Jan 15 2015

Der Altin-Brunnen kommt zurück

Veröffentlicht von um 07:00 unter Pressespiegel

vom 15.01.2015

Eine breite Mehrheit im Gemeinderat revidiert den Beschluss des Technisches Ausschusses vom November / Es muss auch ohne Holzpyramide gehen

So viel Publikum saß in der Glockenkelter bisher nur bei Konzerten. In der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend, als die Entscheidung über den Altin-Brunnen anstand, reichten die Stühle nicht. Und der Gemeinderat revidierte die umstrittene Entscheidung des Bauausschusses vom November überraschend klar mit 15 Ja- zu 7 Neinstimmen. Der Brunnen kehrt zurück.

Es war eine Lehrstunde kreativen Bürgerprotests, der mit der Rücknahme des TA-Beschlusses vom November, den Römer „Transparenz-Sprudler (Wolfgang Riethmüller) durch beliebige Bodensprudler zu ersetzen, am Dienstagabend einen grandiosen Erfolg feierte. Bis auf die CDU, die an einem Baum als grünem Kontrapunkt auf dem Rathausplatz festhielt, stimmten alle Fraktionen gegen Bürgermeister Altenbergers Lieblingsidee. Auch das Rommelshausener CDU-Ratsmitglied Helmut Heissenberger scherte aus der Fraktionslinie aus und enthielt sich der Stimme. Auf dem Papier standen drei Alternativen zur Wahl, von denen nach den Plädoyers der Redner von UFW, SPD, OGL und PFB eine standhielt. So gab es am Ende eine Abstimmung nur über den Wiederaufbau des abgespeckten Altin-Brunnens, ein künstlerisch bearbeiteter Quellstein aus weißem Marmor, der auf dunklem Granitsockel steht. Das Rathaus erwartet 50 000 Euro Baukosten. Hinzu komme ein Reinigungs- und Wartungsaufwand, der 1000 bis 2000 Euro pro Jahr über dem der Bodensprudler liegen wird. 15 Gemeinderäte erhoben die Hand für den Wiederaufbau. Sechs stimmten zusammen mit dem Bürgermeister dagegen.

Andreas Stiene: Der Brunnen ist Teil des Rathaus-Ensembles

In teilweise süffigen Statements zeigten die Fürsprecher des „Transparenz-Brunnens“ Flagge. Fraktionschef Hans-Peter Kirgis gestand ein, dass zu Beginn der Diskussion bei der SPD Skepsis geherrscht habe, „ob der Brunnen auf den Marktplatz passt. Nach der alternativen Planung können wir uns den alten Brunnen in der verkleinerten Version jetzt sehr gut vorstellen, wohl wissend, was das kosten wird und was die Folgekosten sind.“ Die SPD-Fraktion erwarte, dass die Marmor-Stele im Winterhalbjahr künftig ohne die hässliche Holzeinschalung in Pyramidenform auskommen kann. Laut ihrem Schöpfer Hüseyin Altin jedenfalls brauche sie diese Pyramide nicht.

Für die UFW ergriffen Heinz Heß und Hans Dietzel das Wort. Heß, der von Anfang an für das Aufstellen war, sagte angesichts von mehr als 1000 Bürgern, die sich in kurzer Zeit per Unterschrift mit Altins Werk solidarisiert hatten: „Wenn wir das nicht beachten, frage ich mich, wie sieht dann Bürgerbeteiligung aus?“ UFW-Fraktionschef Hans Dietzel, der in seinem Reisebüro den Wasserspender direkt vor seiner Nase hat, lobte nicht nur den „charmanten, kreativen Protest“ der Kernener Brunnen-Freunde. Er könne mit dem neuen Standort auch gut leben, wenn künftig eine Lösung ohne die „echt hässliche“ Pyramide gefunden wird, die er bisher sieben Monate im Jahr vor Augen hatte. BM Altenberger ist skeptisch: „Wir müssen mal schauen, was mit dem Brunnen passiert im Freien.“

Stiene: Der Vergleich mit Rottenburg hinkt

Der Kernener Bürgermeister verglich zuvor das Kunstwerk – gegen das er nichts habe, aber der neue Standort passe nicht mehr – mit einem 2006 nach zehn Jahren wieder abgebauten Brunnen in Rottenburg am Neckar, der mit 120 000 Euro beträchtliche Kosten für Wartung und Reinigung verursacht hatte. Der Vergleich hinke, hielt ihm für die OGL, die den Wiederaufbau schon immer befürwortete, Andreas Stiene entgegen: „Der Unterschied ist, dass Altins Brunnen für das Rathaus geschaffen wurde. Er ist Teil des gesamten Ensembles.“

Zu den Alternativen, die das Rathaus für die Neugestaltung der Freifläche vor dem Rathaus vorgestellt hatte, zählte ein Baum in der Platzmitte, ein Solitär mit überschaubarem Pflegeaufwand und Kosten von nur 10 000 Euro. Für den grünen Kontrapunkt machte sich CDU-Fraktionschef Andreas Wersch stark. Ihm wäre, betonte er, ein nun leider technisch nicht realisierbarer und auch von Hüseyin Altin nicht gewünschter Brunnenstandort im Rathausinnenhof die liebste Variante gewesen. „Keiner stellt den Brunnen als Kunstwerk infrage“, so Wersch. Doch das im Winter abweisend eingehauste Kunstwerk und der Eindruck, der bei einem Vor-Ort-Termin mit Schaugerüst in der CDU haftenblieb, dass die Brunnenstele nämlich in der abgespeckten Version nicht mehr die alte Wirkung zeige, habe seine Fraktion in ihrer Ansicht bestärkt, dass anstelle des Brunnens ein Baum kommen sollte.

Kögel: „Sie haben den Brunnen entsorgt“

Ebbe Kögel (PFB) hat vor allem Altins inhaltliche Begründung für den Erhalt des Wasserspenders überzeugt: Die Öffnungen im Stein stünden symbolisch für eine transparente Verwaltung und Offenheit den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber. Dem habe er nichts hinzuzufügen, befand Kögel. Auch dass die Gemeindeverwaltung die Überreste des Kunstwerks auf der Kläranlage „entsorgt“ habe, sei schlecht angekommen. Marmor, so Kögel, sei ein bewährter Naturstoff, der seit Jahrtausenden als Material für Schöpfungen der Hochkultur verwendet werde. Da werde es doch sicherlich auch für Kernen eine Lösung geben.

Quelle: WKZ vom 15.01.2015 / Text: Hans-Joachim Schechinger

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