Apr 27 2009

Stoff für Spekulanten

Veröffentlicht von um 12:45 unter Pressespiegel

Waiblinger Kreiszeitungvom 27.04.2009

Glosse

Schelmenstück mit Epilog: Nun wird also der Kernener Schultes Stefan Altenberger Strafanzeige gegen Unbekannt stellen wegen Verletzung der Verschwiegenheitspflicht beim Grundstücksgeschäft Maile. Die Jagd auf Gemeinderäte ist eröffnet. Unberührt vom Halali-Geschrei fragen sich die Kernener aber, wem der Kauf eigentlich nützen wird. Und: Ob der künftige Gemeinderat einer Wohnbebauung an der Hegnacher Straße wohl den Segen gibt.

Da kommt die elektronische Post aus dem Kernener Rathaus gerade recht. Ja, peinlich für den Amtsschimmel: Er hat den Huf auf die falsche Taste gesetzt und seine jüngste Pressemitteilung zum Thema „Geheimnisverrat“ und „Rufschädigung“ am vergangenen Freitag mit einer putzigen Kuriosität garniert. Der Mail, die um 11.07 Uhr in Waiblingen eintraf, war die falsche Datei angehängt, die noch unkorrigierte Fassung von Altenbergers Verlautbarung. Ein köstliches Panorama für Schlüssellochgucker: In ihr steht mehr drin als in der später verschickten hochoffiziellen Version.

Stoff zum Nachdenken liefert dieser Passus: „In dem speziellen Fall (Maile) lag sogar eine Wertbetrachtung von einem externen Gutachter vor, an der sich die Gemeinde orientiert hat. Bei dieser Wertbetrachtung geht man von der Prämisse aus, dass zumindest in den nächsten zehn Jahren keine Baulandumlegung stattfinden soll. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass westlich der Hegnacher Straße in nächster Zeit ein Baugebiet entstehen wird.“

Wie sagte doch der französische König mit dem Hosenbandorden: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Die drei Sätze lassen sich ja so deuten: Das Rathaus darf – kaufmännisch gedacht – nicht allzu viel für den Quadratmeter hinblättern, weil die Rekapitalisierung durch den Verkauf von Bauplätzen an der Hegnacher Straße womöglich viel Zeit braucht. Der Deal ist deshalb nicht vergleichbar mit Grundstückskäufen der Gemeinde in der Reute oder im Baugebiet Halde Süd. Zinsen von 400 000 Euro Steuergeldern fallen auf lange Frist aus. Die Pachteinnahmen werden das nicht ausgleichen.

Stoff für Spekulanten: Dass obiger Passus nicht ans Licht der Öffentlichkeit durfte, legt einen Verdacht nahe: Das Rathaus will sich und dem künftigen Gemeinderat alle Optionen offen halten. „Derzeit“ soll kein neues Baugebiet entstehen, heißt es offiziell. Aber alles könnte ganz rasch gehen, wenn der neue Gemeinderat nur will. Und die Volksbank, bei der Maile in der Kreide steht, täte bestimmt gern wollen. Dazu müsste aber der Flächennutzungsplan geändert werden, denn ein Teil des von Volksbank und Gemeinde gekauften Geländes liegt außerhalb des Bauleitplans. Mit Konsequenzen: An anderer Stelle auf der Markung müsste Kernen diese Erweiterungsfläche einsparen, weil der Plan verbindliche Obergrenzen für Wohnbebauung festlegt. Wetten, dass ein Proteststurm losbräche?

Folgt man dem Gutachter und veranschlagt zehn Jahre Wartezeit bis zur Baulanderschließung, wird der im Juni gewählte Gemeinderat dafür die Weichen stellen müssen: bei der in der nächsten Wahlperiode anstehenden Fortschreibung des Flächennutzungsplans. Die vier Fraktionen müssten die Gretchenfrage beantworten, wie sie es mit dem Kernener Leitbild halten, das doch Ressourcen schonen will.
O je, o jemineh. Jetzt stehen da wieder drei Sätze in der Zeitung, die eigentlich dort nicht stehen dürften. Ein falscher Mausklick, ein dummes Versehen hat eine nicht autorisierte Pressemitteilung in die Mailbox der Lokalredaktion geschleust. Sie liefert Stoff zum Spekulieren. Und mancher im Rathaus ärgert sich. Dass wir das dafür verantwortliche Fachamt und den Unglücksraben, dem die Botschaft digital davonflog, deshalb ans Messer liefern würden, kommt aber überhaupt nicht infrage. Genauso wenig, wie wir das mit Gemeinderäten tun.

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 27.04.2009 / Text: Hans-Joachim Schechinger

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