Apr 08 2009

Zweifel an der Gartenschau

Veröffentlicht von um 14:00 unter Pressespiegel

Waiblinger Kreiszeitungvom 04.04.2009

Zweifel an der Gartenschau

Kernener Gemeinderäte quetschen Planer Senner zu den Kosten und Projekten aus Kernen. Trotz offener Fragen zu den Kosten und Projekten hat der Kernener Gemeinderat das Bewerbungskonzept für eine dezentrale Landesgartenschau im Remstal gebilligt. Für UFW-Rat Martin Weiß ein Fehler. Bei den anstehenden Großprojekten undweiteren vier Millionen für eine Teilnahme an der Schau wäre es nur schwer zu vermitteln, wenn anderes darunter litte. Etwa die Jugendarbeit.

Vor Wochen hatte sich im Kernener Gemeinderat Kritik seitens der UFW an den ungeklärten Kosten entzündet. Dipl.-Ing. Johann Senner, Chefplaner des Landschaftsparks Rems und Autor einer Machbarkeitsstudie für eine regionale Landesgartenschau zwischen den Eckpunkten Remseck und Essingen, stand nun im Gemeinderat Rede und Antwort. Die dezentrale Veranstaltung, an der sich 16über S-Bahn-Netz, Buslinien, Rad- und Wanderwege vernetzte Remstal-Kommunen mit regional ausstrahlenden „Leuchtturmprojekten“beteiligen sollen, würde sich im Jahr 2016 oder später in vier Themenblöcken von Anfang Mai bis Ende Oktober erstrecken.

Die Themen: 1. „Kultur und Landschaft“, 2. „Stadt und Dorf“, 3. „Die Rems“, 4. „Kunst und Kultur“, 5. „Wirtschaft und Bildung“. Unter Letzterem versteht der Masterplan die Verknüpfung einer ortsansässigen Firma wie „Beutelsbacher Fruchtsäfte“mit dem Projekt „Streuobstwiesen“. Planer Senner sagte: „Wir haben weit über 100 Sowieso-Projekte im Masterplan. Jede Kommunesollte darüber hinaus ein, zwei sehenswerte Projekte entwickeln. Die zwei Leuchtturmprojekte in Kernen wären die Rundwanderwege mit Natur- und Erlebnispfaden und der Aufstieg zur Stettener Y-Burg.“ An diese kommunalen Vorhaben sollten interkommunale Leuchtturmprojekte andocken. Sie seien wichtig, damit kein Rathaus einer Kirchturmperspektive verfalle. Das verknüpfende Thema der Perlenkette wäre selbstredend die Rems.

Senners Botschaft: Die dezentrale Landesgartenschau auf den 80 Kilometern zwischen Neckartal und Albtrauf verabschiede sich vom klassischen Bild der „Blümleswiesenschau“. Das Ausstellungsjahr lege das Land fest. Das Zeitfenster: 2015 bis 2025. Doch Fragen bleiben. Vor allem das nicht geklärte Kostenargument treibt Kernener Gemeinderäte um. Laut Senner muss jede Gemeinde in Vorzeigeprojekte auf der eigenen Gemarkung 3,15 Millionen Euro investieren, „darunter sollte es nicht sein. 4,2 Millionen ist der höhere Betrag.“ Diese Investitionskosten lassen sich aus Senners Sicht auf die Jahre vor Eröffnung der Gartenschau verteilen. Zudem flössen Fördermittel in Höhe von 50 Prozent. Zweiter Kostenpunkt: die Ausstellungskosten – rund 600 000 Euro je Gemeinde. Zu kalkulieren sei hier aber ein Mittelrückfluss von rund 40 Prozent durch Eintrittsgelder.

Weiß: Das Geld könnten wir in die Wirtschaftsförderung stecken

UFW-Gemeinderat Martin Weiß runzelte die Stirn. „Wie haben da vier Millionen Euro Kosten. Was weiß ich, was in 20 Jahren ist? Bei den Großprojekten, die wir vor uns haben, und der konjunkturellen Lage wäre es dem Bürger nicht zu vermitteln, wenn wir wegen dieser Kosten andere wichtige Aufgaben vernachlässigen und etwa bei der Jugendarbeit sparen müssten. Wenn ich vorausschauend und verantwortlich handle, muss ich das Projekt ablehnen.“ Senner konterte: „Das sind abzüglich der Zuschüsse von 50 Prozent 1,5 Millionen Euro in den nächsten sechs bis 12 Jahren. Es ist ein Betrag, den Sie eh ausgeben.“

Tatsächlich kann Kernen die anstehenden „grünen Projekte“ wie Haldenbachsanierung oder Landschaftspflege in der Stettener Kammerforstheide ab dem Haushaltsjahr 2010 mit dem 3,1-Millionen-Budget verrechnen. „Die 1,5 Millionen auf zehn Jahre verteilt, das ist für Ihre Winzer gut. Das ist werbewirksam angelegtes Geld für Ihre Gemeinde. Die Landesgartenschau ist das erfolgreichste Strukturprogramm in Baden-Württemberg.“ Weiß sieht’s anders: „Wenn wir die vier Millionen selber in die Hand nehmen würden für Wirtschaftsförderung, hätte ich kein Problem damit.“

Die fünf Sowieso-Projekte, die Kernen laut Bauamtschef Hans König „in der Pipeline“ habe, kosten bei weitem nicht 3,1 Millionen. Sie dürften deutlich unter einer Million liegen. Dazu gehört auch die Entwicklung von Grünzügen und Aufenthaltsbereichen im Zuge der zwei Ortskernsanierungen. CDU-Gemeinderat Jochen Alber, der, was die S–Bahn-Anbindung des Ostalbkreises angeht, von einem „Luftschloss“ spricht, glaubt auch nicht so recht an die landesweite Leuchtturmwirkung eines Erlebniswegs zur Y-Burg: „Den Profit werden andere Kommunen haben, die deutlich größer sind.“ Auch CDU-Fraktionschef Andreas Wersch fürchtet von der dezentralen Struktur Nachteile für Kernen: „Ich habe die Bedenken: Man nimmt die Lichtpunkte an. Und vielleicht verirrt sich dann jemand auch nach Stetten und Rommelshausen.“

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 04.04.2009 / Text: Hans-Joachim Schechinger

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