Dez 17 2008

Kernen plant weiter, beste Böden zu versiegeln

Veröffentlicht von um 00:00 unter Pressespiegel

fellbacher-zeitung 17.12.2008

In den Langen Äckern entsteht ein Gewerbegebiet – Die Landwirtschaft verliert Flächen

Rommelshausen. Die Gemeinde Kernen will weitere Äcker mit wertvollen Böden beim Gewerbegebiet Lange Furchäcker für Betriebsansiedlungen opfern. Der Planungsverband Unteres Remstal und sein Gutachter erwarten aber keine erheblichen Umweltbeeinträchtigungen.

Von Hans-Dieter Wolz

Mancher Bürger wird sich noch daran erinnern, dass sich vor Jahren unter den Einwohnern heftiger Widerspruch erhob, als die Gemeindeverwaltung noch unter Bürgermeister Rolf Frank die östlich ans bestehende Gewerbegebiet Lange Furchäcker angrenzenden Ackerflächen zur künftigen Gewerbefläche bestimmte. Bei einer Besprechung vor Ort prasselte damals heftiger Protest auf den Schultes ein. Der Streit endete im Kompromiss. Frank nahm einen Teil der Flächen von der künftigen Bebauung aus.

Jetzt sollen doch wieder mehr landwirtschaftliche Flächen zur Bebauung freigegeben werden, weil sich andere Grundstücke direkt an der B 14, hinter der Firma Rüsch, wegen ihrer Hanglage nach Ansicht von Bürgermeister Stefan Altenberger und dem Gemeinderat nicht für Gewerbeansiedlungen eignen. „Eine Weiterentwicklung der 1,1 Hektar großen Gewerbefläche im nördlichen Bereich macht aus technischen Gründen wenig Sinn, da das Gelände stark abfällt und die Entwicklung erschwert bzw. unmöglich macht“, heißt es in einer Zusammenfassung des Schreibens der Kernener an den Planungsverband. Der Planungsverband merkt dazu noch an, dass die Flächen wegen ihrer Nähe zur B 14 und folglich der Schadstoffeinwirkung für landwirtschaftliche Produktion ohnehin nicht unbedenklich seien.

Gestört hat das Schadstoffargument seither allerdings niemand. Die Umleitung für die Fellbacher Straße wurde etwa während des Jahres durch das zur Rede stehende Gebiet geführt, wobei sich die zuständigen Beamten weder im Landratsamt, noch im dazugehörigen Gesundheitsamt, noch in der Gemeinde Kernen daran störten, dass der zahlreiche Auto-, Bus- und Lastwagenverkehr praktisch bis auf wenige Zentimeter an zum Verzehr bestimmten Pflanzen vorbeigeführt wurde.

Im Gemeinderat Kernen hat vor allem die CDU auf weitere Vorratsflächen für Gewerbeansiedlungen gedrängt. Das Argument des Flächentauschs ist aber über alle Fraktionen hinweg als stimmig beurteilt worden. Die Kernener Politik der Flächenversiegelung profitiert aber von einer unausgewogenen Flächenbilanz zugunsten der Gewerbeansiedlung und zum Nachteil der Landwirtschaft. 0,3 Hektar Fläche werden nach den Plänen mehr versiegelt, als am Hang zur B 14 frei bleiben. Nicht nur deswegen verweigerten Räte der Offenen Grünen Liste die Zustimmung, als es darum ging, den Bebauungsplan einzuleiten. „Wir machen nun am falschen Gebiet weiter“, protestierte Ulrike Ebeling-Silber. „Wir erweitern dort, wo die besten Böden sind.“

Das im Gemeinderat Kernen kürzlich bereits beschlossene Verfahren ist schon fortgeschritten. Die Gemeinde Kernen hat beim Planungsverband einen Antrag gestellt, den Flächennutzungsplan zu ändern, und ist damit auf Verständnis gestoßen. Die Verbandsversammlung mit Vertretern der Städte und Gemeinden Fellbach, Waiblingen, Weinstadt, Kernen und Korb hat für den Kernener Wunsch und Waiblingens Pläne für die bisherige Freifläche zwischen der Rinnenäckersiedlung und der alten B 14 alle Schritte eingeleitet, um den Flächennutzungsplan zu ändern. Der Beschluss ist im Gemeinderat gefallen, einen Bebauungsplan aufzustellen, und sogar ein Umlegungsausschuss ist bereits gebildet worden.

Vonseiten der amtlichen Umweltschützer ist mit wenig Widerstand zu rechnen. Eine Umweltprüfung für den Planungsverband Unteres Remstal kommt zum Ergebnis, dass zwar Boden mit sehr hoher Bedeutung in Anspruch genommen wird. Aber: „Durch die Ausgleichsmaßnahmen können die erheblichen Umweltauswirkungen so weit reduziert werden, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen des Umweltzustandes verbleiben.“ Wo diese Ausgleichsmaßnahmen einmal die Situation für die Umwelt verbessern, ist noch offen. Im Gebiet selbst klappte dies zuletzt fast nie.

Auch vor der vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung brauchen sich die Kernener Stadtväter nicht zu fürchten. Die haben schon mal den Biologen Peter Endl im Plangebiet die Auswirkungen auf die Vogelwelt erkunden lassen. Es ist nach dessen Ergebnis zwar mit einem Verlust von Nist-, Brut-, Wohn- und Zufluchtsstätten für Amsel, Feldsperling, Blaumeise, Grünfink, Kohlmeise, Star, Elster und Mönchsgrasmücke zu rechnen. Doch außer beim Feldsperling und beim Star werde dies die lokale Population nicht nachhaltig beeinträchtigen. Für Feldsperling und Star müsse die Gemeinde eben in den südöstlich von Rommelshausen gelegenen Streuobstwiesen Nistkästen anbringen.

Quelle: Fellbacher Zeitung vom 17.12.2008

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen