Mai 27 2009

Sportstättenbau ist nötig, aber nicht vorrangig

Veröffentlicht von um 06:23 unter Pressespiegel

Fellbacher-Zeitungvom 27.05.2009

Kernener Gemeinderäte und Kandidaten wollen zuerst in Bürgerhaus und Hallenbadsanierung investieren – Zentraler Standort umstritten

fz20090527

Kernen. Bevor sich die Gemeinde bewegt, müssen sich erst die Vereine bewegen – möglichst gemeinsam. Das setzen die Gemeinderäte und Kandidaten bei einem Gespräch mit unserer Zeitung voraus, wenn der Wunsch nach Geld aus dem Rathaus für neue Sportstätten erhoben wird. Eilig haben es die Kernener Gemeinderatsfraktionen nach den Worten von je einem amtierenden Gemeinderat und je einem Kandidaten für die Kommunalwahl am 7. Juni nicht mit dem Bau neuer Sportstätten. Bei einer Diskussionsrunde in der Redaktion unserer Zeitung zeigen sich CDU-, UFW- SPD- und OGL-Vertreter weitgehend einig: Bevor der Gemeinderat die 700 000 Euro, die in der Finanzplanung bereitstehen, oder noch mehr Geld locker macht, ist noch viel zu klären.

Zum Beispiel die Frage, ob die Hallenkapazitäten der Sportstätten optimal verteilt sind. „Speziell bei den Senioren trifft das nicht zu. Oftmals werden die vorhandenen Kapazitäten überhaupt nicht genutzt“, sagt Hans Dietzel, der UFW-Fraktionsvorsitzende. Der Bedarf an Neuerungen, Sanierungen oder gar an einem zentralen Sportzentrum müsse noch von den Sportvereinen aus beiden Ortsteilen klar belegt werden. „Freie Gruppen oder kleinere Vereine dürften dabei keinesfalls außer Acht gelassen werden“, ergänzt die OGL-Fraktionsvorsitzende Ulrike Ebeling-Silber und gibt zu bedenken: „Dass die Halle der Sportvereinigung in Rommelshausen nicht mehr tragbar ist, ist allerdings klar.“ Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans Peter Kirgis ist sich sicher: „Wir haben einen dringenden Bedarf an einer weiteren Sporthalle. Die Halle der Sportvereinigung wurde von der Zeit überholt.“

Die Frage wird allerdings aufgeworfen, ob ein eventueller Neubau am gewohnten Standort am St.-Rambert-Stadion entstehen soll, oder – leichter auch für Stettener zu erreichen – am Bike-Park in der Stettener Straße. Während die Idee wenigstens für Ulrike Ebeling-Silber durchaus Charme hat, sehen andere Sprecher den Bau einer gemeinsamen Sportstätte als schwierig an: „Ein Sportzentrum für Stetten und Rommelshausen würde den Tod für einen der beiden Vereine bedeuten“, warnt Jochen Alber, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU im Gemeinderat. Er befürchtet, die Identifikation vieler Sportler mit ihrem angestammten Verein könnte in einem gemeinsamen Sportzentrum leiden.

Florian Michalke, ein Kandidat auf der Liste der Christdemokraten, teilt diese Meinung – er spricht als ortsansässiger Sportler von seinen Erfahrungen aus den Ballsportarten: „Bisher ist noch nie eine Spielgemeinschaft zwischen Stetten und ,Rom“ zustande gekommen“, sagt er und findet, dass sich das ändern müsse. Kandidaten, die sich selbst als „Zugezogene“ sehen, verstehen diese althergebrachten Teilorts-Rivalitäten nicht: „Ich wohne in Stetten und habe drei Kinder“, sagt Christl Kiechel, eine UFW-Kandidatin, „sie sind alle im Rommelshausener Sportverein und es gab nie Probleme. Einem 13-Jährigen ist so etwas völlig egal.“ OGL-Kandidatin Birgit Bregenzer-Kraus pflichtet ihr bei: „Als Zugezogene empfinde ich es auch so.“ Auch Ulrike Ebeling-Silber stellt die sportliche Trennung der beiden Stadtteile durchaus in Frage: „Warum gibt es eigentlich keine Fußballmannschaft Kernen?“

Die Fußballer in beiden Ortsteilen haben andere Sorgen als einen aus Mangel an Zulauf geborenen Zusammenschluss, um Hallenkapazitäten besser zu nutzen. „Ich erwarte einen großen Schrei der Abteilung Fußball in Stetten, die brauchen einen Platz und keine Halle,“ sagt Florian Michalke. „Beim Bau einer neuen Sporthalle werden sie auf die Barrikaden gehen.“ Dass die Fußballer mangels ihnen zugewiesener Hallenbenutzungszeiten bei Wind und Wetter und, abgesehen von einer einmonatigen Trainingsunterbrechung, auch im Winter im Freien trainieren, scheinen sie bisher eher in Kauf zu nehmen als den Mangel an Spielfeldern.

So dringend den zahlreichen Sportlern die eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten – ganz besonders in der Runde geschildert für die Handball-Abteilung in Stetten – und die fehlenden Kapazitäten für die Gründung neuer Abteilungen erscheinen mögen – in einer Sache herrscht unter den Fraktionen Übereinstimmung. Das geplante Bürgerhaus nimmt den ersten Platz auf der Prioritätenliste des Gemeinderats ein: “ Wir dürfen andere Vereine wie den Musikverein oder auch die Kirchengemeinde nicht aus den Augen verlieren“, sagt Jochen Alber, „das Bürgerhaus, welches eine eigene sportliche Ausrichtung erhalten soll, muss zuerst realisiert werden.“ Im Bürgerhaus soll es allerdings nur Übungsräume für Tanz, Yoga oder Gymnastik geben, für die keine Geräte benötigt werden. Hans Dietzel pflichtet dem bei: „Die Sportstätte kann parallel zum Bürgerhaus geplant werden, jedoch erst durchgesetzt werden, wenn dieses realisert ist.“

Auch die Sanierung des Hallenbads in Rommelshausen hat für die Kandidaten Vorrang: „Da regnet“s ja schon rein“, sagt Florian Michalke. Außer zu einer vielleicht einjährigen Schließungszeit während der Totalsanierung soll es nicht dicht gemacht werden. Ingrid Möhrle, die SPD-Kreisrätin und nun auch Gemeinderatskandidatin, sagt: „Das Hallenbad ist absolut wichtig“. So sieht es auch OGL-Kandidatin Birgit Bregenzer-Kraus: „Gerade Kinder, Jugendliche und Senioren gehen gerne und oft ins Hallenbad“. Die Fraktionen neigen allerdings zu unterschiedlichen Lösungen. Ulrike Ebeling-Silber gibt der 2,5 Millionen Euro teuren Totalsanierung mit Teilabriss und Innenausbau, nach der das Hallenbad wie neu dastehen würde, den Vorrang. Jochen Alber vermutet bei diesem Verfahren allerdings immer noch Risiken, weil die Außenhaut stehen bleiben würde, und drängt deshalb auf einen Neubau, der etwas mehr als 3 Millionen Euro kosten würde: „Man sieht bei einer Sanierung nicht in den Beton rein, wir können die wahren Kosten also nicht abschätzen.“ Hans Peter Kirgis, SPD-Gemeinderat, unterstreicht die Dringlichkeit der Entscheidung für ein neues Hallenbad, die auf jeden Fall vor einem Beschluss über eine Sporthalle fallen soll: „Nach den Kommunalwahlen müssen wir das konkret entscheiden“, sagte er.

Quelle: Fellbacher Zeitung vom 27.05.2009 / Text: Kristin Müller

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