der Räte am Donnerstag für die Spitzäcker positioniert, ungeachtet der Bedenken wegen der Bedeutung der Streuobstwiesen für die Vogelwelt und der Entfernung des Grundstücks vom Ortskern, 450 Meter zu Fuß. Mit dem Gemeinderat ist vereinbart, im Juli zu entscheiden, nachdem der Schultes in der Sitzung mit dem Vorschlag eines Termins im Juni abblitzte.

Altenberger kann sich auf das neue Gutachten der „Freien Planungsgruppe 7“ berufen (unsere Zeitung berichtete), das am Donnerstag im Gemeinderat vorgestellt wurde. Dieses weist nach, dass für die Alternative, einen Discounter in der Tulpenstraße, ebenfalls herb in eine Grünzone eingegriffen würde: „Auch wenn die Planfigur zunächst suggerieren mag, dass die baulichen Strukturen an der Karlstraße in naheliegender Weise ergänzt werden und mit der Anordnung der Märkte ihren fast logischen Abschluss finden, so ist – bei näherer Betrachtungsweise – der Eingriff in die von Alt und Jung geschätzte, gut frequentierte Talaue nicht verantwortbar“, heißt es in der Vorlage an den Gemeinderat.

An der Tulpenstraße gibt es vor allem dann Platz-Schwierigkeiten, wenn die Gemeinde dort zur Zukunftssicherheit auch noch einen Platz für einen Vollsortimenter bereithält. Derer gibt es in Rommelshausen zwar schon zwei, doch sind beide zu klein für das heute übliche Warensortiment und eine moderne Produktpräsentation. Bürgermeister Stefan Altenberger stellt klar: „Die derzeitigen Überlegungen im Gemeinderat gehen lediglich von der kurzfristigen Ansiedlung eines Discounters oder alternativ eines Lebensmittel-Vollsortimenters aus.“ Schon seit Jahren tendiert die Lebensmittelbranche allerdings dazu, unterschiedliche Angebote und Warensortimente zur gegenseitigen Befruchtung an einem Ort zusammenzulegen. Auch der Lebensmittel-Konzern Edeka hat wie ähnlich der Rewe-Betreiber in Stetten die Forderung erhoben, in die Spitzäcker aussiedeln zu dürfen, wenn ein Discounter nach Kernen gelockt wird, um konkurrenzfähig zu bleiben. Diese mögliche Entwicklung müsse die Gemeindeverwaltung auch in der Bauleitplanung berücksichtigen, sagte Altenberger. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas Wersch versteht die Planspiele anders: „Es geht schon lange um das Paket. Der eine wird dem anderen folgen.“

Mit ausführlichen neuen Berechnungen hat Verkehrsingenieur Tögel vom Planungsbüro Schönfuß nachgewiesen, dass an der Kreuzung Tulpenstraße/Karlstraße der Verkehrsinfarkt droht, schon wenn dort ein Discounter ist. Lediglich der Bau eines Kreisverkehrs mit einem Durchmesser von 27 Metern und mit einem so genannten Bypass in der Tulpenstraße stellt eine auf Dauer tragfähige Lösung dar. Aber die mag Verkehrsplaner Tögel gar nicht empfehlen: „Kein üblicher Kreisel, und die Fußgängerführung funktioniert nicht richtig.“ Dass dafür die Grundstücke zu erwerben sind, bezweifeln viele im Gemeinderat.

Diese Erkenntnisse sind Wasser auf die Mühlen der UFW und SPD, die sich als Befürworter der Spitzäcker bestätigt sehen: „Wir können nicht so tun, als ob jeder Standort noch möglich ist,“ sagt Martin Weiß (UFW). Hans Peter Kirgis reduzierte die Entscheidung auf die Frage: „Probiere ich einen Verkehrskollaps im Bereich Karlstraße oder nicht.“ Dagegen sagte Andreas Wersch (CDU): „Wenn nur der Wille da wäre, würden wir den Kreisverkehr schon hinkriegen.“

Quelle: Fellbacher Zeitung vom 12.06.2010 / Text: Hans-Dieter Wolz