Mrz 25 2010

Auch Räte wollen „integriert“ sein

Veröffentlicht von um 23:48 unter Pressespiegel

vom 25.03.2010

Kernener Gemeinderäte rüffeln Schultes Altenberger: Ja zur integrativen Kindergartengruppe, Nein zum Verfahren

Die Diakonie wird mit einer Gruppe behinderter Kinder ins künftige Stettener Kinderhaus einziehen. Nach dem Umbau des Alten Schulhauses kommen die Kids nächstes Jahr neben einer nichtbehinderten Regelgruppe im Erdgeschoss unter. Im Grundsatz lobt das der Gemeinderat. Nur die Vorgehensweise verärgerte einige Räte. Die Verwaltung hatte an ihnen vorbeigeplant.

Die integrative Kindergartengruppe setzt die von der UN-Behindertenkonvention geforderte gesellschaftliche Einbindung behinderter Menschen in die Praxis um. Ziel: das Miteinander von geistig und körperlich beeinträchtigten und „normalen“ Stettener Kindern unter einem Dach. Als die Diakonie sich mit ihrer Idee ins schon fertige Konzept fürs Kinderhaus Stetten einklinkte, fand der Gemeinderat lobende Worte. Im Grundsatz. Das beschlussreife Ergebnis der Umplanung unter Regie von Diakonie-Bauabteilung, Rathaus und Architekt Frank Rögner lag dem Gemeinderat aber erst am Dienstagabend zur Abstimmung vor.

Dietzel zu Altenberger: „Ich bitte Sie, das zu unterlassen“

Weder der Bauausschuss noch die Fraktionsspitzen waren eingeweiht. „Der politische Entscheidungsprozess stimmt hier nicht. Diese Vorgehensweise kann ich nur kritisieren“, schimpfte UFW-Fraktionschef Hans Dietzel. Das Projekt schaffe auch enorm mehr Folgekosten. Dietzel zu Schultes Altenberger: „Ich bitte Sie, solche Vorgehensweisen zu unterlassen.“ Auch Bauausschuss- Mitglied Dieter Binder (UFW) fühlte sich verschaukelt. „Man hätte den Fraktionen einen besseren Input geben können. Man muss uns mitnehmen“, klagte er.

CDU-Fraktionschef Andreas Wersch gab Binder Rückendeckung und rügte seinerseits: Auch die Kindergartenleitung hätte gefragt werden müssen, ob das Konzept praxistauglich sei. Ingrid Möhrles Hinweis, die UN-Behindertenkonvention sei verpflichtend, konterte Wersch: „Im Kindergarten Dinkelstraße war das ja schon angedacht, lange vor der UN-Konvention.“

Formal korrekt hätten Stefan Altenberger und sein Erster Beigeordneter Horst Schaal die Neuplanung dem Gremium zur Vorberatung vorlegen müssen. Dies hätte, sagt der Bürgermeister, die Bauverwaltung vier Wochen gekostet. Die Umplanung sei ja brandneu. „Und an der Planung können wir nichts ändern, weil wir sie an den Bedürfnissen der Diakonie ausgerichtet haben.“ Als er den akuten Zeitdruck ins Feld führte und den Kritikern empfahl, sie könnten den Antrag ja auch ablehnen, sagte Dieter Binder ungläubig: „Jetzt haben also wir noch den Schwarzen Peter.“ Das Ergebnis sieht ein neues Konzept vor: Im Erdgeschoss des Alten Schulhauses wird eine Gruppe behinderter Kinder neben und mit einer Gruppe nichtbehinderter Kids der Vorschule betreut werden. Der ohnehin geplante Aufzug sorgt für Barrierefreiheit.

Um eine maximale Begegnungsmöglichkeit der Kinder zu gewährleisten, tauscht Architekt Rögner Nutzungen und Gestaltung der ersten und zweiten Etage: Die Kinderhausleitung zieht hinauf ins zweite Geschoss, während für die VHS, die ausziehen muss, die ehemalige Schusterei der Diakonie umgebaut wird. Ein dritter Gruppenraum entsteht neben der Kiga-Verwaltung. Für weitere zwei Gruppenräume wird zusätzlich das zweite Stockwerk erschlossen. Auf der Bühne kommt wie schon nach der alten Planung der Schlafraum unter.

So hält das umgeplante Kinderhaus nun fünf Gruppenräume vor. Von ihnen sind beim Bezug – Altenberger nennt das Frühjahr 2011 – schon vier belegt: Neben der integrativen Diakonie-Gruppe und den zwei bestehenden Kindi-Gruppen vom Nebenbau muss wegen des starken Andrangs rasch eine vierte eröffnet werden. Auch der Reserveraum im zweiten Stock dürfte nicht mehr lange leerstehen, denn Sozialamtsleiterin Eva-Irene Krämer sieht in Stetten „baldigen Bedarf auf uns zukommen“.

Pädagogischer Ansatz: Behutsame Annäherung

Die Behindertengruppe wird sechs Kinder zählen, ein bis zwei Kids mit Rollstuhl. Die Annäherung von Nichtbehinderten und Behinderten im Kinderhaus soll behutsam erfolgen: Im Erdgeschoss haben sie eigene Gruppenräume. In einem multifunktionalen Zwischenabschnitt ist aber gemeinsames Spielen geplant. Auf den Stockwerken einschließlich dem Bewegungsraum im Keller soll dauernd Begegnung möglich sein. Amtsleiterin Krämer betont, der integrative Ansatz im Kindergartenbereich sei nur ein Anfang. Zu einem späteren Zeitpunkt könne die Einbindung behinderter Kinder auch im Grundschulbereich erfolgen. Was kostet die überarbeitete Planung? Für die zwei zusätzlich zu erschließenden Stockwerke je circa 150 000 Euro. Der abgespeckte „Basispreis“ für den Umbau der Alten Schule lag schon bei 1,15 Millionen.

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 25.03.2010 / Text: Hans-Joachim Schechinger

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