Jul 09 2017

Begonien-König muss neuen Anlauf nehmen

Veröffentlicht von um 23:32 unter Pressespiegel

Quelle: Fellbacher Zeitung 08.07.2017 Hans-Dieter Wolz

In Sachen Gewächshäuser wartet der Gemeinderat auf den nächsten Schritt der Firma Hayler

Nur altgediente Gemeinderäte dürften sich an mehr als einen Fall erinnern, dass ein Antrag der Verwaltung im Lokalparlament Kernens keinerlei Stimme erhielt – nicht einmal die des Bürgermeisters. Den Segen der Gemeinderäte zu seinen gewünschten Gewächshäusern an der Straße nach Endersbach hat der Gärtnerei-Großbetrieb Hayler Begonien nach den vielen Stimmen gegen einen Bebauungsplan in der jüngsten Sitzung auch weiter nicht zu erwarten. Abgewehrt sind die Glashäuser nicht. „Es ist nicht möglich, sie zu verhindern“, sagt Bürgermeister Stefan Altenberger.

Erledigt ist eigentlich nur die Idee, auf das Hayler-Grundstück an der Straße nach Endersbach auch die Gärtnerei und die Reittherapie der Diakonie Stetten samt der zugehörigen Ställe zu verlegen. Die Behinderteneinrichtung ist kein Landwirt und hat keine Sonderrechte, im Außenbereich zu bauen. Die Modellflieger Rommelshausen, deren Flugbetrieb sich nicht mit den Pferden vertragen hätte, muss keine entscheidenden Einschränkungen im Flugbetrieb mehr befürchten.

Zu den Akten gelegt ist ansonsten nur der Versuch der Verwaltung, den nach wie vor auf dem Tisch liegenden Ansiedlungswunsch zu regeln, zum Beispiel eine unschöne 157 Meter lange und sieben Meter hohe Glasfront zu gliedern. Die als politisches Signal gegen Zersiedlung zu verstehende strikte Ablehnung hat eine Kehrseite: Statt der 12 000 Quadratmeter Gewächshausfläche, die der Bebauungsplan zugestehen sollte, könnte der Bauantrag von Hayler wieder bis auf 22 000 Quadratmeter steigen, um die gesamte Produktion samt Aufzuchtbetrieb von Endersbach ins Gebiet Goldäcker zu verlagern. „Sie müssen sich im Klaren sein, dass Sie der Gemeindeverwaltung das Heft des Handelns aus der Hand nehmen“, warnte Altenberger im Gemeinderat.

Dennoch will sich kein Gemeinderat an den Planungen beteiligen: „Ich glaube, es dürfte jetzt jedem klar sein, was hier ablaufen wird“, sagte CDU-Gemeinderat Helmut Heissenberger: „Nämlich aussiedeln, Sondergebiet in Endersbach in Wohngebiet umwandeln und satten Gewinn machen – auf Kosten unserer bisher unversiegelten Ackerböden und des Naturschutzes in diesem Gebiet.“ Christoph Schönleber kündigte für die SPD-Fraktion an: „Wir wollen nicht den Eindruck entstehen lassen, dass wir der Verschandelung der Landschaft Vorschub leisten. Wir werden aktiv jede Möglichkeit wahrnehmen, das Projekt so klein wie möglich zu halten.“

1,2 Millionen Begonien verlassen die Gewächshäuser der Firma Hayler jährlich. Dass dieser Begonien-Tycoon als Gärtner und Landwirt gilt, der im Außenbereich auch ohne Bebauungsplan bauen kann, hat im Gemeinderat überrascht. „Wir sind eher der Meinung, dass es ein Gewerbebetrieb ist“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas Wersch. Ob das ein erster Hinweis auf eine kommende Auseinandersetzung ist, lässt sich noch nicht sagen. Er erinnert aber an einen großen Rechtsstreit der Gemeinde Kernen um eine solche Privilegierung. Eine gemeinsame Abwehrfront des Gemeinderats bremste vor Jahren den Bauwunsch von Ralf Gönnenwein aus. Der Geschäftsbereich Landwirtschaft im Landratsamt hatte dem Geschäftsführer einer Gartenbaufirma bescheinigt, dass sein Plan einer Pferdepension mit Wohnhaus ein landwirtschaftlicher Betrieb und damit privilegiert sei. Der Gemeinderat zweifelte dies vor den Gerichten an. Einstweilig verfügte das Verwaltungsgericht Stuttgart vor Jahresfrist einen Baustopp, der bis heute Bestand hat. Eine Beschwerde dagegen vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg blieb erfolglos..

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