Dez 29 2009

Neue Gesichter – neue Mehrheit?

Veröffentlicht von um 18:17 unter Pressespiegel

Fellbacher-Zeitungvom 29.12.2009

Zwei Wahlen haben die Kommunalpolitik deutlicher als erwartet verändert. So wird der Discounter wahrscheinlicher.

Kernen (wz). Abgesehen von der Bürgermeisterwahl können zwei wichtige Urnengänge die Kommunalpolitik in Gemeinden grundlegend ändern. Beide fanden im Jahr 2009 statt: die Wahl des Gemeinderats und die Beigeordnetenwahl. Die Stimme der Bürger war allerdings nur bei der Gemeinderatswahl am 7. Juni gefragt. Den Beigeordneten wählt der Gemeinderat. Der Amtsinhaber Hans König unterlag nach einer Amtsperiode von acht Jahren im November dem Leiter des Bau- und Umweltamts in Ebersbach/Fils, dem Strümpfelbacher Bürger Horst Schaal. Dieser tritt sein neues Amt voraussichtlich am 1. Februar an.

Der Gemeinderat hat in seiner neuen Zusammensetzung, seit der Wahl am 7. Juni, sieben Räte aus der CDU, sechs der UFW, fünf der SPD und vier der OGL. Er hat noch keine grundlegend anderen Akzente gesetzt. Das Wahlergebnis dürfte trotzdem in den nächsten Monaten noch Auswirkungen in einer wichtigen Frage der Kernener Gemeindepolitik haben. Es geht dabei seit 10 Jahren um die Frage, ob und vor allem wo einem Discounter, einem Lebensmittel-Billigmarkt der Sorte Aldi und Lidl, erlaubt werden soll, seine Waren anzubieten. Den Beschluss, einen Discounter anzusiedeln, hat der Gemeinderat bereits gefällt, aber bisher nie einen mehrheitsfähigen Standort gefunden. Mit knapper Mehrheit sind vor einigen Jahren zuerst die Ackerflächen an der Tulpenstraße ohne Mehrheit geblieben, weil die Gemeinderäte Verkehrsprobleme voraussagten. In der vergangenen Wahlperiode hat vor allem die CDU dem vom Bürgermeister, von UFW und SPD bevorzugten Standort Spitzäcker am östlichen Ortsrand eine Absage erteilt. Er sei zu weit vom Ortskern entfernt, er könne deswegen nicht die erhoffte Magnetwirkung auf die Kunden so ausüben, dass auch die Geschäfte im Ort davon profitieren, war die CDU-Ansicht. Außerdem gefährdet er nach dieser Ansicht den Lebensmittelmarkt Rewe in Stetten, ohne den im kleineren Teilort keine Nahversorgung mit Lebensmitteln existiert. Sinnvolle weitere Standortalternativen gibt es aber trotz jahrelanger Suche nicht, machen UFW und SPD geltend.

Vor diesem Hintergrund könnte die geringe Verschiebung der Stimmengewichte im Gemeinderat eine große Rolle spielen: Die CDU hat einen Sitz verloren, die SPD einen gewonnen. Wird nun bei einer Abstimmung im Gemeinderat eine knappe Mehrheit für einen Discounter in den Spitzäckern den Ausschlag geben?

Um die Bedeutung des Amts eines Beigeordneten zu veranschaulichen, schaut man am besten in die Großen Kreisstädte wie Fellbach. Der vom Gemeinderat gewählte Beigeordnete hat dort die Amtsbezeichnung Bürgermeister, das gewählte Stadtoberhaupt dagegen ist der Oberbürgermeister. Solche Ehren blieben dem Kernener Beigeordneten Hans König wegen der Gemeindegröße von 15 000 Einwohnern verwehrt. Dennoch ist er auch als Stellvertreter des Bürgermeisters im Amt der zweitwichtigste Beamte gewesen. Er hat sich in seiner achtjährigen Amtszeit keine gravierenden Fehler geleistet. Warum der Gemeinderat sich am 24. November dennoch für Horst Schaal entschied, hat vermutlich mit dessen Qualifikation im Städtebau zu tun. Er ist Architekt und hat in 20-jähriger Tätigkeit in Ebersbach/Fils deutliche Akzente für eine erfolgreiche Gemeindeentwicklung gesetzt. Kernens Räte, die sich stets im Schatten der umliegenden deutlich größeren Städte wie Fellbach, Waiblingen, Weinstadt und Esslingen nur in der zweiten Reihe fühlen und Rommelshausen gerne ein markanteres Gesicht verpassen wollen, vermissen solche Akzente.

Hans Königs Metier ist dagegen der Tiefbau, die Großbaustellen der Gas- und Wasserleitungs- sowie Kanalsanierungen, die in seiner Amtszeit geräuschlos über die Bühne gingen. Das maßgeblich von ihm angestoßene Projekt zur Sicherung der Streuobstwiesen ist vorbildlich und preisgekrönt. Dennoch entschieden sich in geheimer Abstimmung nur neun von 23 Ratsmitgliedern für ihn, erheblich weniger als zuvor signalisiert. König reagierte auf die in dieser Form nicht absehbare Abfuhr persönlich getroffen und ist seit der verlorenen Wahl nicht mehr öffentlich aufgetreten. Ende Januar ist seine Amtszeit vorbei.

Quelle: Fellbacher Zeitung vom 29.12.2009 / Text: Hans-Dieter Wolz

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