Mai 08 2016

Der Schlaichsteg als Gebäck

Veröffentlicht von um 22:51 unter Pressespiegel

Der Streit um die Aussichtsplattform regt die Kreativen an / Heute Unterschriftenstand der Gegner am Edeka-Markt

Am Donnerstag wird der Kernener Gemeinderat ein zweites Mal über den Skywalk am Naturdenkmal Sieben Linden abstimmen. Hintergrund ist die mögliche Befangenheit dreier Gemeinderäte bei der Beschlussfassung am 17. März. Mit schon gesammelten Unterschriften im Rücken wollen die Gegner des Projekts heute beim Edeka-Markt weitere Unterzeichner mobilisieren, während die Befürworter auf ihrer Facebook-Seite trommeln. Konditor Jürgen Stahl kreierte einen Schlaichsteg.

Es wird am Donnerstag der identische Bauantrag für die Aussichtsplattform wie am 17. März sein, ergänzt um die Deckelung auf 100 000 Euro. OGL-Fraktionschef Andreas Stiene sagte gestern, angesichts der überraschend großen Zahl an Unterschriften für ein Bürgerbegehren wolle der BUND am heutigen Samstag zwischen neun und 13 Uhr beim Rommelshausener Edeka-Markt an einem Infostand weitere Unterzeichner gewinnen. Formal ist die Unterschriftenaktion für ein Bürgerbegehren Makulatur, weil der Beschluss des Gemeinderats, auf den sie reagierte, jetzt annulliert wurde. Die OGL will aber mit weiteren Unterschriften den Druck auf den Gemeinderat am Donnerstag erhöhen, damit der bei der hohen Bürgerbeteiligung aus eigenem Antrieb einen Bürgerentscheid beschließt. „Wir haben schon relativ viel gesammelt, wir wollen das nicht einfach abbrechen“, so Fraktionschef Stiene gestern. „Wir würden deshalb am Donnerstag einen Antrag auf einen Bürgerentscheid stellen.“

Egal wie der Bürgerentscheid ausgeht, für Andreas Stiene ist er ein wichtiges Instrument der Meinungsäußerung der Bürgerschaft. Denn es brauche für oder gegen die Aussichtsplattform „ein breiteres Votum als das des Gemeinderates. Es geht um die politische Willensbildung, um die Vorstellungen der Bürger gegenüber denen der Mandatsträger. Es ist gut, dass die Landesregierung die Quoren abgesenkt hat.“

Auch Stiene kam in der Ratssitzung am 17. März nicht der Gedanke, dass bei den drei Gemeinderäten Volker Borck (CDU), Rainer Müller (CDU) und Caren Lederer (UFW) Befangenheit vorliegen könnte. „Dass Werbemaßnahmen als Vorteil gelten, war mir nicht bewusst.“ Die Gemeindeverwaltung argumentiert ähnlich: Die Beteiligten, die sich ehrenamtlich beim Bau und Erstellen des Stegs haben einbringen wollen, hätten zwar keinen finanziellen Vorteil, aber möglicherweise einen ideellen daraus gezogen. Sprich: Ihr persönliches Ansehen oder das ihrer Firmen könnte steigen. Nach § 18 Gemeindeordnung unterliegen Gemeinderäte eben auch dann einem Mitwirkungsverbot bei der Beschlussfassung. Ein Stettener BUND-Mitglied brachte ein weiteres Argument ins Spiel: Der Beschluss zur Deckelung der Kosten bei 100 000 Euro impliziere, wie Volker Borck im Gemeinderat sagte, die Einschaltung örtlicher Handwerker, die nur Material-Kosten in Rechnung stellen. Erhalten die Handwerker für diese Leistung dann eine Spendenbescheinigung von der Gemeinde? „In diesem Fall würde eine geldwerte Leistung entstehen, die im Vorfeld bei der Abstimmung einen Grund zur Befangenheit dargestellt hätte.“

Eine andere Form geldwerten Vorteils für diese drei Gemeinderäte ist aus Sicht des Fachmanns ein schriftliches oder mündliches Herausstellen der unentgeltlichen Leistung (Werbung) für den Steg, die eine Ersparnis von Marketingkosten darstellt. Selbst eine später denkbare Platte am Steg mit den Namen der Firmen würde bereits diesen Tatbestand erfüllen.

Anders die CDU, die den Steg befürwortet: „Unter Bürgerbeteiligung darf durchaus auch die aktive Mitarbeit „für“ etwas verstanden werden“, so Fraktionschef Andreas Wersch in seiner Haushaltrede. „Das belegen Handwerker und Unternehmer aus dem Ort, die den Aussichtssteg an den „Sieben Linden“ mit Tatkraft oder zumindest finanziell unterstützen wollen.“

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 07.05.2016 / Text: Hans-Joachim Schechinger

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