Feb 21 2009

Bündelung von Buslinien bedroht Arbeitsplätze

Veröffentlicht von um 09:00 unter Pressespiegel

Fellbacher-Zeitung vom 21.02.2009

Omnibusunternehmer Eberhard Schlienz protestiert gegen Pläne des Landratsamts und fürchtet ruinösen Wettbewerb

Fellbach/Kernen. Busunternehmer wie der Kernener Eberhard Schlienz fürchten um die Zukunft ihrer Betriebe. Sie protestieren dagegen, dass das Landratsamt Buslinien bündelt und später womöglich europaweit ausschreibt. Das Landratsamt erklärt aber, nur vorsorglich zu handeln. „Alle mittelständischen Busunternehmer in der Region Stuttgart sind von der Bündelung betroffen. Die Existenz meines Betriebs ist gefährdet. Alle Busunternehmer wehren sich gegen einen ungerechten, ruinösen Wettbewerb,“ sagt Eberhard Schlienz und kommt in Fahrt, wenn er auf das Thema der Bündelung von Buslinien angesprochen wird.

Arbeitsplätze sind gefährdet: Von 40 Schlienz-Mitarbeitern in Kernen hängen knapp über 30 und von 70 in Esslingen knapp über 40 vom Linienverkehr ab, mittelbar unter den Servicefachkräften in der Werkstatt und den Verwaltungsmitarbeitern sogar noch mehr Leute. „Ich hoffe, dass die Politik aufwacht und die Gefahr für die mittelständische Struktur unserer Busunternehmen erkennt.“

Schlienz hat gemeinsam mit anderen Verkehrsunternehmen im Rems-Murr-Kreis einen Protestbrief unterschrieben und an die Fraktionen des Kreistags geschickt. Denn die Beamten im Verkehrsdezernat sind zügig dabei, die EU-Verordnung 1370/07 umzusetzen. Obwohl diese, wie die Unternehmer geltend machen, weder dazu zwinge, Buslinien zu bündeln, noch dies für den Verkehr notwendig sei. „Eine Linienbündelung zum alleinigen Zwecke der Vorbereitung von Wettbewerbsverfahren bedeutet im Ergebnis nicht anders, als dass Linien zu einem für weltweit tätige Investoren, kommunale und private Großunternehmen attraktiven Gesamtpaket gebündelt werden“, heißt es in dem Schreiben.

Eberhard Schlienz weist darauf hin, dass seiner Firma und den übrigen Angebietern im Rems-Murr-Kreis durch eine Untersuchung des Verkehrsverbunds Stuttgart (VVS) bescheinigt worden ist, seine Leistungen wie ein guter Unternehmer und nicht zu überhöhten Preisen zu erbringen. Dennoch sollen sie, so seine Befürchtung, einem Wettbewerb unterworfen werden, den sie gegen kapitalstarke Wettbewerber, die auf den Preis statt auf Qualität zielen, nur verlieren können. „Dieses Thema macht mir Angst um meinen Betrieb,“ sagt er. „Die machen uns finanziell platt.“ Dabei hat Schlienz bisher noch Glück, denn das vorgesehene Bündel 1 umfasst gerade seine Linien 211 und 212 von Stetten nach Waiblingen und Fellbach sowie die Linie 67 in Fellbach. Es könnten aber zukünftig auch Bündel im Kreis geschnürt werden, für die sich wegen ihrer Größe nur noch Arbeitsgemeinschaften der bisher die Linien befahrenden Unternehmen bewerben können. Oder die Firmen müssten stark expandieren und sich gegenseitig verdrängen.

Eigentlich lässt die EU-Verordnung eine Übergangszeit von zehn Jahren bis 2019 zu, doch das Landratsamt will die Bündel bereits in der Kreistagssitzung am 13. Juli beschließen. Und die Verordnung kennt eine Schwellenwertregelung, die kleinere Unternehmen schützen soll. „Durch die Schaffung von Linienbündeln mit einer bestimmten Größe wird diese Schutzregelung jedoch ausgehebelt“, kritisieren die Busunternehmen.

Michael Hagmann, der Verkehrsdezernent im Landratsamt, zeigt sich auf Anfrage unserer Zeitung erstaunt über das Schreiben der Busunternehmen. „Wir wollen nicht warten, bis alle Rechtsfragen geklärt sind, sondern uns bereits jetzt auf alle Eventualitäten vorbereiten. Wir wären schlecht beraten, wenn wir jetzt die Hände in den Schoß legen würden“, sagt Hagmann. Er nennt das demnächst im Verkehrsausschuss des Kreistags erstmals zu beratende Konzept im Unterschied zu den Busunternehmen „mittelstandsfreundlich“: „Wir sind berechtigt, Bündelungen vorzunehmen, aber das bedeutet nicht, dass wir jeden Verkehr europaweit ausschreiben.“ Es werden auch sehr viele Bündel unter den Freigrenzen liegen, sagte Hagmann: „Es ist nicht unser Ziel, stets auszuschreiben“. Unterschiedliche Fristsetzungen bei Konzessionen und Aufgabenverträgen zwängen dennoch zu frühem Handeln: „Wenn wir dann irgendwann doch ausschreiben müssen, sind wir vorbereitet.“

Der Dezernent teilt die Befürchtung nicht, dass europäische Konzerne auf den hiesigen Markt drängen. Eberhard Schlienz mag es dagegen nicht ausschließen und führt einen Vorgang in Norddeutschland an: Mit „Dumpingpreisen“ habe ein Verkehrskonzern kleine Wettbewerber verdrängt und zur Aufgabe gezwungen. Nach wenigen Jahren, als die Konkurrenz beseitigt war, forderte er aber aus einer Position der Unverzichtbarkeit heraus plötzlich öffentliche Zuschüsse an.

Quelle: Fellbacher Zeitung vom 21.02.2009 / Text: Hans-Dieter Wolz

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